Der Verrat
das Verdienst für die Festnahme vor allem der CIA zuschanzen wollte. Das Justizministerium und das FBI durften auch einen Teil des Erfolgs für sich verbuchen, doch der Löwenanteil sollte an Langley gehen. Es dauerte nicht lange, bis aus allen drei Behörden Informationen nach außen drangen. Als die Pressekonferenz am Montagvormittag begann, wusste bereits die halbe Stadt, was los war. Es sah alles nach einem Riesenerfolg der CIA aus.
Am Nachmittag tauchten dann jedoch die ersten anderslautenden Gerüchte auf. Zuerst flüsterte man es sich nur hinter vorgehaltener Hand zu, dass es bei dem Fall gewisse Probleme gab. Am Abend wurden die skeptischen Stimmen schon lauter, und die drei Behörden wurden plötzlich schweigsam, was immer ein Zeichen dafür war, dass irgendetwas nicht stimmte. Heute Morgen gingen die Medien nun in die Offensive und versuchten aus allen möglichen Quellen herauszufinden, ob nicht vielleicht die denkbar schlimmste Möglichkeit eingetreten war – dass die CIA den Falschen festgenommen hatte. Garret erkannte wie immer die Gelegenheit, die sich bot, und wurde sofort aktiv. Rasch arbeitete er einen Schlachtplan aus, wies aber Ross darauf hin, dass man zuerst ins Justizministerium gehen müsse, um herauszufinden, was an den Gerüchten dran war, bevor man sich auf eine harte Position festlegte.
Und so stellte sich Ross nun dumm und fragte seinen alten Kollegen aus dem Senat nach der Sache. »Was gibt es für Probleme?«
»Äh …«, seufzte Stokes, »ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«
»Das höre ich gar nicht gern, Martin. Es hat doch immer geheißen, dass die Sache absolut wasserdicht ist.«
»Das hat man mir auch versichert, aber jetzt sind auf einmal Probleme aufgetreten.«
»Was für Probleme?«
»Na ja … es könnte sein, dass der Mann, den wir in Gewahrsam haben, nicht der Richtige ist.«
»Wie bitte?«, fragte Ross mit weit aufgerissenen Augen.
»Der Mann ist zypriotischer Staatsbürger. Er beteuert seine Unschuld, seit er am Sonntagnachmittag an das FBI übergeben wurde.«
»Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Verbrecher seine Unschuld beteuert.«
»Da hast du ja recht. Und wenn es nur das wäre, würde ich keine Sekunde zögern. Aber es ist mehr als das – oder sollte ich sagen, weniger.« Stokes wechselte betretene Blicke mit seinen beiden Stellvertretern. »Zuerst einmal wird der zypriotische Botschafter unserem Außenamt eine offizielle Protestnote übermitteln.«
»Warum?«
»Sie behaupten, dass die CIA den Mann gekidnappt hat.«
»Wen interessiert das schon?« Ross hatte sich gut überlegt, wie er vorgehen würde. »Wenn das der Kerl ist, der den Anschlag verübt hat, dann können die Zyperngriechen so viele Protestnoten verschicken, wie sie wollen.«
»Das Problem ist, dass wir uns nicht sicher sind, ob er es ist.«
»Was soll das heißen – ihr seid euch nicht sicher?«
»Man hat uns gesagt, dass er der Täter ist und dass es hieb- und stichfeste Beweise gegen ihn gibt.«
»Und?«
»Wir haben noch nichts davon gesehen.«
»Was heißt das – ihr habt nichts davon gesehen?«
Stokes stieß einen frustrierten Seufzer aus. »Am Sonntagnachmittag haben wir einen Gefangenen bekommen. Der Mann war verletzt. Er hatte vier Schusswunden – an beiden Knien und beiden Händen.«
»Wurde er gefoltert?«, fragte Ross.
»Ich würde sagen, ja.« Stokes wandte sich seinen beiden Stellvertretern zu, die zustimmend nickten.
»Hat der Mann irgendetwas zugegeben?«
»Nicht uns gegenüber, aber die CIA behauptet, dass er während des Fluges von Zypern in die Staaten ein Geständnis abgelegt hat.«
»Während er gefoltert wurde«, entgegnete Ross mit betont ungläubigem Blick.
»Das behauptet er jedenfalls.«
»Der Verdächtige?«
»Ja.«
»Scheiße. Habt ihr ein Band von dem Geständnis?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Wir versuchen schon die ganze Zeit, das Material von der CIA zu bekommen, aber bis jetzt haben sie uns nichts gegeben.«
Ross sah ihn ungläubig an. »Wie bitte?«
»Du hast wahrscheinlich gehört, dass es Rapp war, der den Kerl gefunden hat.«
»Ich habe so etwas gehört, ja.«
»Nun, es stimmt. Das Problem ist, dass keiner weiß, wo er steckt. Das war seine Operation. Er war derjenige, der ihn gefunden hat.«
»Und wo ist das Problem?«
»Wir haben nicht den kleinsten Beweis dafür, dass dieser Kerl etwas mit dem Anschlag zu tun hat. Der Gefangene hat sich einem Lügendetektortest unterzogen und ihn bestanden, und die
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