Der Verrat
übernehmen. Dabei handelte es sich ausschließlich um ehemalige Angehörige der Sondereinsatzkräfte – um Männer also, die einst dreißig- bis vierzigtausend Dollar im Jahr verdient hatten und nun auf mindestens eine Viertelmillion kamen.
Coleman übersiedelte mit der wachsenden Firma in eine Gegend zwischen Washington und Baltimore, die rein geschäftlich ein günstigeres Umfeld bot, doch das alte Lagerhaus gab er trotzdem nicht auf. Über eine Auslandsfirma beauftragte er einen Anwalt mit dem Kauf des Gebäudes. Er schätzte an dem Lagerhaus vor allem seine Unauffälligkeit – etwas, das in seinem Geschäft von größter Bedeutung war.
Auf der Straßenseite hatte das Gebäude zwei große Tore und eine Tür. Es gab keine Schilder oder Aufschriften, abgesehen von den verblichenen Überresten des U. S.-Steel-Firmenzeichens. Im Inneren des Gebäudes hatten sie den alten abgenutzten Boden ausgebessert und gestrichen. Auf der linken Seite waren verschiedene Schränke, Regale und große Metalltische angeordnet. Auf der rechten Seite standen zwei Motorräder und ein Auto – alle drei Fahrzeuge von grauen Planen bedeckt – sowie ein neun Meter langes Boston-Whaler-Boot mit zwei 150-PS-Außenbordmotoren. Ein schwarzer Chevy-Pick-up und ein großer Ford Excursion waren in der Mitte geparkt. Im hinteren Bereich des Gebäudes waren die Büros, Toiletten und ein Fitnessraum eingerichtet. Eine Metalltreppe führte in den ersten Stock hinauf. Oben befanden sich zwei Büros und ein Konferenzzimmer – alle mit großen Glasfenstern ausgestattet, von denen man in den Lagerraum hinunterblickte.
Coleman saß an einem großen grauen Metallschreibtisch im Büro rechts hinten. Die Einrichtung stammte aus alten Militärbeständen und war dementsprechend stabil, billig und funktionell. Er kümmerte sich gerade um die E-Mails, von denen täglich etwa hundert eintrafen, und das zu allen Tages- und Nachtzeiten. Er hatte seine Leute im Irak, in Afghanistan, Kasachstan, Jordanien, Katar, Kuwait und Indonesien – und das waren nur die offiziellen Länder. Hinter ihm ertönte ein Piepton, und er drehte sich um. Er strich sich mit der Hand durch das blonde Haar und blickte auf die beiden Achtundzwanzig-Zoll-Bildschirme. Der eine zeigte einen Mann, der in einem Raum mit Betonwänden auf einer Pritsche lag. Es handelte sich um den alten Luftschutzkeller des Gebäudes, den Coleman schon vor Jahren zu einer Gefängniszelle umgebaut hatte. Der Mann auf der Pritsche war der geheimnisvolle Russe, den sie aus Zypern mitgebracht hatten. Der zweite Bildschirm war auf vier verschiedene Bilder aufgeteilt; sie zeigten die Treppe, die zum Luftschutzkeller führte, die Hintertür und den Vordereingang des Lagerhauses sowie wechselnde Ansichten vom Dach und den Seiten des Gebäudes.
Zwei Autos standen vor dem Haupttor und warteten darauf, eingelassen zu werden. Das erste war ein silberfarbener Audi A8, das zweite ein blauer Toyota Land Cruiser. Coleman kannte beide Fahrzeuge und hatte sie bereits erwartet. Er wandte sich wieder seinem Computer zu, griff nach der Maus und klickte ein Sicherheits-Icon unten am Bildschirm an. Eine Menüleiste öffnete sich, auf der alle Zugänge zum Gebäude sowie ihr Status aufgeführt waren. Coleman führte den Mauszeiger zum Haupttor und klickte auf »öffnen«. Er beobachtete, wie die Fahrzeuge einfuhren, und schloss das Tor wieder. Dann stand er auf und trat vor sein Büro. Er stützte sich mit beiden Händen auf das Geländer und verfolgte, wie Rapp aus dem Audi ausstieg und Dumond aus dem Toyota.
»Irene möchte, dass du sie anrufst«, rief Coleman hinunter.
Rapp blickte zu ihm auf. »Ja, ich weiß. Alle suchen mich; sie werden mich festnehmen wollen, wenn ich mich nicht bald stelle.«
Coleman ging die Treppe hinunter. »Wie lange willst du das noch durchziehen?«
»Vielleicht heute Nachmittag noch, aber längstens bis morgen früh.«
»Und warum machst du es überhaupt?«, fragte Coleman, während er nach links in einen Gang einbog, anstatt auf Rapp zuzugehen.
»Das willst du nicht wirklich wissen«, erwiderte Rapp und folgte Coleman. Dumond schloss sich den beiden Männern an.
»Du solltest sie aber nicht so weit treiben, dass sie dich tatsächlich einbuchten wollen. Ich kann es wirklich nicht gebrauchen, dass das FBI hier herumschnüffelt und nach dir sucht.« Coleman öffnete die Tür zu einem kleinen Pausenraum, der mit einem Tisch und vier Sesseln, mit Kaffeemaschine, Mikrowellenherd und Kühlschrank
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