Der Verrat
Beziehungen eingesetzt, ich habe eine Menge riskiert … und was ist herausgekommen?«
Speyer zuckte mit den Achseln.
»Nichts ist herausgekommen. Was ist mit meiner verdammten Begnadigung?«
»Sie haben immer gesagt, dass es erst in letzter Minute passieren wird.«
»Worauf warten sie? Es ist nicht mehr viel Zeit.«
»Ich habe dir gesagt, dass es wahrscheinlich am Samstag so weit sein wird.«
Green begann vor dem Kamin auf und ab zu gehen. »Bist du sicher, dass die Amerikaner den Richtigen erwischt haben?«
»Das kann ich nicht sagen. Außerdem weiß ich ja nicht, wer der Richtige ist.«
»Ja«, sagte Green nachdenklich, »Wassili ist der Einzige, der das weiß. Hast du Wassili angerufen?«
»Nein.« Speyer vermied nach Möglichkeit den direkten Kontakt mit dem russischen Gangster.
»Ich rufe ihn an und versuche herauszufinden, was passiert ist, und inzwischen rufst du diesen kleinen Scheißer Garret an und sagst ihm, dass ich meine Begnadigung will.«
Speyer nickte, nahm einen kräftigen Schluck Wein und fragte sich einmal mehr, ob es klug war, mit Leuten wie Green und Garret zusammenzuarbeiten.
34
Washington D. C.
Das Justizministerium lag direkt gegenüber dem FBI-Hauptquartier an der Pennsylvania Avenue. Ross’ Konvoi hielt am Dienstagvormittag um 9:30 Uhr unangekündigt vor dem Gebäude an. Stu Garret, Jonathan Gordon und Ross stiegen aus der gepanzerten Limousine und schritten über den breiten Bürgersteig, von einer Phalanx von Secret-Service-Agenten umgeben. Einer der Agenten lief voraus in das Gebäude, um die dortigen Sicherheitskräfte in Kenntnis zu setzen, dass der designierte Vizepräsident kam, um sich mit dem Justizminister zu treffen. Es hätte sich einiges an Stress vermeiden lassen, wenn sie vorher angerufen hätten, aber Ross liebte es, Überraschungsbesuche zu machen. Der zukünftige Vizepräsident erklärte dem Chef seines Sicherheitsteams, dass man so einen besseren Eindruck davon gewann, wie die Dinge wirklich liefen. Der Agent vermutete eher, dass Ross die Leute gern auf dem falschen Fuß erwischte.
Ross, sein Stabschef und sein Wahlkampfmanager zwängten sich zusammen mit vier hünenhaften Agenten in den Aufzug und fuhren ins oberste Stockwerk hinauf, um die Büroräume des Justizministers aufzusuchen. In Ross’ kurzer Amtszeit als Director of National Intelligence hatte er an vielen Sicherheitsbriefings im Justizministerium teilgenommen. Auf dem Flur sahen sie einige Verwaltungsassistenten, die Ross als vollendeter Politprofi freundlich lächelnd grüßte.
Der Justizminister hatte ein großes Empfangsbüro, in dem drei Sekretärinnen an großen Schreibtischen saßen. Ross wollte den Damen gerade einen guten Morgen wünschen, als die Tür zu Stokes’ Konferenzzimmer plötzlich aufflog. Eine groß gewachsene Blondine erschien mit dem Rücken zum Empfangsbereich in der Tür. Sie trug ein braunes, figurbetontes Kleid mit einem Gürtel in der Taille und dazu Lederstiefel.
»Ihr seid ja nicht ganz bei Trost!«, rief sie. »Sucht euch doch jemand anderen dafür. Ich lasse mich sicher nicht auf so etwas ein.«
»Peggy, bitte komm zurück und setz dich hin.«
Ross und sein Gefolge standen still auf der Schwelle zwischen dem Flur und dem Empfangsbüro. Ross kannte diese Frau, und obwohl er Justizminister Stokes nicht sehen konnte, erkannte er an der Stimme, dass er es war, der sie bat, zu bleiben und sich zu setzen.
»Marty«, betonte die große Blondine, »du solltest besser als jeder andere hier im Haus wissen, dass er nicht der Typ ist, mit dem man sich anlegen sollte.«
»Mach die Tür zu und setz dich. Ich bin heute nicht in der Stimmung für ein solches Theater.«
»Theater!«, schleuderte sie ihm entgegen. »Wenn du so weitermachst, dann wirst du bald ein richtiges Theater erleben. Wenn er Wind davon bekommt, dann verspeist er dich zum Frühstück.«
Ross grinste. Wie es aussah, war er mitten in einen handfesten Streit geraten. Die drei Sekretärinnen blickten zwischen dem nächsten Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten und der langbeinigen stellvertretenden Justizministerin hin und her. Die langbeinige Blondine war Peggy Stealey. Ross kannte sie größtenteils vom Hörensagen. Sie war eine streitbare Anwältin, die vor allem Dummköpfe nicht ertragen konnte.
»Peggy, ich meine es ernst«, beharrte Stokes nun mit etwas mehr Nachdruck. »Komm sofort zurück. Wir müssen die Sache zu Ende besprechen.«
»Marty, habe ich irgendwie den Eindruck vermittelt, dass ich
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