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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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fragte Shaan und ignorierte die Andeutung der Seherin. »Welche Rolle spielt er bei alledem? Er scheint nicht besonders oft erwähnt zu werden.«
    »Wir hatten noch nicht die Zeit, alle Schriftrollen durchzugehen.«
    Shaan stand abrupt auf, erfüllt von dem Drang, das Weite zu suchen. »Selbst wenn Ihr das noch tut, begreife ich nicht, wie das einen Unterschied machen kann«, sagte sie. »Es ist alles ein Wirrwarr von Worten.«
    »Shaan.« Tuon streckte eine Hand nach ihr aus. »Bitte! Einiges von dem, was der Prophet geschrieben hat, ist schon wahr geworden. Azoths Rückkehr, du und Tallis …« Sie brach ab, als Shaan ihre Hand ihrem Griff entzog.
    »Nein, Tuon, ich treffe lieber meine eigenen Entscheidungen, als mich von den Worten eines toten Mannes führen zu lassen.« Erschöpft und von einer lastenden Furcht erfüllt, die ihr tief in die Knochen gedrungen zu sein schien, verließ sie das Zelt.

24

    P aretim stand am Rand der Klippe und sah auf die kleine Ansammlung primitiver Gebäude unten hinab. Es waren nicht mehr als neun an der Zahl – vier Wohnhäuser auf jeder Seite eines schmalen Pfads und ein gedrungen wirkendes Lagerhaus, das direkt am Fuße der Klippe errichtet war. In der Nähe befand sich ein schlecht gepflegter Obstgarten. Das Schimmern einiger orangefarbener Lichter schien durch die Ritzen der Wände. Der Ort nannte sich selbst ein Dorf, aber zu Paretims Zeit wäre das hier kaum ein Lager gewesen. Er lächelte, als er an das dachte, was er gerade in Erwägung gezogen hatte. Seine Zeit würde wiederkommen.
    »Bruder.« Epherin sprang neben ihm auf den geschwärzten Stumpf eines toten Baums und balancierte darauf. »Was hast du gefunden – Beute?« Er lächelte schelmisch, und Paretim sah ihn voll Zuneigung an. Sie hatten ihn vor mehreren Tagen gefunden. Paretim hatte vergessen, wie sehr er ihn vermisst hatte.
    »Keine Beute heute Nacht, Bruder«, sagte er. »Du musst dich mit dem kleinen Gasthaus begnügen, mit dem ich dich gestern deinen Willen haben ließ.«
    Epherin stand auf einem Bein und strich das feine, weißblonde Haar zurück, das ihm in die Stirn wippte. Hochgewachsen und mit schlanken Muskeln hielt er perfekt das Gleichgewicht; er wankte nicht, als er von einem Fuß auf den anderen wechselte und den unbelasteten in die Luft reckte, als würde er damit auf etwas treten, was nur er sehen konnte.
    »Aber den Ort hier habe ich noch nicht besucht«, beklagte er sich. »Es ist so lange her, zu lange; die paar Leute waren nicht genug.« Seine Augen verdunkelten sich zu schwarzen Teichen. »Du weißt doch, wie ich bin, wenn du mir etwas abschlägst.«
    Paretims Heiterkeit schwand. »Ich habe nein gesagt.« Er begann, den Abhang wieder hinunter auf den Schatten der Bäume zuzugehen, gefolgt von Epherin.
    »Fortuse wird unzufrieden sein«, sagte er listig.
    Paretim blieb stehen. »Hast du vergessen, wer uns fortgeschickt hat, Bruder?«, fragte er.
    Epherin hielt inne. »Du?«
    »Er ist immer noch stärker als wir«, sagte Paretim. »Wir müssen unauffällig durchs Land ziehen, sonst wird er uns spüren, uns finden. Wir waren schon … leichtsinnig. Wir müssen alle vereint sein, wenn wir ihn herausfordern.« Er ging weiter. »Komm«, rief er über die Schulter, »unsere Schwester ist hungrig.«
    Epherin folgte ihm nicht. Er lehnte sich gegen einen Baumstamm; das Mondlicht wurde von seinem Haar reflektiert. »Aber Bruder«, flüsterte er leise, »er hat uns schon gespürt. Fühlst du es nicht? Der Stein weiß, dass wir hier sind, und so auch er.«
    Mit einem verärgerten Zischen schwang Paretim eine Faust nach ihm. Epherin sprang zur Seite und schlug einen Purzelbaum rückwärts; er landete auf dem feuchten Boden wie eine Katze. Der Baumstamm spaltete sich unter Paretims Schlag; das nasse Holz knarrte bei der Erschütterung. Am Boden hockend, sah Epherin ihm mit einem raubtierhaften Grinsen zu.
    »Sachte, Bruder«, sagte er. »Unsere Schwester liebt mein makelloses Gesicht.«
    Paretim richtete sich auf und bezähmte seinen Zorn. »Wie so viele«, sagte er, holte tief Atem und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, war er vollkommen beherrscht. »Komm«, sagte er, »sie wartet. Sie glaubt, dass wir morgen Vail finden werden.«
    »Ich habe ihn vermisst.« Epherin stand auf und rieb sich die nasse Erde von den Händen. »Er mochte meine Scherze immer.«
    Paretim lachte. »Er hat nur so getan. Wenn er dich mit Fassung trug, brachte dich das dazu, ihn in Ruhe zu lassen.«
    »Hm.«

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