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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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den Schöpferstein erwähnte. »Ich vermisse ihn«, flüsterte sie.
    »Ich weiß.« Paretim zog sie in seine Umarmung. »Wir werden den Stein zurückbekommen. Aber erst müssen wir unseren Bruder finden. Vail ist stark; er wird uns helfen.«
    »Und er ist in der Nähe«, sagte Epherin. »Ich bin in das Dorf gegangen; er ist dort durchgekommen.«
    »Ich habe dir doch gesagt, dass du es nicht tun sollst«, schimpfte Paretim. »Kein Wunder, dass seine Sklavin uns gefunden hat.«
    Epherin zuckte die Schultern. »Ich war hungrig, Bruder.« Seine Augen wurden zu Wirbeln, und Paretim sah in ihnen die Überreste der verschlungenen Seelen. Jetzt lag ein weiteres Dorf hinter ihnen wie eine Spur. Eine Stadt voller Menschen, die sie anbeteten und auf ihre Rückkehr warteten. Seelen, die vor Sehnsucht hungerten. Je mehr Leute sie verwandelten, desto stärker würde Azoth sie spüren. Aber Paretim zügelte seinen Zorn, als er seinen Bruder betrachtete. Epherin konnte einfach nicht anders, die Leute, die er geschaffen hatte, waren längst aus diesen Landen verschwunden; sie hatten keine Spur von jenen Schwarzhaarigen mit der bleichen Haut gefunden und sie auch nicht wahrgenommen. Seine »Schatten« hatte Epherin sie genannt. Wie konnte er seinen Bruder dafür verurteilen, dass er versuchte, diese Lücke zu schließen?
    Paretim streckte einen Arm aus. »Komm, Bruder«, sagte er, und Epherin trat in seine Umarmung; seine schmalen Züge wurden deutlicher, als Fortuse sich vorbeugte und ihn ausgiebig auf den Mund küsste. Paretim spürte, wie ihr Begehren sich regte, und sie rieb sich an seinem Schenkel. Er schob ihr die Hand ins Haar und zog ihren Kopf zurück, riss ihre Lippen von denen ihres Bruders los und küsste sie selbst. Sie schmeckte nach vergangenen Zeiten, nach heißen Tagen und uralten Verheißungen. Als er den Kopf hob, waren seine Augen dunkelblau und voller Zorn und Begehren.
    »Wir müssen Vail finden«, sagte er zu den beiden. »Wenn wir wieder zu viert sind, werden wir stark genug sein.«
    »Wir werden den Stein wiederbekommen«, sagte Fortuse eifrig; ihre Augen glänzten wie die eines Kindes.
    »Ja.« Paretim lächelte. »Wir werden unser Geburtsrecht zurückgewinnen.«
    Tief in den dunkelsten Klüften eines Tals im Süden zählte Vail die Sterne. Er spürte die anderen, wie sie gemeinsam durch den Äther brannten, aber er war noch nicht bereit, sie zu treffen. Er rollte die massigen Schultern und reckte den Hals hin und her, spürte, wie die Muskeln sich dehnten. Die weiten Ebenen seines Gesichts spiegelten wie immer ruhige Nachdenklichkeit wider, während er methodisch die Gräten aus einem Fisch entfernte und ihn zum Braten übers Feuer legte.
    Es gefiel ihm in diesem kühlen, schmalen Tal. Hier gab es einen tiefen, stillen Teich, der ihn an den See erinnerte, an dem er einst gelebt hatte, dunkle Wasser, die von etwas Altem und Verborgenem geschwängert waren. Er hatte eine Steinmauer im Rücken, stabil und uralt, und Hügelflanken erhoben sich hoch rings um ihn. Die Baumstämme waren knorrig und vernarbt, da es ein Kampf für sie war, zwischen den Felsen zu wachsen. Und hier war es ruhig, die tiefe Stille der Natur, die sich selbst überlassen war. Er wusste, dass einst einige seiner Geschöpfe hier in den kleinen Höhlen dieser Hügel gelebt hatten, und mehr von ihnen weiter weg, aber sie waren fortgejagt und zu etwas anderem geworden; jetzt waren sie bitter und voll Hass auf diejenigen, die sie vertrieben hatten. Schade – er hatte ihre kleinen, dunklen Körper und ihr stilles Fischerleben geliebt. Es behagte ihm nicht, wozu sein jüngerer Bruder sie machte.
    Langsam wendete er seinen Fisch über dem Feuer, so dass die Haut knusprig wurde. Er war eine Weile damit zufrieden, allein zu sein, bevor er zu dem Chaos seiner Geschwister hinzustieß. Fast war er enttäuscht, dass Azoth sie dadurch aufgeweckt hatte, dass er den Stein hervorgezogen hatte. Nun würde die Sehnsucht wieder beginnen, der Hunger. Vail konnte ihn schon nach sich rufen fühlen; die Bande, die ihn an den Stein gefesselt hatten, spannten sich an. Er glaubte, dass er zufrieden gewesen sein musste, bevor er erwacht war, ein einsamer Jäger, der die öden Flecken der Welt durchstreift hatte und denen aus dem Weg gegangen war, die ihn in solchen Zorn versetzen konnten, dass er gewalttätig wurde. Es war lange her, dass seine Fäuste Knochen zermalmt hatten. Er seufzte und nahm den Fisch vom Feuer, löste ein heißes Stück und zerkaute es langsam,

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