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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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heftig.
    Was ist, kann man nicht ändern . Tuons Worte kehrten ihr ins Gedächtnis zurück, und indem sie tief Luft holte, begann sie auf die Dünen zuzugehen.
    Es war windstill, keinerlei nächtliche Geräusche von Insekten oder anderen Tieren waren zu hören. Alles war still. Nach einer Weile begann Shaan sich zu fragen, ob sie wirklich wach war. Ihre Beine bewegten sich wie aus eigenem Antrieb vorwärts, und doch fühlte es sich nicht an, als ob sie vorankäme. Die Landschaft blieb gleich – schimmernder Sand, der in Wellen angeordnet war, als sei er einst Wasser gewesen.
    Shaan wusste nicht, wie lange sie ging, aber zu einem gewissen Zeitpunkt fiel ihr auf, dass sie die Dünen erreicht hatte: In einer langen Schlangenlinie ragten sie in den schwarzen Himmel auf. Shaan bückte sich, ließ die Hände durch die kalte Oberfläche sinken, tief hinab, um den sonnengewärmten Sand darunter zu spüren; auf allen vieren begann sie zu klettern und bewegte sich wie eine seltsame Spinne die Dünenwand hinauf, bis sie den Kamm erreichte und auf die andere Seite blicken konnte.
    Direkt hinter dem Fuß der Dünen lag ein Kreis aus neun Steinsäulen, die jeweils zwei Armeslängen voneinander entfernt standen. Sie waren von unterschiedlicher Dicke, manche so breit, wie Shaan groß war, manche so, dass sie sie mit den Armen hätte umschlingen können, aber alle waren gleich hoch und ragten etwa fünfzehn Fuß aus den Sandwehen um ihre Fundamente auf. Die Säulen sahen im Sternenlicht gespenstisch aus: Tiefe Schatten gingen klar umrissen von ihnen aus. Zwischen ihnen lag nichts als glatter Sand, und der Stein war hell, wettergegerbt. Von dort, wo Shaan stand, konnte sie nicht sehen, welcher das Auge trug.
    Sie biss die Zähne zusammen und stapfte langsam die Flanke der Düne hinab bis an den Rand des Kreises.
    Als sie ihn erreichte, trat eine kleine, magere Frau mit weißem Haar hinter den Steinen hervor, als würde sie aus dem Nichts heraus Gestalt annehmen. Shaan erschrak und fragte sich, ob sie wirklich oder nur eine Einbildung war, oder gar eine Göttin. Dann sprach die Frau.
    »Shaan«, sagte sie. »Du siehst genauso wie dein Bruder aus. Ich habe auf dich gewartet.«

29

    S haan sagte nichts. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass irgendjemand hier sein würde; sie wusste nicht, womit sie gerechnet hatte, aber gewiss nicht mit einer winzigen Frau.
    »Mein Name ist Shila«, sagte die weißhaarige Frau. »Ich bin die Träumerin des Jalwalah-Clans. Ich habe dich nicht mehr gesehen, seit du ein Säugling warst.« Sie trat ein paar Schritte auf die jüngere Frau zu; ihr Haar glänzte im Sternenlicht, und ihre hellen Augen musterten Shaan ernst. »Ich habe dich auf Bitten deiner Mutter hierher gebracht – doch mittlerweile glaube ich, dass mich in jener Nacht andere Mächte geleitet haben.«
    »Du bist diejenige, die Tallis und Jared in die Schwarzen Berge geschickt hat«, sagte Shaan.
    Shila wandte sich dem Steinkreis zu. »Komm, es sind nur noch wenige Stunden der Dunkelheit bis zur Dämmerung übrig. Du musst tun, was zu tun du gekommen bist.« Sie ging zurück auf den Kreis zu.
    Es war kalt im Schatten zwischen den Säulen, und die Steine erhoben sich beiderseits von Shaan wie Wächter, die den leeren Raum zwischen sich hüteten. Shila blieb am Rande der Freifläche stehen.
    »Spürst du es?«, fragte sie leise.
    Shaan rang darum, gleichmäßig zu atmen, denn es fühlte sich plötzlich an, als würde ihr eine Hand auf den Brustkorb drücken, und es lag irgendetwas in der Luft, eine unsichtbare Präsenz.
    »Tritt mit mir in den Kreis.« Shila zog sanft an ihrem Arm, aber Shaan rührte sich nicht. Direkt gegenüber von ihr, auf Dreiviertelhöhe in eine der Säulen gemeißelt, befand sich das Auge. Es war lidlos, kaum mehr als einfache, gebogene Linien, die einen Kreis umschlossen, aber es sorgte dafür, dass sie ein Schauer überlief, und sobald sie es gesehen hatte, konnte sie den Blick nicht mehr abwenden.
    »Komm«, flüsterte Shila und zog sie in den Kreis.
    Sofort glitt sie in einen traumähnlichen Zustand hinüber. Shila stand hinter ihr, murmelte irgendetwas, undeutliche Worte, die ineinander übergingen. Sie packte Shaans Handgelenke, und das Gefühl ihrer Anwesenheit trat zurück, bis alles, was Shaan sehen konnte, das lidlose Auge war. Sie spürte etwas auf sich einstürmen, wie eine Welle, die auf sie einbrandete, und konnte dann nicht mehr atmen; ihr Brustkorb war gelähmt. Sie wehrte sich, aber Shilas Hände waren

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