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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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der Dschungel zu nicht mehr als einer dämmrigen Ansammlung von Baumstämmen, Rankpflanzen und Unterholz. Es würde schwierig sein, bis zum Fluss vorzudringen, aber nach einer Weile, wenn sie näher zur alten Stadt gelangte, würden die Bäume höher und das Unterholz spärlicher werden, wie sie wusste. Der Dschungel war dort älter, voller Geheimnisse – und nun auch voller Krieger. Sie fragte sich, ob Azoth wusste, dass sie hier war.
    Sie schaute in den wolkenverhangenen Himmel auf und genoss ihre letzten Augenblicke in Freiheit. Sie konnte jetzt fliehen. Sie konnte sich einfach umdrehen und durchs Grasland davonlaufen, sich irgendwo verstecken. Aber zu welchem Zweck? Sie seufzte, warf sich ihr Bündel über die Schulter und schritt durch das Gras zwischen die Bäume hinein.
    Alterin stand auf dem steinernen Balkon, starrte auf die Stadt hinab und ignorierte den strömenden Regen. Sie war sich nicht sicher, wie lange sie schon hier draußen war – mindestens seit Stunden, vielleicht aber schon seit Tagen. Nichts fühlte sich mehr gewiss an. Hinter ihr ertönte Jareds langsames, gleichmäßiges Atmen. Er folgte ihr überallhin – ihr Bewacher, ihr Schatten, Azoths liebstes Schoßtier. Sie konnte es kaum noch ertragen, ihn anzusehen.
    Sie dachte an die Frau, die vor ihr Seherin gewesen und vor Jahren gestorben war. Magdi, hilf mir jetzt! Allmählich wurde es fast unmöglich, die Traumpfade von der Wirklichkeit zu trennen, so häufig stieß Azoth sie ins Zwielicht. Der lodernde Zorn, der sie aus Fortuses Augen angestarrt hatte, schien immer noch in der Luft vor ihrem Gesicht zu hängen, als ob das Bild der Göttin in ihre Netzhaut gebrannt sei. Die Vier waren jetzt fast alle vereint, und Azoth hatte begonnen, nervös zu werden. Er unternahm sogar noch größere Anstrengungen als zuvor, seine Armee für den Krieg bereit zu machen. Jetzt hatte er Menschen in sie eingereiht, die kämpften, weil sie mussten. Eine Drohung gegen ihre Lieben war ein wirkungsvoller Ansporn.
    Leise Schritte erklangen auf dem Stein und blieben in der Tür stehen.
    »Seherin.« Die Stimme der jungen Dienerin war äußerst angespannt. »Er verlangt nach dir.«
    Alterin drehte sich halb um, so dass sie das Mädchen sehen konnte. Die Dienerin war jung, schwarzhaarig und sah aus, als stamme sie aus dem Volk der Marlu. Azoth hielt sie sich, um sie seinen Alhanti zur Verfügung zu stellen. Alterin fragte sich, wie lange dieses Mädchen noch leben würde; unter ihren Augen lagen schon dunkle Ringe, und ihre Wangen waren vor ständiger Furcht eingefallen.
    »Sag ihm, dass ich gleich komme«, antwortete Alterin und wandte sich dann wieder der Stadt zu. Die schwere Wolkendecke hatte dafür gesorgt, dass viele Laternen entzündet worden waren, und die ausgebesserten Gebäude funkelten vor gelbem Licht durch den Regen. Alterin hatte sich diesen höchsten Punkt von Azoths Palast ausgesucht, weil es der einzige Ort war, von dem aus sie über die Mauern in die alte Stadt und den Dschungel dahinter blicken konnte, der im prasselnden Regen kaum mehr als eine schattenhafte Masse aus Baumwipfeln war. Er erinnerte sie an die Freiheit, die es außerhalb von Azoths Herrschaftsgebiet immer noch gab, daran, dass die Baumgeister immer noch da waren.
    Schwere Schritte ertönten auf dem Stein, und Jareds Hand umschlang ihren Oberarm.
    »Es wird Zeit«, grollte er. »Er wartet.«
    Sie sah zu ihm hoch, die Augen halb gegen den Regen geschlossen, und der vertraute Schmerz regte sich in ihr. Sie sah immer noch den Clansmann, der er einst gewesen war, hinter dem Alhanti verborgen. Sie suchte sein ausdrucksloses Gesicht ab. Hatte sein Tonfall anders geklungen? War er unglücklich darüber, sie zu Azoth bringen zu müssen, oder hatte sie sich das nur eingebildet? Vorsichtig und langsam hob sie eine Hand, um sein Gesicht zu berühren. Er bewegte sich so schnell, dass sie es nicht recht sah; seine Finger ergriffen ihr Handgelenk und hielten ihre Hand kurz vor seinem Kiefer auf.
    »Es ist an der Zeit, zu gehen«, sagte er. Seine Nüstern blähten sich; er atmete flach, wie um Zorn zu unterdrücken. Die Anspannung in seinem Arm vibrierte durch ihren Körper, und für einen ganz kurzen Moment glaubte sie, etwas in seinen Augen zu sehen, als würde er mit sich ringen, um ihr nicht wehzutun, sich selbst zurückhalten.
    »Jared?«, flüsterte sie.
    Sie vergaß den Regen, als sie ihm in die Augen starrte, die plötzlich etwas von ihrer Dunkelheit verloren hatten. »Jared!«,

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