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Der Verrat: Thriller (German Edition)

Der Verrat: Thriller (German Edition)

Titel: Der Verrat: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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»Einen Dreck haben sie sich um ihn gekümmert, als er noch lebte. Jetzt, wo er tot ist, haben sie nicht das Recht, ihn zu besitzen«, sagte sie. Am Morgen nachdem wir die Nachricht bekommen hatten, quälte sie sich aus dem Bett und in die Küche, obwohl wir Einspruch dagegen erhoben. »Ich habe eine Liste mit Dingen, die ich erledigen muss«, sagte sie. »Dann leg ich mich wieder hin.«
    Ich hatte wirklich keine Zeit, Joshus Gedenkfeier zu organisieren, denn ich hatte meine eigene Arbeit und Termine, die eingehalten werden mussten. Aber in meiner Welt siegt Freundschaft über die Arbeit. »Gib mir die Liste«, sagte ich. »Wir erledigen das alles, oder, Leanne?«
    Leanne schien nicht gerade begeistert, sie nickte zwar zustimmend, zeigte jedoch auf den niedrigen Tisch und Stuhl, wo Jimmy vor sich hin sang und mit seinen Power-Rangers-Figuren sein Müsli aß. »Ich bringe Jimmy in den Kindergarten, dann packe ich mit an.«
    »Nein«, sagte Scarlett mit trotzigem Gesicht. »Ich habe ihn geliebt. Das ist das Letzte, was ich für ihn tun kann, ich will es selbst machen.«
    Es war eine schöne Regung, aber es war nicht praktisch. »Das weiß ich. Und es spricht sehr für dich, dass du immer noch so empfindest, obwohl er dich so behandelt hat. Aber das Wichtigste, was du jetzt für ihn tun kannst, ist, bei seiner Gedenkfeier aufrecht und stolz dazustehen. Du musst stark sein, für Jimmy und für dich selbst. Überlass uns die praktischen Dinge. Du musst gar nichts tun. Bei seinem Abschied musst du bewundernswert wirken. Du musst der Welt zeigen, dass du deinen persönlichen Kampf gewinnst.« Ich zog sie fest an mich und umarmte sie.
    »Ja, du bist Kate Winslet in Titanic «, sagte Leanne. »Du musst es ihnen zeigen, Scarlett. Joshu ist nicht mehr, aber du machst weiter.«
    Ich unterdrückte ein verlegenes Lachen wegen des Bildes, das Leanne heraufbeschworen hatte. »Zeig der Welt, dass du hart im Nehmen bist, Scarlett. Und in späteren Jahren wird Jimmy daraus Kraft ziehen. Eine sensationelle Gedenkfeier für seinen Dad – und du mittendrin!«
    Offen gesagt, es brauchte nicht viel, um sie zu überreden, ins Bett zurückzukehren. Sie kauerte sich neben Jimmy hin und spielte ein paar Minuten mit ihm Power Rangers, dann drückte sie ihn an sich. Hand in Hand gingen sie in die Garderobe, wo sie ihm die Jacke anzog, ihn an Leanne weitergab und dann den Flur entlang- und die Treppe hinaufstolperte; meinen helfenden Arm lehnte sie ab und murmelte leise vor sich hin.
    Die Gedenkfeier zu organisieren war nicht die leichteste Aufgabe, die ich je übernommen habe. Natürlich kam jeder Ort, der an eine offizielle religiöse Bedeutung denken ließ, nicht in Frage. Scarlett hatte keine feste Bindung an die christliche Religion, und Joshu war so sehr vom Glauben abgefallen wie nur möglich, obwohl seine Eltern beschlossen hatten, ihn nach echt hinduistischer Sitte bestatten zu lassen. Leanne und ich saßen an der Frühstücksbar, kratzten uns ratlos am Kopf und versuchten auszuknobeln, was zu tun sei. Im Freien, das war zu unsicher, auf das britische Wetter kann man sich nie verlassen. Das Letzte, was Scarlett brauchen konnte, war, dass der Himmel seine Tore öffnete und die Gedenkfeier sich in eine schlammige Farce verwandelte.
    Leanne schlug einen Club vor. Schließlich hatte Joshu den größten Teil seiner Zeit in Clubs verbracht. Meine erste Reaktion war, die Idee zu verwerfen; Clubs sind dunkle, unterirdische Höhlen, die bei Licht billig und schäbig aussehen. Leanne, die durch ihr Leben als Scarlett in der Disco- und DJ-Welt zu einem fast so großen Experten wie Joshu geworden war, fiel kein einziger ein, der nicht im Grunde genommen eine schmuddelige Spelunke war.
    Aber wir konnten auch beide keine Alternative vorschlagen. In meiner Verzweiflung suchte ich über Google. Es gab zwei Listen mit den zehn angesagtesten Clubs in London, und ich schaute sie mir an. »Ich hab’s«, rief ich und drehte den Laptop herum, damit Leanne den Bildschirm sehen konnte. »Paramount. Im einunddreißigsten Stock des Centre Point. Rundum Fenster, es muss bei Tageslicht gut aussehen. Hier steht, dass man eine eindrucksvolle Aussicht auf die Oxford Street und auf das Zentrum von London hat. Es gibt eine Tanzfläche, wo wir die Sache mit der Gedenkstunde machen könnten. Es kann auch Essen serviert werden. Es ist perfekt, Leanne.«
    Sie war skeptisch. »Ich glaube, da hat er nie aufgelegt. Ich war nie mit ihm dort.«
    »Das spielt keine Rolle. Es

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