Der Verrat: Thriller (German Edition)
ist ein Club. Und damit ein Beitrag zur Würdigung seines Berufslebens.«
»Es wird eine Stange Geld kosten. Sieh mal, da ist ein Bericht, in dem steht, dass die Drinks sehr teuer sind.«
Ich lachte. »Meinst du im Ernst, Scarlett wird dafür zahlen? Wenn Georgie die Rechte an Yes! und irgendeinen beschissenen Fernsehsender verkauft hat, werden wir im Plus sein. Glaub mir, Leanne, das ist die Antwort.«
Glücklicherweise stimmten George und Scarlett mir zu. Wir hatten eine Woche Zeit, die Gedenkfeier vorzubereiten, und auch wenn ich selbst das sage, wir leisteten sagenhaft gute Arbeit. Die Gästeliste war der feuchte Traum eines Showbusiness-Redakteurs. Alle, die als beachtenswert wahrgenommen werden wollten, standen drauf, auf der Gegenseite ergänzt durch eine vollständige Besatzung von Paparazzi und Kolumnenschreibern der Boulevardpresse. Scarlett hatte sich unsere Worte zu Herzen genommen, den größten Teil der Woche in ihrem Zimmer verbracht und sich ausgeruht. An dem bewussten Tag kam die Visagistin als Erste an. Dank ihrer Raffinesse gelang Scarlett die perfekte Kombination von Gebrechlichkeit und hinreißender Ausstrahlung, als sie mit hocherhobenem Kopf und mit Jimmy an der Hand durch die Menge zum Podium schritt. Jimmy sah herzzerreißend und verwirrt aus in seiner kleinen schwarzen Nehru-Jacke und einer schwarzen Hose.
Zwei von Joshus eher sprachgewandten und seriösen Freunden sprachen über seine Berufstätigkeit, dann rührte Scarlett mit ihrer persönlichen Abschiedsrede alle im Raum zu Tränen. »Ich habe nie einen anderen Mann getroffen, der mir so wie Joshu den Atem stocken ließ. Als ich ihn zum ersten Mal sah, stand er unter den Bögen der Waterloo Bridge am Plattenteller. Wie er sich bewegte, sein Lächeln, der Glanz in seinen Augen, es war, als trüge er einen Funken in sich, den niemand sonst hatte. Ich wusste sofort, dass er mir gehören würde.«
Wenn auch der Glanz und der Funke wahrscheinlich vom Koks herrührten, hätte doch niemand im Raum bezweifeln können, dass sie ihn aufrichtig liebte.
»Aber die Liebe zu Joshu hatte einen Preis. Sein Kopf war voller Träume, und es war, als werde ein Leben ihm nie genug sein. DJ zu sein reichte nicht. Er wollte darüber hinausgehen, wollte selbst Platten produzieren, Filme drehen, die Art und Weise verändern, wie die Menschen die Welt sehen. Traurig war für mich und Jimmy, dass es ihm auch nie genug war, ein Familienmensch zu sein. Joshu hatte ein großes Herz und brauchte mehr, als ein einfaches Leben zu bieten hatte. Ich konnte ihn nicht festhalten. Ich musste ihn die Flügel ausbreiten lassen, selbst wenn dabei mein Herz brach.« Scarlett holte Luft und zitterte, den Tränen nah, dann zog sie ihren Sohn zu sich heran. Jimmy klammerte sich an ihr Kleid und schaute mit großen, traurigen Augen auf die Menge.
»Das Einzige, was genug war für Joshu, war, Vater zu sein. Trotz all seiner Schwächen, trotz aller Enttäuschungen liebte er seinen Jungen. Er hätte sich für Jimmy einer Kugel in den Weg gestellt. Wenn es eines gab, was Joshu bedingungslos liebte, einen Menschen, dem er nie den Rücken zugekehrt hätte, dann war es sein Sohn. Und deshalb weiß ich, dass das, was Joshu passiert ist, ein Unfall war, kein Selbstmord, wie manche Journalisten, die keine Ahnung haben, suggerieren wollten. Joshu hätte Jimmy niemals verlassen. Er hatte vielleicht genug von mir. Er hatte vielleicht genug von euch allen. Aber er hätte niemals, niemals genug gehabt von Jimmy. Heben wir also unsere Gläser auf meinen wunderbaren Joshu. Denken wir an all die Gelegenheiten, bei denen er uns froh machte, am Leben zu sein. Auf Joshu!«
Es war unwiderstehlich. Ich glaubte nicht, dass irgendjemand im Raum von Scarletts Worten ungerührt blieb. Von meinem Platz beim Podium aus schaute ich mich im Raum um, konnte aber wegen meiner eigenen Tränen nur ein unklar verschleiertes Bild erkennen.
Und in dem Moment blieb mir fast die Luft weg, aber aus einem anderen, gar nicht guten Grund. Hinten im Raum stand der Mann an die Wand gelehnt, dem zu entkommen ich so viel Zeit, Geld und Energie aufgebracht hatte. Mit einem triumphierenden, ironischen Lächeln auf dem Gesicht führte Pete Matthews den Finger an die Stirn zu einem höhnischen Gruß.
Was sagte Faulkner einmal? »Die Vergangenheit ist nie tot. Sie ist nicht einmal vergangen.« Früher hatte ich mich anstrengen müssen, das zu verstehen. Jetzt wusste ich genau, was gemeint war.
39
D er Rest der Gedenkfeier
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