Der Verrat: Thriller (German Edition)
Ich hatte den Mann ausgebremst, der meinen inneren Frieden bedrohte.
Es war ein großartiges Gefühl. Nur schade, dass es nicht lange anhielt.
40
E s hatte recht lange gedauert, aber Vivian McKuras dachte, jetzt kämen sie endlich zum Kern der Sache. Pete Matthews stellte sich als ein Mann heraus, der einen Groll gegen Stephanie Harker hegte und der nicht leicht aufgab. »Hatten Sie damals zum ersten Mal einen Hinweis darauf, dass er noch versuchte, Sie aufzuspüren?«, fragte sie.
Stephanie nickte matt. Ihr Gesicht sah immer älter aus im Lauf des Tages, die Zeichen des Alters gewannen die Oberhand über das Jugendliche ihrer Züge. Vivian hatte so etwas schon öfter an Menschen beobachtet, die von einem Verbrechen betroffen waren. Der Schaden wurde sehr schnell sichtbar. Auch ihre Stimme hatte sich verändert. Sie klang merklich weniger präsent, während ihre Geschichte Gestalt annahm. »Ja«, seufzte sie. »Ich dachte wirklich, er hätte aufgegeben. Aber so war es offensichtlich nicht. Es ist eben so, dass sich in meinem Leben nicht viel in der Öffentlichkeit abspielt. Andere Autoren zeigen sich auf Literaturveranstaltungen oder halten Vorträge in Bibliotheken. Ghostwriter tun so etwas nicht. Wenn man nicht weiß, wo sie wohnen, ist es schwierig, die Orte zu beobachten, die sie regelmäßig aufsuchen. Ich gehe selten zum Büro meiner Agentin; wenn wir uns verabreden, essen wir eher Lunch miteinander und treffen uns im Restaurant. Oder wenn wir eine erste Besprechung wegen eines Buches haben, treffen wir uns vor Ort mit der Person, über die ich schreiben soll. Und zu einer Präsentation beim Erscheinen der Bücher, die ich geschrieben habe, gehe ich nur selten. Es ist in jeder Hinsicht einfacher, wenn ich unsichtbar bleibe.«
»Konnte er Sie nicht durch die Eintragung im Grundbuch oder durch die Erfassung beim Finanzamt oder so etwas finden? Ist das bei Ihnen in England möglich?«
»Das Haus in Brighton habe ich nicht auf meinen Namen gekauft. Ich habe eine GmbH gegründet und sie genutzt, um die Immobilie zu erwerben. Ich zahle der GmbH Miete, und die Miete deckt die Hypothek ab. So erscheine ich nicht im Verzeichnis des Grundbuchamts. Mein Name steht nicht im öffentlich zugänglichen Register der Kommunalsteuer, und die Rechnungen von den Stadtwerken laufen auf den Namen der Gesellschaft. Meine Bankauszüge und Kreditkartenabrechnungen gehen alle an die Büroadresse meiner Agentin. Ich habe alles getan, um meine Spuren zu verwischen.«
»Sie schätzten ihn also als hartnäckig ein? Nicht als einen Typen, der aufgibt und einfach verschwindet?«
Stephanie sah aus, als hätte sie jetzt die Schnauze voll. »Ja, natürlich. So wie er mich verfolgte. Und bei dem, was ich über seine Veranlagung wusste. Bei seiner Arbeit war er ein besessener Perfektionist. Aber ich war genauso entschlossen; er würde es nicht leicht haben, sich wieder in mein Leben hineinzudrängen. Ich dachte, er würde schließlich aufgeben, wenn er nicht vorankäme.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber ich täuschte mich.«
Vivian zog ihren Laptop wieder zu sich heran und klickte das gefilmte Material vom Sicherheitsbereich an. Sie stoppte das Bild unmittelbar vor Erscheinen des Kidnappers. »Ich möchte, dass Sie sich das sehr genau anschauen und mir sagen, ob Sie denken, dieser Mann könnte Pete Matthews sein.« Sie drehte den Laptop zu Stephanie hin, damit sie den Bildschirm sehen konnte.
Stephanies erste Reaktion war, dass sie nach Luft rang, als sie Jimmy sah. Ihre Hand flog zum Mund, und sie sog scharf die Luft ein. Mit der anderen Hand zeigte sie auf den Bildschirm. »Jimmy«, murmelte sie. Eine einzelne Träne rann ihr aus dem Augenwinkel, und ihr Gesicht verzog sich vor Schmerz.
Vivian ließ ihr einen Moment Zeit, bis sie sich gefasst hatte. Entweder war diese Frau eine großartige Schauspielerin, oder sie war vollkommen unschuldig und unbeteiligt am Verschwinden des Jungen. Vivian wünschte, sie hätte daran gedacht, sie früher mit der Videoaufnahme zu konfrontieren, wenn auch nur, um diesen Sachverhalt zu klären.
Stephanie schniefte heftig und wischte sich ungeschickt die Augen mit dem Handrücken. »Ist schon gut«, krächzte sie, nickte und blinzelte. Vivian drückte auf den Knopf für Play. Das Video lief ab. Der Mann erschien jetzt, aber die Kappe verdeckte sein Gesicht. Seine Beine waren lang im Vergleich zum Oberkörper, der im Kontrast zu seinen dünn wirkenden Gliedmaßen merkwürdig dickbäuchig aussah. Er
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