Der Verrat: Thriller (German Edition)
einschlief. Sie kam immer phantastisch zurecht mit Jimmy, besser als wir anderen, einschließlich seiner Mutter. Hätte ich sie nach Großbritannien zurücklocken können, damit sie mir mit Jimmy half, hätte ich es sofort getan.
Simon hatte mit seinem Trinkspruch jedoch recht gehabt. Es war Zeit, in die Zukunft zu schauen. Ich war froh, dass meiner Freundin Zeit und Gesundheit gewährt wurde. Egoistischerweise freute ich mich auch darauf, dass ich mehr Zeit für mich selbst haben würde. Ich bereute keinen Moment, den ich während des Traumas der Diagnose und der Therapie mit Scarlett verbracht hatte. Aber ich musste mich wieder meiner Arbeit widmen und mein neues Leben in Brighton einrichten. Sie würde immer zu meiner Welt gehören, wie jede gute Freundin. Doch ich begann, neue Kontakte zu knüpfen in einer Lesegruppe und einem Team beim Pubquiz, und ich wollte, dass auch dieser Teil meines Lebens sich erweiterte.
Es zeigte sich, dass ich nicht die Einzige war, die bereit war für eine Veränderung. Ungefähr zehn Tage danach sah ich Scarlett wieder, und diesmal besuchte sie mich in Brighton. »Es ist nicht fair, dass du immer zu mir hochfahren musst«, meinte sie. »Einen Tag am Meer zu verbringen ist ja auch schön, und jetzt, wo Jimmy den ganzen Tag im Kindergarten ist, habe ich mehr Zeit für mich.«
Wir schlenderten eine Weile durch die Lanes und suchten Schnäppchen, fanden aber keine. Schließlich kaufte sie eine Navajo-Decke fürs Wohnzimmer und zahlte etwa das Doppelte von dem, was ich dafür hingelegt hätte, selbst wenn ich so wohlhabend gewesen wäre wie sie. Sie verdiente gut zu der Zeit; Fernsehen, Vermarktung von Fanartikeln, Werbung für alles, von Kinderkleidung bis zu Vitaminen. Was mit den Büchern reinkam, war das Sahnehäubchen auf einer turmhohen Schichttorte. Nach ihren eigenen Angaben wurde ein Zehntel von allem, was sie verdiente, in die Stiftung gesteckt, die sie für das rumänische Waisenhaus errichtet hatte. Und sie wollte noch im gleichen Jahr wieder hinfahren, um zu sehen, welchen praktischen Nutzen die gesammelten Spenden gebracht hatten. »Ich werde eine Schwimm-nacht mit Sponsoren initiieren«, sagte sie. »So ähnlich wie der Moonwalk, nur in Schwimmbädern. Von Mitternacht bis morgens um sechs. Frauen können Teams bilden oder einzeln teilnehmen.«
»Das ist eine tolle Idee.« Ich meinte es ernst. »Wirst du selbst mitmachen?«
»Na klar. Ich stelle ein Team mit den Mädchen von der Show zusammen. Es wird ein Riesenspaß.« Sie lächelte ironisch. »Da werden jede Menge Leute drauf warten, dass ich mich blamiere. Aber sie wissen nicht, dass ich jeden verdammten Tag schwimme, oder?«
»Zeig’s ihnen«, sagte ich. »Und außerdem ist es für einen guten Zweck. Wenn sie versuchen, dich zu blamieren, werden sie am Ende selbst ziemlich schäbig aussehen.«
»Stimmt. Oh, und noch eins, was Rumänien betrifft. Wenn Jimmy in die Schule kommt, werde ich Marina nach Rumänien zurückschicken, damit sie für mich im Timonescu-Heim die Augen und Ohren offen hält.«
Ich gebe zu, das hatte ich nicht erwartet. »Will sie denn nach Rumänien zurück?«
Scarlett nickte. »Sie hat mit mir gesprochen, bevor ich die Diagnose bekam, dass sie nach Hause will.« So teilte Scarlett dieser Tage ihr Leben auf, »bevor ich die Diagnose bekam« und »nachdem ich die Diagnose bekam«. In Bezug auf sich selbst sprach sie nicht von Krebs. »Ihre Familie fehlt ihr, und sie hat Heimweh«, fuhr sie fort. »Ich habe sie überredet zu bleiben und ihr versprochen, sie könne zurückgehen und dort einen Arbeitsplatz haben, wenn sie bis zu Jimmys Einschulung bleibt. Sie wird Seite an Seite mit der Leitung des Waisenhauses arbeiten und unsere Fördergelder verwalten. Sie wird gut bezahlt werden und hat einen Job, für den es sich anzustrengen lohnt. Ich meine, du siehst doch wohl ein, dass sie Fertigkeiten und Talente hat, die weit über das hinausgehen, was sie für mich macht.«
Ich musste lachen. »Im Ernst. Sie könnte das ganze verdammte Land regieren. Ich hoffe, du weißt, was du Rumänien antust, indem du sie zurückkehren lässt.«
Auch Scarlett lachte. »Sie wird phantastische Arbeit leisten für diese Kinder.«
»Aber kommst du ohne sie klar?«
»Natürlich nicht. Es wäre ein richtiger Alptraum. Meine Fähigkeiten im Haushalt sind gleich null. Aber Marina hat versprochen, mir einen Ersatz zu schicken. Die Tochter einer ihrer Cousinen offenbar. Marina sagt, sie ist wie eine kleinere Ausgabe
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