Der Verrat: Thriller (German Edition)
zwei Päckchen Salamischeiben und einer Schachtel einfacher Kekse zurück. Während er einkaufte, schlüpfte Stephanie in Socken und Turnschuhe. Phase eins ihres Plans war, das Waisenhaus zu finden und dann daran vorbeizumarschieren, als seien sie Wanderer. Da Stephanie vor der Abreise nicht mehr nach Brighton gekommen war, hatte sie nur die Kleider bei sich, die sie für ihren Kalifornienurlaub eingepackt hatte. Sommerkleider mit Spaghettiträgern und Shorts waren für Disneyland und den Strand ganz passend, aber bestimmt nicht für Wanderungen im transsilvanischen Gebirge, selbst an einem so schönen Frühlingstag wie diesem. Deshalb die Einkäufe am Flughafen. Mit ihrem einen Paar Jeans und einem alten Karohemd von Nick sah Stephanie fast unverdächtig aus.
Je höher sie kamen, desto kühler wurde die Luft, die durch die Lüftungsschlitze hereinkam. Die Landschaft wechselte von saftigen, grünen Hügeln mit hochgewachsenen Schafen zu bewaldeten Hängen und gelegentlich aufragenden Felsmassiven. Es war leicht nachzuvollziehen, wie Bram Stoker sich Dracula vor diesem dramatischen und menschenleeren Hintergrund vorgestellt hatte. Ab und zu kamen sie durch Dörfer, die kaum diese Bezeichnung verdient hatten – eine Handvoll Häuser, die sich an einen Hügel schmiegten, oder eine Gruppe von Hütten, die auf einem kleinen Plateau thronte – doch nichts, was sie dazu hätte verlocken können, ihre Reise zu unterbrechen.
Nach anderthalb Stunden Fahrt über enge, gewundene Straßen bemerkte Stephanie, dass sie sich dem Zielort Timonescu näherten. Sie hatte ein ungutes, nervöses Gefühl in der Magengrube. »Geh bitte den Plan noch mal mit mir durch«, bat sie. »An so etwas bin ich nicht gewöhnt. Ich bin nicht so die Frau für Action. Nicht wie du.«
Nick grinste. »Ich bin auch keine Frau für Action.«
Sie boxte ihn spielerisch auf den Oberarm. »Klugscheißer. Du weißt genau, was ich meine.«
»Es ist ganz einfach. Wir fahren am Waisenhaus vorbei, doch nicht so langsam, dass wir Aufsehen erregen könnten. Wir fahren noch ein Stück weiter und suchen uns einen günstigen, versteckten Platz, um den Wagen abzustellen. Dann setzen wir unsere Rucksäcke auf und wandern zurück am Waisenhaus vorbei. Dabei suchen wir unauffällig nach guten Beobachtungspunkten für unsere Observation.«
»Und dann legen wir uns auf die Lauer?«
»Richtig. Wir warten, bis Simon oder Marina oder sogar beide herauskommen. Dann versuchen wir, ihnen zu folgen, worauf wir ja sehen werden, wo uns das hinführt.«
»Nicht gerade ein wasserdichter Plan, oder?« Stephanie versuchte nicht zu zeigen, wie nervös sie das machte. Was in der Sicherheit seiner Wohnung noch nach einer großartigen Idee geklungen hatte, erwies sich jetzt als furchteinflößender, als mit Vivian McKuras im Verhörraum zu sitzen. Viel furchteinflößender.
»Wir müssen flexibel sein und bleiben natürlich über Handy in Kontakt. Immerhin können sie uns auf diesen Straßen nicht wirklich davonfahren. Und viele Seitenstraßen, in die sie einbiegen könnten, gibt es auch nicht.«
Stephanie atmete tief ein. »Und wenn wir es schaffen, Simon zu folgen, und finden Jimmy bei ihm und Marina, was machen wir dann?«
Stephanie hatte diese Frage schon zuvor gestellt, doch Nicks Antwort war ausweichend gewesen. Er hatte argumentiert, dass sie diese Brücke überqueren würden, wenn es so weit sei. Na ja, aus ihrer Sicht waren sie jetzt auf der Straße, die zu dieser Brücke führte.
»Wir werden die Situation abschätzen und entscheiden uns für die Möglichkeit, die uns für eine sichere Flucht mit Jimmy am günstigsten erscheint«, sagte Nick.
»Können wir nicht einfach die Polizei rufen und denen alles erzählen?«
Nick nahm, am Lenkrad kurbelnd, eine Haarnadelkurve und musste dann unvermittelt einem Pferdekarren ausweichen, der ihnen den Hügel herunter entgegenkam. Beinahe wäre er im Straßengraben gelandet. »Ich traue den örtlichen Gesetzeshütern nicht. Der TOmorrow Trust bringt viel Geld in diese Region. Sie haben hier also sicher mehr zu sagen als ein dahergelaufener Detective von Scotland Yard, der ohne Absprache in ihren Bezirk hereinplatzt. Selbst wenn es nur ein paar Stunden dauert, das alles zu klären, könnten Simon und Marina mit Jimmy fliehen und wären bis dahin schon längst auf dem Weg irgendwo nach Mitteleuropa. Wir müssen das selbst machen. Wir müssen Jimmy tatsächlich rausholen und ihn fortschaffen.«
»Und was machen wir dann? Ich habe
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