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Der Verrat: Thriller (German Edition)

Der Verrat: Thriller (German Edition)

Titel: Der Verrat: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Eingriff besser durchführen können.« Während sie sprach, klappten die Schwestern die Seiten des Bettes hoch und lockerten die Bremsen.
    »Eingriff? Was für ein Eingriff?«
    »Wir werden es mit etwas versuchen, das sich Saugglocke nennt«, antwortete sie. Jetzt waren wir beide schon dabei, dem Bett durch den Flur zu folgen.
    »Was ist das?«
    »Denken Sie an einen Pömpel für ein Waschbecken. Nur sanfter. Haben Sie sich auf die Situation vorbereitet?«, fragte sie, während ich nach ihr einen großen Raum betrat, der ausgestattet war wie der Set einer Krankenhaus-Soap.
    »Ich hatte nicht erwartet, dass ich das hier machen würde«, sagte ich etwas schroff. »Sie hat einen Mann.«
    Die Ärztin nickte mir zu und lächelte. »Für eine erste Ersatzperson machen Sie Ihre Sache recht gut. Aber gehen Sie uns jetzt aus dem Weg.«
    In ein paar Augenblicken hatte sich alles geändert. Jetzt war ich mitten in einem medizinischen Arbeitsvorgang. Scarlett war kein Individuum mehr, sondern eine Patientin. Ein Körper, an dem gearbeitet werden musste. Ein Problem, das es zu lösen galt. Niemand behandelte sie lieblos oder unachtsam. Sondern es war einfach so, dass Freundlichkeit jetzt kein Faktor im Geschehen war. Es herrschte eine Atmosphäre der Dringlichkeit im Raum, die vorher nicht zu spüren gewesen war. Mir saß die Angst im Nacken, und ich fühlte mich, als würden mir gleich die Tränen kommen.
    Nach ein paar Minuten sagte eine Schwester über die Schulter: »Jetzt wird es schnell gehen. Wir müssen dafür sorgen, dass das Baby genug Sauerstoff bekommt.«
    Sie hatte recht. Ich war mitten im Strudel der Ereignisse. Offenbar funktionierte die Sache mit der Saugglocke nicht. Das Baby steckte fest. Ganz plötzlich waren wir wieder unterwegs. Irgendwoher erschien ein Klemmbrett, an dem ein Stift hing. Die Ärztin gab Scarlett den Stift in die Hand, während wir uns wieder auf den Korridor hinausbewegten. »Sie müssen Ihre Zustimmung geben«, sagte die Ärztin und klang dabei viel gelassener, als alle anderen zu sein schienen.
    »Zustimmung zu was? Wie kann das Zustimmung sein?« Scarlett war völlig durchgedreht wegen der Schmerzmittel und dem Schmerz selbst.
    »Wir müssen schnell einen Kaiserschnitt machen«, erklärte die Ärztin. Sie schaute sich um und schnappte sich eine der Krankenschwestern. »Sie helfen bitte Stephanie hier. Sie muss OP-Kleidung anziehen und in den OP-Saal gehen.«
    »Ich?«, schrie ich auf. »Sie erwarten doch wohl nicht …«
    »Tun Sie’s einfach. Bitte«, sagte die Ärztin, und alle verschwanden um eine Ecke.
    Ich ließ mich wegführen. Die Schwester öffnete einen Schrank und schaute mich, meine Größe einschätzend, an, bevor sie einen Satz grüner OP-Bekleidung herausriss. »Was ist denn los?«, fragte ich.
    »Sie müssen sich schnell umziehen. Beeilen Sie sich«, antwortete sie und führte mich zu einer Kabine. »Sie bekommen das Baby nicht heraus. Es steckt fest. Man wird einen Schnitt machen, damit man es durch den Geburtskanal wieder nach oben ziehen kann. Und es muss schnell gehen, falls die Sauerstoffversorgung beeinträchtigt ist, wissen Sie.«
    »Das wird sie nicht gut finden«, sagte ich, streifte Scarletts Kleider ab und zog die OP-Kleidung über, die mir viel besser passte. »Sie hat schon über die Schwangerschaftsstreifen geklagt. Eine Narbe – da wird sie wirklich sauer sein.« Als ich herauskam, sah ich das Gesicht der Schwester. »Ich mach nur Spaß. So gedankenlos und oberflächlich ist sie nicht, wissen Sie.«
    Meine Erinnerung an das, was danach geschah, ist wie eines dieser römischen Mosaikpflaster, die bei Time Team ausgegraben werden. Bruchstücke eines Bildes mit Lücken, dessen ursprüngliches Aussehen man nur herleiten oder sich ausdenken kann.
    Eine Gruppe in grüne und blaue OP-Kittel gekleideter Personen, die sich alle auf den Operationstisch konzentrierten. Eine grüne Stoffplane wurde über Scarletts Brust gelegt, so dass ich das Blut nicht sah. Eine Stimme, aus der Anspannung und fast schon Verzweiflung herauszuhören war, sagte: »Eine Menge Blut, und ich kann nicht sehen, wo es herkommt.« Der Schrecken schien mir wie die Krallen eines Raubvogels die Brust zu umklammern. Ich malte mir aus, wie ich Joshu die Nachricht überbringen würde, dass sein Hochzeitstag hier auf einem blutbeschmierten Operationstisch geendet hatte.
    Dann hastete eine Hebamme mit einem blutigen kleinen Bündel aus dem Raum und verschwand in einem Vorzimmer. Als Nächstes hörte

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