Der Verrat: Thriller (German Edition)
einmal unterschätzt hatte. »War nur Spaß«, sagte ich schnell, um meinen Fehler zu vertuschen.
Einen Moment war sie unsicher, aber dann akzeptierte sie es. »Manchmal hast du einen komischen Humor, Steph. Ich liebe Joshu, das weißt du doch. Selbst wenn er meistens zu gar nichts gut ist. Nein, ich denke daran, dass Leanne so etwas sein könnte wie mein Double. Wie es sie beim Filmen gibt.« Sie öffnete den Schrank und nahm einen großen Glaskrug heraus. »Erinnerst du dich, als Brad Pitt diesen Film Troja machte?«
Ich fragte mich, worauf sie hinauswollte, nickte aber. »Ganz schrecklicher Film.«
»Der Film ist egal. Er hat trainiert wie verrückt, damit er dafür genug Muskelmasse kriegte, aber am Ende hatte er die falschen Proportionen. Tolle Schultern, Brust und Waschbrettbauch, aber immer noch dünne Beine. Also nahm man ein Double für die Beine.« Scarlett leerte eine Schale mit Eiswürfeln in den Krug und goss einen erschreckend großzügigen Schuss Bacardi nach.
»Du machst wohl Witze?«
»Nein, ganz im Ernst. Ich weiß das deshalb, weil sie einen Burschen dafür genommen haben, der in Leeds studierte. Er war Brad Pitts Beindouble. Und siehst du, da dachte ich, dass Leanne mein Club-Double sein könnte. Weißt du, wo der Piña-colada-Mix hingekommen ist?«
Glücklicherweise hatte sie den Kopf in den Kühlschrank gesteckt und konnte deshalb mein Gesicht nicht sehen. Mir fehlten die Worte. Ich starrte sie einfach nur ungläubig an.
»Denk doch mal nach, Steph.« Sie tauchte aus dem Kühlschrank wieder auf und schwenkte die Plastikflasche mit dem Cocktailmix. »Ich hab ihn. Die Sache ist doch so. Die meisten Leute, denen ich unterwegs in den Clubs begegne, kennen mich nicht. Sie haben mich nur im Fernsehen gesehen. Und jeder weiß doch, dass Leute im wirklichen Leben anders aussehen.« Scarlett goss den Mix über den Rum und das Eis, dann rührte sie alles mit einem Holzlöffel um. »Und Leanne klingt mehr nach mir als ich selbst. Sie fährt total auf all dieses Zeug im Yes! Magazine ab. Sie geht so, dass es dazu passt, und redet auch so. Sie könnte mich darstellen im Umgang mit der Öffentlichkeit, beim Ausgehen, und sie würde den Klatschspalten und den Paparazzi alles liefern, was sie zu ihrem Glück brauchen. So hat Joshu jemanden, mit dem er spielen und angeben kann, wenn er ausgeht, und ich brauche nicht in den Clubs rumzuhängen.« Sie knallte ein Glas Piña colada vor mich hin und schien nachdenklich. »Und wenn wir nicht die ganze Zeit streiten, weil ich nicht ausgehen will, werde ich mich vielleicht mehr danach fühlen, mit ihm ins Bett zu gehen. Das ist doch einen Versuch wert, stimmt’s?«
Ich nahm einen großen Schluck, hatte aber das Gefühl, selbst bei Scarletts extra starkem Rezept würde ich eine ganze Menge Piña colada brauchen, bis ich es für eine gute Idee hielte. »Und sie ist dafür zu haben?«
»Ich bin noch nicht in die Einzelheiten gegangen, weil ich nicht wollte, dass sie mit ihren irischen Freundinnen darüber quatscht. Ich habe nur gesagt, dass ich sie vielleicht bei meinem Personal brauchen könnte.« Sie goss sich einen Drink ein und stieß mit mir an. »Auf mein Double!«
Ich schnaubte. »Dein Personal?«
Scarlett sah beleidigt aus. »Na ja, Marina. Und dann ist da noch George.«
Irgendwie glaubte ich nicht, dass George sich so sah. Aber ich beließ es dabei. »Du meinst wirklich, dass du ein Double brauchst?«
Sie seufzte tief und von Herzen. »Ich brauche etwas. Ich fühle mich verfolgt von den verdammten Schakalen am Tor. Überall, wohin ich auch gehe, sitzen sie mir im Nacken. Nur wenn du dabei wärst, wüsstest du, wie nervig das ist. Manchmal wird mir richtig schlecht bei dem Gedanken, durchs Tor zu gehen. Als müsste ich kotzen. Mir ist klar, dass die Leute mich für unverschämt halten, wenn ich mich beklage, wo ich doch von der Publicity lebe. Ich weiß, die Rechnungen werden damit bezahlt, dass ich überall groß in den Zeitungen abgebildet bin. Aber das heißt doch sicher nicht, dass ich überhaupt kein Recht auf ein Privatleben habe? Und was ist mit Jimmy? Hat er kein Recht, aufzuwachsen, ohne einen Sensationsjournalisten auf den Fersen zu haben? Ich sag dir, Steph, es deprimiert mich. Und ich dachte, vielleicht könnte Leanne mich etwas entlasten.«
Ich konnte es nachvollziehen und fühlte mit ihr. Selbst wer ständig auf Publicity aus war, musste irgendwann einmal die Schotten dicht machen. »Könnte Leanne dabei die Nerven behalten? Hat sie den
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