Der Verrat: Thriller (German Edition)
mich zu benehmen. Ich solle aufhören, mit diesen lesbischen Schlampen herumzuhängen. Ich würde mich fügen müssen. Andernfalls. Es war beängstigend. Ich dachte wirklich, er würde mich schlagen. So hatte ich mich in meinem Erwachsenenleben noch nie gefühlt.
Dann ging ich. Ich verließ mein eigenes Haus, setzte mich in den Wagen und fuhr los. Natürlich fuhr ich zur Hazienda. Es war die einfachste Möglichkeit. Ich hatte mich bei Scarlett und Leanne schon über Petes unvernünftiges Verhalten beklagt. Wäre ich zu einer meiner anderen Freundinnen gegangen, hätte ich die ganze Geschichte erklären müssen, und dafür fehlte mir die Energie. Eine Nacht, dachte ich. Ich werde eine Nacht bleiben und am Morgen zurückkehren. Ich wusste, dass Pete am nächsten Tag im Studio erwartet wurde. Selbst wenn er die ganze Nacht dablieb, würde er bis spätestens um zehn weg sein müssen.
Scarlett war deprimierenderweise kaum überrascht, mich zu sehen. »Ich hab es kommen sehen«, sagte sie. »Er ist ein Tyrann, der Kerl. Griesgrämiger Typ. Ich erinnere mich an damals, als ich dich abgesetzt habe und er an der Tür wartete. Mit einem Gesicht wie eine Arschgeige.«
»Machst du Schluss?«, fragte Leanne und stellte Wasser auf. Wir versuchten, Scarlett – und uns selbst – den Prosecco abzugewöhnen und uns wieder dem großen nordenglischen Allheilmittel, dem Yorkshire Tea, anzuvertrauen.
Ich spürte, wie mir die Tränen kamen. »Ich will nicht. Aber ich kann mir das nicht mehr gefallen lassen.«
»Es ist, als wünschte er sich, dass du eingesperrt wärst und auf ihn wartest, bis er heimkommt und dich befreit«, sagte Scarlett.
»Gefangene der Liebe«, stimmte Leanne an. »Du könntest deine Geschichte einer Illustrierten verkaufen.«
»Ich will keine Geschichte haben. « Mir gefällt es, als Ghostwriterin im Hintergrund zu bleiben. Substanzlos. Durchsichtig. Anonym.
»Also nicht wie ich«, sagte Scarlett lachend. »Scheiß auf ihn, Steph. Du bist mehr wert als ein Dutzend von ihm. Genauso, wie du mir immer sagst. Wenn der völlig falsche Typ den Weg versperrt, wirst du den Richtigen nicht finden.«
Am nächsten Morgen hatte ich keine Angst, zurückzufahren. Ich dachte, Pete wäre zur Vernunft gekommen und hätte sich beruhigt. Aber Scarlett machte sich Sorgen. »Du hast ein behütetes Leben geführt«, sagte sie. »Wo ich aufgewachsen bin, gab es jede Menge Flegel wie Pete. Sie meinen, du bist ihr Eigentum. Sie denken, du bist nur zu ihrem Nutzen auf dem Planeten. Solche Wichser wie der, die lassen nicht so leicht los. Du musst darauf vorbereitet sein, dass es schlimmer kommt, bevor es besser wird.«
Ich achtete nicht weiter darauf. Denn ich dachte, ich wüsste Bescheid. Aber wenn es um Männer ging, die sich abscheulich benehmen, hatte ich keine Ahnung.
24
D er erste Schock war: Pete war noch da. Sein Auto stand vor meinem Haus, und die Schlafzimmervorhänge waren um halb elf noch vorgezogen. »Das sieht nicht gut aus«, meinte Scarlett. »Ich dachte, du hättest gesagt, er müsste heute Vormittag arbeiten?«
»Das hat er gesagt.« Aber offenbar hatte er es sich anders überlegt. Oder ich hatte ihn umgestimmt.
»Willst du, dass ich mit reinkomme?«
Ehrlich gesagt, ich war nicht sicher, dass ich überhaupt reingehen wollte. Petes Wut hatte mich verstört und mir Angst eingejagt. Seine Anwesenheit zeigte, dass meine Überzeugung, er werde über seinen Wutanfall wegkommen, falsch gewesen war. Ich wollte mich dieser Wut nicht noch einmal aussetzen. Nie wieder. Niemals war ich mir einer Sache sicherer gewesen. Innerlich war ich fertig mit ihm. Keine noch so große Reue könnte diese Momente ungezügelter Wut und die drohende Gewalttätigkeit, die ihr innewohnte, rückgängig machen. »Warten wir ein bisschen«, sagte ich.
»Okay.« Scarlett verstellte den Sitz nach hinten und schloss die Augen. Seit Jimmy auf der Welt war, hatte sie sich die beneidenswerte Fähigkeit angeeignet, überall und jederzeit ein kurzes Schläfchen machen zu können. Ich mochte wie auf glühenden Kohlen sitzen. Aber Scarlett schlief bereits nach zwei Minuten. Ich horchte auf das Radio und ihr leises Schnarchen und versuchte, meinen Atem zu verlangsamen und dem ihren anzugleichen.
Es war fast elf, als die Haustür aufging und Pete heraustrat. Selbst aus der Entfernung sah man, dass er wild dreinblickte und unrasiert war. So schockierend wie sein Aussehen war die Tatsache, dass er die Haustür weit offen stehen ließ, als er den Weg
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