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Der Verrat: Thriller (German Edition)

Der Verrat: Thriller (German Edition)

Titel: Der Verrat: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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vielen Gründe, weshalb das Leben auf der Hazienda ein sehr einfacher Ausweg war.
    Aber ich konnte nicht ewig dort bleiben. Nach reiflicher Überlegung beschloss ich, nach Brighton zu ziehen. Trotz der entmutigenden Ferien in meiner Kindheit mit den stürmischen Ostwinden in Cleethorpes und Skegness, hatte ich immer schon das Meer gemocht. Teile von Brighton erinnerten mich an Ecken von Lincoln, die mir gefallen hatten – die schmalen, gewundenen Sträßchen der Lanes, die weniger prachtvollen Straßen mit Reihenhäusern, das Grün im Herzen der Stadt. Es gab dort ein reiches kulturelles Leben und eine gute Anbindung nach London. Aber das Wichtigste war vielleicht, dass ich Pete gegenüber Brighton nie erwähnt hatte. Nicht einmal beiläufig und obenhin. Ich hatte nie gesagt: »Ich würde gern mal einen Tag nach Brighton fahren«, oder »Einer meiner Lieblingsautoren nimmt am Festival von Brighton teil, fahren wir doch mal runter und verbringen dort das Wochenende.« Es gab keinen Grund der Welt, wieso er dorthin kommen und mich suchen sollte.
    Letztendlich fand ich ein nettes kleines viktorianisches Reihenhaus zehn Minuten vom Meer entfernt. Es gab Geschäfte in der Nähe, zwei Pubs voller Leben, wo, wie es schien, man leicht Bekanntschaften machen konnte, einen hübschen kleinen Park, wo ich Luft schnappen konnte, wenn ich eine Denkpause brauchte. Das Haus war hoch und schmal und besaß ein ausgebautes Dachgeschoss, das mir gut als Büro dienen könnte. Vom großen Schlafzimmer aus sah man zwischen den Häusern auf der anderen Straßenseite ein kleines Stück Meer, und die früheren Besitzer hatten einen geräumigen Wintergarten angebaut, in den die Morgensonne schien. Es war perfekt, versteckt in einer ruhigen Straße, in der nur Anwohner parken durften. Ich fühlte mich sicher.
    Während ich mich in dem neuen Haus einrichtete, sah ich Scarlett nicht oft. Ich strich die Wände, wählte Vorhangstoffe aus, ließ Sofas neu aufpolstern und durchstreifte die Lanes, um Gegenstände zu ersetzen, die Pete bei seiner gemeinen Zerstörungsorgie kaputt gemacht hatte. Zweimal kam sie mit Jimmy herunter, der den Strand sehr mochte. Er konnte ewig dasitzen und aus den größeren Kieseln seine Lieblingssteine heraussuchen und um seine Beine mit dem Babyspeck kleine Häufchen auftürmen. Aber in ihrem anderen Leben war zu viel los, als dass Scarlett viel Freizeit gehabt hätte.
    Der Prozess ihrer Neuerfindung kam schnell voran. Ihre Sendung über Reality-TV-Stars war inzwischen Kult. Es war zu einer Lieblingsshow des studentischen Publikums geworden, das sie offenbar auf eine postmoderne, ironische Art und Weise genoss. Auch unter den älteren Zuschauern, der Hauptgruppe des Nachmittagsprogramms, hatte sie sich einen festen Zuschauerstamm erobert. Diese beiden Gruppen hatten der Show zu bedeutenden Quoten verholfen. Werbekunden waren begeistert, und die Zuschauer waren begeistert von Scarlett. Jetzt war sie im Gespräch für die Moderation einer Late-Night-Talkshow auf einem beliebten Digitalsender. Hin und wieder stolperte ich in einer der seriösen Zeitungen über einen Artikel, der sich mit leicht verwirrtem Unterton mit ihrem offenbar unaufhaltsamen Aufstieg befasste. Aber sie hatte an ihrer alten zentralen Fangemeinde festgehalten. Es gab immer noch Features im Yes! Magazin e, und ab und zu tauchte Leanne in den Klatschspalten auf. Scarlett hatte sogar einen Gastauftritt als Moderatorin einer Sondersendung mit Promis der Vorher-nachher-Show Ladette wird zur Lady. Sie war auf dem besten Weg, eine Kulturikone zu werden.
    Aber es gab eine Kehrseite ihres Erfolgs. Als sie mich überredete, zu einer Signierstunde in einem Kaufhaus in der Oxford Street mitzukommen, bekam ich Gelegenheit, diese Gegenseite selbst mitzuerleben. Natürlich würde die Person, die Mein Vermächtnis für Jimmy signierte, nicht die sein, die das Buch tatsächlich geschrieben hatte, aber das störte mich nicht. Ich hatte noch nie ein Verlangen danach gehabt, im Rampenlicht zu stehen.
    Wir wurden durch den Wareneingang hineingeschmuggelt, um der Menge aus dem Weg zu gehen, die ich von dem Mercedes mit getönten Scheiben aus bemerkt hatte, als wir die Oxford Street überquerten. Die Schlange reichte von der messingbeschlagenen Doppeltür bis um die Ecke. »Reges Interesse«, sagte ich, als wir daran vorbeifuhren.
    »Ja, hier läuft es immer ganz gut.« Scarlett erlaubte sich einen kurzen Moment des Stolzes, dann warf sie mir ein freches Lächeln zu. »Die

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