Der Verrat: Thriller (German Edition)
Leute sind von deinem Buch begeistert, Steph. Das hast du toll gemacht, als du mir geholfen hast, es in Form zu bringen.«
Es war immer schön, einen kleinen Krümel Lob abzubekommen. Und im Allgemeinen war es natürlich nicht mehr als ein Krümel, der mir von meinen Kunden abgegeben wurde. Scarlett war großzügiger als die meisten, aber trotzdem, fand ich, war es eine dürftige Anerkennung meiner Arbeit.
Doch waren der Sekt und die Häppchen, die uns erwarteten, eine willkommene Bestätigung. Die Signierstunde war eine von unserem Verlag und dem Parfümeur, der Scarlett Smile produzierte, gemeinsam organisierte Veranstaltung. Man hatte besondere Stifte zur Verfügung gestellt, die auf der Hochglanzfläche der Parfümpackung schrieben. Das Kaufhaus hatte einen Mitarbeiter abgestellt, der dafür sorgen würde, dass Scarlett immer das richtige Schreibzeug zur Hand hatte. Ich hätte wegen einer solch herablassenden Behandlung gemosert, aber es schien ihr nichts auszumachen, dass sie wie eine Idiotin behandelt wurde.
Als sie instruiert worden war, wie man Bücher und Parfümpackungen signiert, wurden wir zum Ort des Events geführt, eine Ausstellungsfläche in der Kosmetikabteilung, die man für dieses Ereignis geräumt hatte. Die gesamte Fläche war gedrängt voll mit Fans, hauptsächlich junge Frauen, die in Rufe, Schreie und entzücktes Kreischen ausbrachen, als sie Scarletts ansichtig wurden. Man hatte versucht, durch metallene Absperrpfosten und Gurte zu erreichen, dass sie eine Warteschlange bildeten, aber dieses System hielt nur ein paar Minuten stand.
Kameras blitzten, Kunden stießen Rufe aus, und die Leute drängten sich gegen den Tisch, der Scarlett von den Horden trennte. Mir schien dies alles sowohl erschreckend als auch gefährlich, als könnte Scarlett jeden Moment von der schieren Überzahl überwältig werden. Der Lärm drang mir unaufhörlich in brutalen Wellen in die Ohren. Ich wäre am liebsten umgedreht, um wegzurennen. Weiß Gott, wie sie das empfand.
Gerade bevor die Hysterie den Höhepunkt erreicht hatte, schritt endlich der Sicherheitsdienst des Kaufhauses ein. Bestimmt, aber behutsam wurde die vorderste Reihe ein paar Zentimeter zurückgedrängt und ein kleiner Abstand zwischen Scarlett und ihrem Publikum geschaffen. Zumindest herrschte jetzt ein Anschein von Ordnung an der vorderen Linie des Haufens. Und Scarlett konnte mit dem Signieren beginnen.
Nach einer Stunde schien die Menge nur unwesentlich reduziert. Aber als ich mich von ihren Beschützern löste und hinten um die Menge herumging, stellte ich fest, dass der Ansturm nachzulassen begann. An den Rändern registrierte ich drei Fans mit Kameras, die unablässig Fotos von Scarlett machten. Es waren offensichtlich keine Paparazzi, weder ihre Kameras noch ihre Kleidung waren dafür teuer genug. Aber sie gingen nicht weg. Gegen Ende der Signierstunde, als nur noch wenige Fans da waren, kamen alle drei – eine Frau und zwei Männer – an den Tisch und hielten ihr keine Bücher sondern Mappen mit aus dem Internet heruntergeladenen Hochglanzfotos hin, auf denen ihnen Scarlett ein Autogramm geben sollte. Allesamt sahen sie wenig vertrauenerweckend aus. Ich konnte sie mir in ihren einsamen möblierten Zimmern vorstellen, wie sie die Fotos ausdruckten und nach dem Bild suchten, das ihnen das Gefühl geben würde, Scarlett endlich eingefangen zu haben.
Ich schätzte, einfangen war das, was sie vorhatten. Mir lief es kalt den Rücken herab bei der Vorstellung, dass diese merkwürdigen Neurotiker ihr durch das Land folgten und sich einredeten, sie seien ihre Freunde. Das wirklich Beängstigende war, dass Scarlett sie kannte. Sie schenkte ihnen ein Lächeln, allerdings sah ich gleich, dass es eine abgeschwächte Version ihres echten Lächelns war. Aber an seiner Aufrichtigkeit gab es nichts auszusetzen.
In gewisser Weise inszenierte Scarlett ihre Karriere selbst. Aber es funktionierte nur, weil nichts Zynisches an dem war, was sie tat. Nach und nach entließ sie die wahre Scarlett in die freie Wildbahn, und im Grunde war die Person, die sie preisgab, ein gutmütiger Mensch. Sie war sich sehr wohl dessen bewusst, wie weit sie gekommen war und welch großes Glück sie gehabt hatte, dass ihr die Flucht gelungen war; anders als so viele, die diesen Weg gegangen sind, war sie willens, die Hand auszustrecken und anderen zu helfen, die wie sie die Entschlossenheit besaßen, ihre Zukunft zu ändern.
Diese Bereitschaft öffnete die Tür für ihr
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