Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
Vom Netzwerk:
nicht auf ihn zukam, trat er näher an sie heran und schob ihr eine Hand unter den Ellbogen.
    Â»Du hattest recht, ich bin ein Idiot«, sagte er leise.
    Anstatt ihm zu sagen, dass die Idiotie ihnen wohl beiden in den Genen lag, gab sie ihm nur einen flüchtigen Kuss und sagte: »Ich habe immer recht.Wie geht es dir?«
    Â»So unglaublich schlecht.«
    Es klingelte und Mae machte dieTür auf. Seb stand davor.
    Â»So unglaublich viel schlechter«, kam Jamies Stimme vom oberen Ende derTreppe.
    Â»Hi!« Mae ignorierte ihren Säuferbruder und hoffte, dass Seb den Out-of-bed-Look mochte, denn ihre Priorität war bislang nur Kaffee gewesen und nicht, wie sie aussah.
    Â»Hi«, antwortete Seb. »Wie geht es Jamie?«
    Â»Jamie?Wie geht es dir?«, fragte Mae dieTreppe hinauf, um anzudeuten, dass Seb sehr höflich war und Jamie das anerkennen sollte, wenn er sich nicht ihre Missbilligung zuziehen wollte.
    Â»O Gott, Mae«, sagte Jamie hohl und kam dieTreppe heruntergewankt. »Ich trinke nie wiederAlkohol. Ich sehe nur noch in Schwarzweiß und meineArme fühlen sich so schlabberig an wie flugunfähige Flügel. Eben habe ich mich im Spiegel gesehen. Ich sehe aus wie ein total trauriger Pinguin.«
    Seb gab so etwas wie ein Lachen von sich.
    Â»Weißt du was?« Jamie sah ihn an. »Ich habe einen ganz schlechtenTag.Wenn es dir also nichts ausmacht, dann würde ich gerne so tun, als seiest du gar nicht da.«
    Â»Es hat wohl keinen Sinn, überhaupt zu versuchen, sich mit dir normal zu unterhalten!«, stellte Seb mit erhobener Stimme fest.
    Jamie zuckte zusammen. »Für jemanden, der gar nicht existiert, bist du ganz schön laut.«
    Mae sah ihn bedeutsam an. »Du bist einem Gast in unserem Haus gegenüber ziemlich unhöflich. Ich schlage vor, du versuchst, ein wenig netter zu sein, denn – wie du dich vielleicht erinnerst – ich habe immer recht.«
    So sah ihrAngebot also aus:Wenn er Seb eine Chance gab, würde sie ihm verzeihen, dass er an ihr gezweifelt hatte. Jamies Mund verzog sich anerkennend, dann zuckte er mit denAchseln.
    Â»Ich schlage dir einen Deal vor, McFarlane«, verkündete er. »Du darfst existieren. Du bekommst sogar Kaffee.Aber wenn du die Stimme hebst oder irgendwelche schnellen Bewegungen machst, dann falle ich tot um. Und du bist schuld.«
    Seb zuckte ebenfalls mit den Schultern, konnte seine Freude jedoch nur schlecht vor ihnen verbergen. »In Ordnung.«
    Mae verkniff sich ein Lächeln und wandte sich wieder dem Kaffee zu. Sie war sich sicher gewesen, dass ihrVorschlag angenommen werden würde. Es war, wie sie Seb amAbend zuvor gesagt hatte: Jamie war nicht gut darin, jemandem böse zu sein. Irgendwie verlor er das immer aus denAugen.
    Das allerdings war keineswegs vererbt.
    Â»Du schon wieder?«, fragte Seb plötzlich heftig.
    Mae wirbelte auf der Schwelle zur Küche herum und ihre Hand fuhr wie bei einer viktorianischen Jungfrau unwillkürlich wieder zumAusschnitt ihres Morgenmantels. In derTür stand Nick, doch er sah sie nicht an und nahm Seb nicht einmal zur Kenntnis.
    Â»Bist du bereit?«, fragte er Jamie.
    Â»Bereit? O ja, ich bin bereit. Ich bin bereit, jede Menge Flüssigkeit zu mir zu nehmen und den ganzenTag leise jammernd auf dem Sofa zu liegen. Dafür bin ich bereit.Wenn ich mich jetzt irgendwie sportlich betätige, fliegt mir der Kopf weg.Willst du das, Nick?Wenn ja, empfände ich das als äußerst schmerzhaft.«
    Â»Es wird dir besser gehen, wenn du erst losgelaufen bist.«
    Nick sah viel zu verkrampft aus. Mae fragte sich, warum er überhaupt gekommen war, aber dann fiel ihr ein, dass er vielleicht Jamie wollte – dass ihn das, was letzte Nacht vorgefallen war, beunruhigt hatte und er Gesellschaft undTrost suchte. Normalerweise brauchten Dämonen so etwas nicht, aber Nick hatte fünfzehn Jahre in liebevoller Gesellschaft verbracht und war das Publikum fürAlans jahrelange Einwegkonversation gewesen, wie Daniel Ryves es genannt hatte, bis er schließlich angefangen hatte zu sprechen.
    Doch jetzt stimmte zwischen ihm und seinem Bruder etwas nicht, und vielleicht hatte er sich Jamie ausgesucht, der dieselbe Herzlichkeit, denselben lächerlichen Sinn für Humor und die Gabe hatte, stundenlang zu reden, und kam ihn deshalb holen.
    Vielleicht munterte es Nick auch nur auf, Jamie zu foltern.
    Â»Aber wir wollten doch meine alte Gitarre mitnehmen,

Weitere Kostenlose Bücher