Der Verrat
sie sich seinerAnwesenheit schmerzhaft bewusst. Jede seiner Bewegungen rief ein Zucken in ihrem Mal hervor, als sei es ein zweites Herz, das nur für ihn schlug.
Sie sollte besser gehen.
»Klar«, antwortete Seb und lieà sich neben Jamie im Gras nieder. »Danke.«
Damit war es also beschlossen. Mae setzte sich zu Seb und Jamie. Sie wollte sie alsTalisman benutzen â ihre Nähe als Schutz vor aller Magie.
Alan ging Jamie ein GlasWasser holen. Offensichtlich versuchte er, JamiesWasserhaushalt in Ordnung zu bringen.
»MeineVorlesestimme muss gepflegt werden«, behauptete er. »Das hat nichts mit meinem intelligenten Konsum von elftausend Drinks gesternAbend zu tun.«
»Ich hätte auch gerneWasser«, sagte Nick. »Mir ist heiÃ.«
»Hier«, erwiderteAlan, der gerade mit Jamies Glas aus der Küche kam, und er nahm den Schwamm aus dem Eimer und drückte ihn über Nicks Kopf aus, sodass ihm dasWasser aus den Haaren über den Rücken lief.
Es rann über seinen Nacken, in dem sich die schwarzen Locken wie kleineTintenkringel von der weiÃen Haut abhoben, und dieTropfen jagten sich gegenseitig auf demWeg den breiten Rücken hinunter. Nick stieà einen leisen, zufriedenen Laut aus und widmete sich wieder derAutowäsche. Der Schwamm kreiste in gleichmäÃigen Bewegungen und der Ring reflektierte das Licht so, dass es in MaesAugen schmerzte.
Es schmerzte ebenso, als Nick kurz über die Schulter zu ihr hinsah.
Alan lachte nur und beschäftigte sich wieder mit dem Grill.
Mae lieà sich ins warme Gras fallen, unzufrieden mit sich selbst und den Situationen, in die sie sich immer wieder brachte. Seb holte seinen Zeichenblock hervor, und Jamie begann zu lesen, währendAlan sich um das Essen kümmerte.
Jamies Stimme, die vonTanzen und Lesen und Liebe in schicklicheren Zeiten sprach, wurde zu einem sanften Rhythmus in derWärme unter dem tiefblauen Himmel. Mae war fast eingeschlafen, als er plötzlich aufhörte.
»Ist das ein Bild von mir?«, fragte Jamie überrascht.
»Ja«, antwortete Seb vorsichtig.
»Das ist echt gut«, sagte Jamie freundlich, als hätte er Seb nie gehasst. Jamie war mit seinen Gefühlen absolut verschwenderisch, verzieh alle Beleidigungen ohne eine Spur nachtragend zu sein, und wenn er liebte, dann voll und ganz.
Jetzt glaubte er, Gerald zu lieben und Mae hatte keineAhnung, wie sie damit umgehen sollte.
»Ja?« Seb sagte dasselbeWort, nur in völlig anderemTonfall, überrascht und erfreut.
»Zeichne Nick als Nächstes«, sagte Jamie. »Er hat kaum etwas an, das ist Kunst.«
»Biete meinen Körper nicht an, ohne mich zu fragen«, warf Nick gelangweilt ein.
»Ich will Nick nicht zeichnen«, erwiderte Seb gereizt.
»Aber für die Kunst könnte ich es tun«, fuhr Nick ruhig fort. »Man hat mir gesagt, ich hätte den Körper eines Gottes.«
»Eines griechischen Gottes oder eines dieser Götter mit Pferdeköpfen oder ElefantenfüÃen, die ihnen aus der Brust wachsen?«, fragteAlan. »Wenn dir das das nächste Mal jemand sagt, bitte um genauereAngaben.«
Mae strich der Geruch nach Essen und Rauch um die Nase und sie setzte sich wieder auf. »Okay, ich bin wach. Und jetzt füttert mich!«
Seb stand auf und verteilteTeller, doch ihr fiel auf, dass sich Nick seinen selbst holen musste. Er lieà dasAuto stehen und setzte sich so weit wie möglich von Seb weg. Seine noch feuchten Haare fielen ihm in dieAugen. Jamie sah das Essen mit leicht grünlich verfärbtem Gesicht an, doch da erAlans Kochkünste nicht beleidigen wollte, schob er Nick immer dann, wennAlan nicht hinsah, heimlich denTeller zu.
DochAlan drehte sich einmal genau in dem Moment um, als Nick sich seelenruhig von JamiesTeller bediente.
»Oh, nicht doch, Nick!«, beschwerte sich Jamie gespielt schockiert. »Wie kannst du nur? Da braucht man nur einen Moment nicht hinzusehen! Dabei ist das Essen so lecker!«
Alan versetzte Nick spielerisch eine Kopfnuss, und dieser duckte sich, ohne mit dem Essen aufzuhören. Mae sah sie an und freute sich, dass zumindest im Moment alles in Ordnung zwischen ihnen zu sein schien. Doch dann bemerkte sie plötzlich, wie sich ihre Gesichter veränderten.
Es war merkwürdig: EinenAugenblick lang sahen sie sich sehr ähnlich, wie sie dieAugen zusammenkniffen und die Unterlippe erwartungsvoll einsogen.
Dann
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