Der Verrat
schmutzig und Mülltonnen lehnten schief aneinander wie Betrunkene. Es schien der ideale Ort für einVerbrechen.
Dann erkannte sie die anderen Jungen.
Offensichtlich wartete Seb McFarlane nicht im Lagerhaus darauf, mit Mae zu tanzen. Er hatte wohl entschieden, dass es mehr Spaà machen würde, ihren Bruder in die Enge zu treiben.
Die anderen beiden Jungen kannte sie nur flüchtig. Sie gehörten zu einer Gang, die gerne hinter dem Fahrradschuppen rauchte und Mädchen in Clubs ungefragt angrabschte.
Seb war groÃ, dunkel und ein wenig gefährlich, aber er grabschte nie. Mae hatte ihn tatsächlich in Betracht gezogen.
Jetzt trat er auf Jamie zu, der zurückwich, und es sah so aus, als würde sich Seb in naher Zukunft eine Ohrfeige von einem Mädchen einfangen.
Er war Jamie noch nicht sehr nah gekommen, was bedeutete, dass Jamie freiwillig bis zurWand zurückgewichen war. Genau so etwas sah ihm ähnlich.
»Bist du ganz allein hier?«, erkundigte sich Seb. »Hältst du das für klug, Crawford?Was ist, wenn du Schwierigkeiten bekommst?«
Jamie blinzelte. »Das ist natürlich eine Ãberlegung wert. Ich bin froh, dass so groÃe starke Männer da sind, um mich zu beschützen.«
Seb versetzte Jamie einen heftigen StoÃ. »Deine Hilflosigkeitsmasche ist nicht sehr überzeugend.«
»Ich weià nicht recht«, meinte einer der anderen Jungen träge, »mir kommt sie ziemlich überzeugend vor.«
Die beiden Jungen, die Mae nicht richtig kannte, schienen lediglich gelangweilt und bereit zu sein, ein paar dummeWitze zu reiÃen. Das wäre noch kein Problem, Mae könnte wie zufällig dazukommen und es wie einen Scherz aussehen lassen und Jamie dann irgendwie dort wegholen. Doch Seb verhielt sich anders. Seine breiten Schultern wirkten steif und seine Stimme klang angespannt. Er schien wütend zu sein.
»Es ist eine Masche«, beharrte er, »und du solltest damit aufhören. Oder â¦Â« Er neigte sich vor, konzentriert, mit scharfem Blick und weicher Stimme. »Vielleicht bringe ich dich dazu, damit aufzuhören.«
Jamie schluckte und sagte ebenfalls ganz sanft: »Ich glaube, ich fange an zu verstehen. Hm«, machte er und grinste plötzlich. »Willst du mich etwa anmachen? Denn ich weià nicht recht, wie ich es dir sagen soll, aber du bist echt nicht meinTyp.«
Seb fuhr mit einem Satz von Jamie zurück, als hätte er eben erfahren, dass dieser radioaktiv verseucht war. »Das ist nicht witzig«, schnauzte er ihn an. »Das ist absolut jämmerlich!«
Jamie grinste immer noch. »Ich bin wohl ein wenig von beidem.«
Seb verzog das Gesicht und seine Hand fuhr hoch, zur Faust geballt. Mae machte einen Schritt vorwärts, doch mit ihrem nassen Schuh rutschte sie aus und wäre beinahe gestürzt. Ihr Herz schlug heftig vor Ãberraschung undWut, blinderWut, denn sie hatte jemanden getötet, um Jamie zu retten â sie erinnerte sich an das Messer und das viele Blut und die Ãberraschung im Gesicht des Magiers. Und jetzt wagte es dieser dumme Junge, ihn anzurühren?Warum tat Jamie denn nichts?
Plötzlich spürte sie eine warme Hand in ihrem Nacken. Es war ein leichter Griff, als wenn ein Freund hinter ihr vorbeigehen und sie auf sich aufmerksam machen wollte, indem er mit den Fingern über ihre zarte Haut strich. DerTalisman, den sie in ihrer Korsage trug, erwachte zum Leben und brannte schmerzhaft wie ein kleiner Stern an ihrer Haut. Sie konnte sich nicht mehr rühren, nicht einmal mehr zittern. Sie war erstarrt wie ein Schmetterling, der sanft zwischen zwei Fingern gefangen und dann plötzlich von einer grausamen Nadel aufgespieÃt wird.
Ihr Herz schlug heftiger als zuvor und hämmerte laut in ihren Ohren und in der ihr aufgezwungenen Stille. Magie , dachte sie und der Gedanke erregte sie fast. Magie hier, Magie in der Burnt House Lane â und sie hatte gedacht, dass sie in ihrem Leben nie wieder etwas damit zu tun haben würde.
Sie spürte jemanden an sich vorbeigehen und hörte eine Stimme in der Nacht, die ihre eigenen Gedanken aussprach.
»Jamie«, sagte Gerald. »Warum tust du nicht irgendetwas?«
Das letzte Mal, als Mae diese Stimme gehört hatte, hatte sie versprochen, zurückzukommen und sie zu töten.
Seb und die anderen wandten sich um und starrten ihn an, doch als sie Gerald sahen, löste sich ihreAnspannung wieder. Er war nicht
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