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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
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Stimme klang durch dasTelefon markanter als inWirklichkeit, wenn man nicht so darauf achtete, weil man nur denWunsch verspürte, alles zu tun, worum er bat, und alles glaubte, was er sagte. Ein warmer Unterton in seiner Stimme ließ sie glauben, dass er sich freute, von ihr zu hören.
    Aber so sprach er natürlich mit jedem.
    Â»Nichts ist los. Stimmt irgendetwas nicht?«
    Mae schluckte und versuchte, ruhig und zuversichtlich zu klingen, und nicht, als ob sie ihn völlig verzweifelt um Hilfe bitten müsste.Wieder einmal.
    Â»Jamie hat sich mit einem Magier eingelassen.«
    Kurz herrschte Schweigen in der Leitung.
    Dann sagteAlan: »Wir sind unterwegs.«
    Als Jamie zurückkehrte, war es lange nach Mitternacht.Annabel war noch im Büro, weil es ihr dort besser gefiel als zu Hause, und Mae hatte stundenlang im Musikzimmer gesessen, den Kopf in den Händen vergraben.
    Sie hatte geglaubt, es sei vorbei.
    Sobald Jamie sie sah, kam er auf sie zugelaufen, kniete sich vor sie und nahm ihre Hände.
    Â»Ich dachte, du wolltest heuteAbend ausgehen? Ist in der Schule etwas passiert?Verstehen die Lehrer dein einzigartiges rebellischesWesen nicht? Oder hast du mal wieder einen Jungen in die Familienplanung getreten?«
    Mae lächelte ihn mühsam an. »In der Schule läuft es gut. Obwohl, wenn du schon danach fragst – kein einziger Lehrer versteht mein einzigartiges und rebellischesWesen.Wo warst du?«
    Â»Weg«, antwortete Jamie. Mae sah, dass er sich unwohl fühlte.Wahrscheinlich sollte sie dankbar sein, dass er kein begnadeter Lügner war, dass er nicht so war wieAlan, aber es verursachte ihr Übelkeit, dass er ihrer Frage auswich. »Komm, steh auf!«
    Jamie sprang auf und schaltete ihre Musikanlage an, dann suchte er aus ihren CDs einenWalzer aus. Mae schüttelte lachend den Kopf, doch er winkte sie zu sich. »Komm her!«
    Â»Nein«, widersprach Mae.Als Jamie ihre Hände nahm und sie sanft hochzog, lachte sie wieder und ließ ihn gewähren.
    Er trat zurück und ließ sie so herumwirbeln, dass die Lichter des Kronleuchters und die weißenWände vor ihrenAugen verschwammen, als wären dieWände zu Licht geworden und drehten sich mit ihr. In letzter Zeit kam Mae alles wie Magie vor.
    EinenAugenblick lang war es so wie früher zwischen ihnen – er und sie gegen den Rest derWelt. Dieses große, dumme Haus war genau dasselbe, das es gewesen war, bevor sichAnnabel und Roger getrennt hatten: Erkerfenster, Parkettfußboden, und Jamie und Mae waren laut und verrückt genug, um die exklusive, teure Stille zu übertönen.
    Â»Wo haben Sie denn tanzen gelernt?«, begann Jamie ihr Spiel.
    Â»In einer Cowboybar imWildenWesten«, erwiderte Mae. »Die Jungs konnten zwar einer Flasche auf hundert Schritt den Hals wegschießen, aber meineTänze waren zu gefährlich für sie.Am Ende musste mich der Sheriff aus der Stadt verweisen.«
    Jamie ließ sie so tief niedersinken, dass ihre Haare den Boden berührten. Doch die elegante Bewegung wurde leicht beeinträchtigt, da er fast das Gleichgewicht verlor und sie auf den Hintern plumpsen ließ. Er stolperte und sie packte sein Hemd und zog sich daran hoch, bis sie wieder aufrecht stand.
    Atemlos zog Mae dieAugenbrauen hoch. »Und wo hast du tanzen gelernt, Seemann?«
    Â»Oh, ich habe tanzen gelernt, als ich in Madame Mimseys exklusivem Mädchenseminar ein Spitzenkleidchen trug. Sie hielten mich für ein gutes Mädchen«, meinte Jamie fröhlich. »Mit beidem hatten sie unrecht.«
    Er hielt die Hand unter ihren Ellbogen, fürsorglich, als fürchte er, sie würde wieder stürzen. Nachdem sie eineWeile schweigend getanzt hatten, sagte er: »Stimmt etwas nicht? Ich habe das Gefühl, als würdest du mir etwas verschweigen.«
    Mae holte tief Luft. In dem Moment öffnete sich dieTür mit leisem Knarren.
    Als sie ihre Mutter in derTür stehen sahen, fuhren sie auseinander.
    Annabel Crawford war so klein wie Mae und Jamie, und sie war schlank, da sie nie etwas anderes aß als Salat. Ihr Haar war zitronenblond und ihreAugen blassgrün, nicht wie Smaragde, eher wie altmodische Seife.Wenn sie nicht immer so perfekt aussehen würde – durchgestylt und die Haare so glänzend, dass sie lackiert zu sein schienen –, hätte sie verwaschen und unauffällig gewirkt. Doch ihreAufmachung verlieh ihr einen eisigen Glanz, der auffälliger

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