Der Verrat
Bankside endlich ein fünfstöckiges Parkhaus, in dessen viertem Stock sie denWagen abstellten.
Mae war erleichtert, aus demAuto steigen zu können, in dem sie gerade Stunden mit einem Jungen verbracht hatte, der sie um ein Date gebeten hatte, und einem, der ihr gesagt hatte, dass er es nie tun würde.
Ganz zu schweigen von ihrem Bruder, der offensichtlich nicht mehr mit ihr sprach. Jamie wich ihrem Blick aus und hielt sich dicht anAlan, als sei dieser sein einzig möglicherVerbündeter in der ganzen Gruppe.
Die Messerwerf-Aktion, bei der sich Jamie und Nick hätten näherkommen können, war offenbar kein durchschlagender Erfolg gewesen. Nick stand abseits und schien sich für dieWelt imAllgemeinen nicht sonderlich zu interessieren.
Maes Gummisohlen quietschten auf dem Betonboden, als sie durch die öligen Pfützen des Parkhauses ging. Die StraÃen um dieTate Modern waren eng und die Ziegel der Gebäude hatten verschiedene Schattierungen von Gelb und Braun. Sie ging nach Norden auf die Brücke zu und hielt sich selbst davon ab, zurückzusehen.
Kurz vor dem roten Ziegelhof des Museums holten die anderen sie ein und gingen eine der beiden stählernen Schrägen hinauf, die zur Brücke führten.
Dort erlaubte sie sich einen Seitenblick auf ihre Gefährten und fragte sich, wie es Jamie wohl ging. Er sah ein wenig angespannt aus, aberAlan kümmerte sich um ihn. Er hatte Jamie die Hand auf die Schulter gelegt und redete mit seiner lieblichen, beruhigenden Stimme auf ihn ein, bei der es egal war, was er sagte, weil jede Silbe wie eine sanfte Berührung war â so wie jemand ein verängstigtesTier mit liebevollen, sicheren Händen streichelt.
»Das hier war die erste bedeutende Hängebrücke derWelt«, erklärteAlan. »Sie sollte wie ein stählernes Band aussehen, eine Klinge aus Licht und â¦Â« Seine Stimme wurde ein wenig wärmer, amüsiert und liebevoll. »Ich bin sicher, meinVortrag überArchitektur undTechnik fasziniert dich auÃerordentlich.«
»Faszinieren ist vielleicht zu viel gesagt«, meinte Jamie und zeigte seine Grübchen. »Aber es beruhigt mich ein wenig.«
»Ich habe gehört, dass viele MenschenTechnik beruhigend finden«, erwiderteAlan lächelnd.
»Eine Klinge«, sagte Nick hinter ihnen und maà die Brücke mit einem anerkennenden Blick.
»Und schon bin ich wieder beunruhigt«, stellte Jamie fest. »Vielen Dank auch.Warum muss es bei dir eigentlich immer um spitze tödlicheWaffen gehen, Nick?«
»Willst du, dass ich anfange, Leute mit stumpfenWaffen umzubringen?«, fragte Nick. »Na gut, wenn dich das glücklich macht.«
Er hielt sich mit so starkem Griff am Geländer aus Glas und Stahl fest, dass seine Knöchel weià hervortraten. Bei Nick war so etwas zwar schwer zu sagen, aber Mae glaubte, dass seine Stimme schärfer klang als sonst.
»Alles in Ordnung?«
»Bestens«, stieà Nick so heftig hervor, dassAlan sich umdrehte.
»Ist es das flieÃendeWasser?«, fragte er und klang wieder so, wie er früher mit seinem Bruder geredet hatte â bevor Nick in einerWolke aus Magie undWut aus einem Dämonenzirkel hervorgegangen war.
Nicks verspannte Schultern lockerten sich ein wenig. »Nein. Ich fühle mich schon seit einiger Zeit so komisch.«
Alan lief langsamer, sodass Nick zu ihm aufschlieÃen konnte. »Warum hast du mir nichts davon erzählt?«
Nick zuckte dieAchseln.Alan sah ihn prüfend an, als erwarte er, in seinem Gesicht irgendetwas ablesen zu können.
»Wenn ich dich fragen würde, ob du lieber zumAuto zurückgehen und diesmal einfach nur auf uns warten willst, würdest du mich albern nennen, nicht wahr?«
»Genau«, bestätigte Nick ein wenig sanfter. »Albern.«
Mae hörte nicht mehr zu und sah nach vorne, nur um festzustellen, dass Jamie lieber allein weitergegangen war, als neben ihr zu laufen.
Hinter Jamies geradem, schmalem Rücken sah sie London glitzernd vor sich ausgebreitet, die gläsernen Häuserfronten und Neonlichter warfen ihren Glanz auf den dunklen Fluss. In der aufziehenden Dämmerung wurde die weiÃe Kuppel von St. Paulâs langsam grau.
Auf der schmalen Stahlbrücke war niemand auÃer den Magiern zu sehen.
Der Zirkel desAventurin musste eineArt »Ihr nehmt uns nicht wahr und kommt nicht hierher«-Zauber ausgesprochen haben. Die Londoner Pendler
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