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Der verruchte Spion

Der verruchte Spion

Titel: Der verruchte Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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bisschen besser gekleidet wäre. Seine einst feine Kleidung war fleckig und fadenscheinig, das Haar fiel ihm strähnig ins Gesicht. Dennoch kam er Willa irgendwie bekannt vor.
    Wenn ihr Herz nicht jagen würde wie die Hufe eines durchgehenden Pferdes, würde sie sich vielleicht daran erinnern, wo sie ihn oder jemanden, der ihm sehr ähnlich sah, schon einmal gesehen hatte.
    »Das Gerücht stimmt also – er liebt Euch kaum«, sagte der Kerl mit einem hämischen Grinsen. »Ich habe gehört, Ihr hättet ihn mit einem Stein zu Fall gebracht, als er an Euch vorbeigeritten ist.«
    Trotz ihrer Angst war Willa völlig verwirrt. Sogar die Schurken kannten ihre Geschichte? »Irgendwer sollte seinen frechen Mund halten!«, murmelte sie.
    »Ja, Ihr!«, schnauzte der Mann sie an. »Jetzt sagt mir, wo das verdammte Buch ist!«
    »Natürlich.« Willa seufzte. »Das ist es, was Ihr alle wollt. Das verdammte Buch.« Sie verschränkte die Arme, um das Zittern ihrer Hände zu verbergen. »Ich hab’s aber nicht.«
    Der Mann schaute sie finster an. »Oh, doch. Das habt Ihr. Ich habe gehört, wie Ihr und das alte Huhn da darüber gesprochen habt, als Ihr den Flur herunter kamt.«
    Mist. Sie hatte ziemlich laut gesprochen, aus Höflichkeit Myrtle gegenüber. Oje. Myrtle hatte sich noch keinen Zentimeter bewegt. Willa wurde flau. Wenn dieser Taugenichts Myrtle getötet hatte …
    »Das Buch!« Der Kerl trat näher. Willa wich rasch zurück.
    »Ich sage Euch doch, es ist nicht hier. Nicht in diesem Zimmer.« Ihr Magen drehte sich vor Angst um. Nathaniel war weggegangen – aber er hatte gesagt, er würde in seinen
Klub gehen, dabei wartete Lord Liverpool unten auf ihn. Das konnte nur bedeuten, dass er ihr Zeichen verstanden hatte, nicht wahr? Er würde kommen. Sie musste nur dafür sorgen, dass der Typ hier weiterredete, bis … Wenn nun Nathaniel aber etwas passierte?
    Willa wollte lieber selber sterben, als dass Nathaniel irgendetwas zustieß. Und doch wollte sie nicht sterben. Sie wollte leben. Jetzt. Hier. Mit Nathaniel.
    Gerade als sie so nahe dran war, ihr Ziel zu erreichen, erschien dieser Kerl und ruinierte alles! Willa hatte unbeschreibliche Angst, aber sie war in noch höherem Maße zornig.
    Er hob die Waffe und zielte jetzt auf ihr Gesicht. Willa war sich sicher, dass sie sich jeden Augenblick übergeben musste. »Ich habe ewig Zeit, wisst Ihr«, sagte er mit seidiger Stimme. »Ich muss nirgendwo hin, bevor ich nicht das Buch habe. Warum vergnügen wir uns nicht ein bisschen, während Ihr darüber nachdenkt?« Er schaute sie auf eine Art lüstern an, die ihr Angst machen sollte.
    Glücklicherweise war das Willas geringste Furcht. Sie schnaubte. »Nicht, wenn Euch Euer Leben lieb ist.« Sie machte sich nicht die Mühe, die Sache mit dem Fluch zu erklären. Sollte er es doch selbst herausfinden. »Wer seid Ihr?« Wenn sie schon getötet würde, dann wollte sie doch wenigstens wissen, von wem. Der Mann grinste nur. »Ihr habt mich niemals kommen gesehen, nicht wahr?«
    Willa dachte nach. »Nun, doch, eigentlich schon. Ihr seid mir durch halb England gefolgt, verzweifelt auf der Suche nach dem Tagebuch meines Großvaters. Ich muss schon sagen, Ihr seid reichlich unfähig.«
    »Genug!«, zischte der Mann. Er war bleich und seine Hände zitterten. Außerdem sah er wütend aus, wahrscheinlich weil sie ihm den Augenblick verdorben hatte, in dem er sich ihr offenbaren wollte.

    »Ihr habt wahrscheinlich auch Sir Foster dazu angestiftet, hier Feuer zu legen«, murmelte sie.
    »Seid ruhig!«, schrie der Mann.
    Oje. Sie ging ihm auf die Nerven. So etwas passierte ihr immer wieder. Viele Männer machten ein unnötiges Geheimnis um das Offensichtliche. Und sie fühlte sich verpflichtet, sie darauf hinzuweisen.
    Die meisten kamen damit eher schlecht zurecht.
    Dieser Herr hier war keine Ausnahme. Seine glatte Selbstsicherheit war wie weggewischt. Er richtete immer noch die Pistole auf sie und machte ein paar Schritte vom Fenster fort. »Kommt«, sagte er und winkte ihr mit der Waffe.
    »Ich bezweifle ernsthaft, dass ich das tun werde«, sagte Willa mit Grabesstimme und machte dann zwei eilige Schritte rückwärts. »Ich denke, dass meine Chancen zu überleben hier drüben sehr viel besser sind.« Sie legte den Kopf schief und musterte ihn scharf. »Ich denke darüber nach, wie wahrscheinlich es ist, dass Ihr mich verfehlt.«
    Fassungslose Wut spiegelte sich in den Gesichtszügen des Mannes wider. »Das könnt Ihr nicht tun!«
    Willa lächelte.

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