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Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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flüsterte:
    »Wetten, daß wir ihn da droben finden werden und daß er die Kugeln im Leib hat, die aus dieser Pistole verschossen wurden?«
    »Ja«, sagte ich. »Wetten wir. Ich behaupte, daß er nicht droben ist.«
    Bray starrte mich verblüfft an, dann wandte er sich an Walsh: »Können Sie hier aufschließen?«
    Walsh nickte und suchte aus seinem Schlüsselbund einen großen Schlüssel heraus. Er schloß die Haustüre auf, wobei er erklärte:
    »Hier unten sind nur die Büros. Jimmy wohnt im ersten Stock.«
    Wir gingen hinauf, und Walsh versuchte, mit einem Universalschlüssel die Wohnungstüre zu öffnen, aber es gelang ihm nicht.
    Ich schob ihn zur Seite und machte die Tür auf, die gar nicht verschlossen gewesen war. Wir traten ein.
    In dem kleinen Korridor roch es muffig, als ob hier selten gelüftet würde.
    »Ist er Junggeselle?« fragte Bray .
    »Geschieden«, sagte Walsh. »Früher lebte er hier mit seiner Frau, aber im vorigen Jahr ist er geschieden worden. Die Frau ist weggezogen.«
    Wir blickten in die Küche, wo eine Menge unsauberes Geschirr herumstand. Es roch nach kaltem Rauch und nicht mehr frischen Speisen.
    Auch im Wohnzimmer herrschte ziemliche Unordnung. Auf dem Tisch, der mit weißem Wachstuch bedeckt war, standen zwei übervolle Aschenbecher, ein leeres Glas und eine leere Bierflasche.
    Ein kratzendes Geräusch aus einer Zimmerecke ließ uns aufhorchen. Dort stand ein großes, modernes Radio, dessen Skala beleuchtet war. Bray ging hin, legte seine Hand auf das Gehäuse und stellte den Apparat ab. Die eingestellte Station hatte um diese Zeit Sendepause.
    »Wollen Sie hier warten, bis er kommt?« fragte Walsh.
    »Nein«, entschied Bray . »Ich möchte auch noch das Bad und das Schlafzimmer sehen.«
    Das Badezimmer war nur insofern bemerkenswert, als die weißen Kacheln über der Badewanne mit Pin-up-Girls und gewagten Aktfotografien dicht beklebt waren. Ich wußte zwar nicht, weshalb Hankocks Frau sich hatte scheiden lassen, aber ich konnte mir nun immerhin einiges denken.
    Im Waschbecken klebten dunkelbraune Bartstoppeln; die Zahnbürste sah aus, als habe sie mindestens zwanzig Jahre Dienstzeit hinter sich.
    Wir fanden Hankock , weder tot noch lebendig, auch nicht in seinem Schlafzimmer. Hier stand ein breites zerwühltes Doppelbett, an dem man nicht feststellen konnte, ob Hankock in dieser Nacht schon einmal drin gelegen hatte oder nicht. Sehr viel Geld für die Wäscherei schien er nicht auszugeben.
    Manchmal hat man gewisse Ahnungen, und eine solche Ahnung sagte mir, daß der Hausmeister die Stunden zwischen seinen dienstlichen Rundgängen irgendwo in der Nähe in einem warmen Bett verbrachte, ohne dabei völlig allein zu sein. Wahrscheinlich riefen die Bilder im Badezimmer diese Ahnung in mir wach, und Hankock hätte sich wohl sehr über unsere Besorgnis gewundert. Dann aber überlegte ich mir wiederum, wer mit Murchisons Pistole — wenn es seine war! — vor so kurzer Zeit geschossen haben konnte.
    Wieder einmal schien Bray den gleichen Gedanken zu haben. Im trüben Licht der Korridorbeleuchtung wickelte er die Pistole aus der Tasche und nahm das Magazin heraus.
    »Zwei Schuß fehlen«, sagte er und roch nochmals am Lauf. »Ich würde sagen«, fuhr er fort, »daß sie vor etwa zwei Stunden abgefeuert worden sind. Wer hat sie auf wen verballert?«
    Walsh stand dabei und sah interessiert zu, wie Bray das Magazin wieder hineinschob, die Waffe ins Taschentuch wickelte und einsteckte.
    »Haben Sie es heute nacht irgendwann mal schießen hören?« fragte Bray .
    Der Inspizient antwortete nicht gleich; er schien zu überlegen. Dann sagte er:
    »Nein. Wir, meine Frau und ich, sind gegen zwölf Uhr zu Bett gegangen. Ich habe nichts gehört. Meine Frau sicherlich auch nicht, da sie sonst mit mir darüber gesprochen hätte. Wollen Sie nun hier warten, bis Jimmy kommt?«
    Bray schüttelte den Kopf.
    »Nicht nötig, Mister Walsh. Vermutlich wird er nicht viel sagen können, und ich werde morgen sowieso mit ihm sprechen müssen. Sie brauchen ihm nicht zu sagen, daß wir hier drin waren.«
    »Selbstverständlich, selbstverständlich!« sagte Walsh eifrig.
    Wir gingen wieder hinunter, verabschiedeten uns von Walsh und schlenderten zu unserem Wagen.
    »Ist mir lieber so«, sagte Bray und gähnte. »Morgen ist auch noch ein Tag. Murchison reicht mir für heute nacht .«
    Wir kamen an Hankocks Buick vorbei, und ich warf einen Blick durch das offene Fenster, während Bray weiterging.
    »Kommen Sie doch mal

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