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Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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hergeschickt? May Wilson sagte mir, sie habe Sie noch niemals gesehen, und sie schulde Ihnen auch keine hundert Dollar. Für wen sollten Sie heute die Kastanien aus dem Feuer holen?«
    Er machte plötzlich einen langen Satz und rannte zwischen den parkenden Wagen hindurch. Ich rannte ihm nach. Er war flink wie ein Wiesel, und auf dem Parkplatz war nicht viel Licht. Ich verlor ihn aus den Augen.
    Ich rief den Parkwächter, und wir machten uns gemeinsam auf die Suche.
    Wir entdeckten ihn in einer schwarzen Chrysler-Limousine, wo er sich auf den Boden gekauert hatte.
    »K.o. in der vierten Runde«, sagte ich und zog ihn heraus. Dann wandte ich mich an den Parkwächter:
    »Holen Sie bitte die Polizei.«
    Der Wächter lief davon, und ich sagte zu dem Jungen:
    »Jetzt habe ich auch noch einen soliden Haftgrund und einen Zeugen dafür: versuchter Diebstahl aus einem parkenden Auto. Das reicht für eine Weile.«
    »Ich heiße Murray, Nat Murray«, sagte er kleinlaut. »Ich möchte nichts mit der Polizei zu tun haben. Ich sage Ihnen, was ich weiß.«
    »Dann müssen wir uns beeilen«, sagte ich, »die Cops werden gleich da sein.«
    Wir gingen auf der anderen Seite um den Block herum zu meinem Wagen. Unterwegs sprachen wir nichts, aber als wir in meinem Wagen saßen und die Polizeisirene nicht weit von uns vorbeiheulte, begann Nat Murray zu singen:
    »Ich war am Montag in Beverly Hills auf der Schauspielerbörse. Ich habe nämlich zur Zeit kein Engagement. Da kam einer und sagte, ich könnte mir zwanzig Dollar verdienen, Wenn ich heute abend in den >Blauen Papagei< ginge und die Sache mit dem Schuldschein machte. Den Schein wollte er am nächsten Montag auf der Börse abholen. Ich hatte zuerst keine Lust, aber zwanzig Dollar sind viel Geld, wenn man völlig pleite ist.«
    »Okay — wie sah der Kerl aus?«
    Er beschrieb ihn mir, aber es war eine Beschreibung, mit der ich nichts anfangen konnte. Ich ließ den Motor anspringen.
    »Wohin fahren Sie jetzt?« fragte er.
    »Zur Polizei«, sagte ich.
    »Aber... aber Sie versprachen doch, Sie würden mich laufenlassen, wenn...«
    »Wenn alles stimmt, ja. Aber vorerst weiß ich das noch nicht, und deshalb möchte ich Sie ganz gern noch ein bißchen zur Verfügung haben. Hunger ist zwar eine verdammt unangenehme Sache, ich weiß das aus eigener Erfahrung, aber deshalb erpreßt man keine Mädchen. Und jetzt rücken Sie mal mit dem Schuldschein raus!«
    Er gab mir das Papier ohne Widerrede. Seine Hände zitterten. Er war ein Anfänger, und er tat mir beinahe leid. Ich war überzeugt davon, daß er die Wahrheit gesagt hatte.
    Ich hätte ihn beim nächsten Polizeirevier abliefern können, aber ich fuhr mit ihm nach Beverly Hills hinaus. Ich dachte mir, daß er nirgends so gut aufgehoben sein würde wie gerade dort, wo der Sheriff ein persönliches Interesse an der Sache hatte.
    Ich klingelte den Alten aus dem Bett.
    »Sperren Sie den Burschen ein, Sheriff«, sagte ich. »Er hat mit Murchisons Fotos was zu tun, aber ich weiß noch nicht genau, wieviel . Wenn es länger als vierundzwanzig Stunden dauert, bis ich was rausgebracht habe, dann behalten Sie ihn da wegen versuchten Autodiebstahls oder sonst was.«
    Ich wartete, bis der Sheriff sich angezogen hatte. Dann fuhren wir zu dritt auf die Station, wo ich meine Angaben zu Protokoll gab und unterschrieb. Sie schafften Nat Murray in eine Zelle.
    Ich erzählte dem Sheriff, was ich bei Murchison entdeckt und was sich sonst inzwischen getan hatte.
    »Sie hatten recht, Sheriff«, sagte ich zum Schluß, »als Sie sagten, Murchison sei ein Schwein. Aber er ist nicht das einzige. Es steht fest, daß er es nicht war, der die Mädchen erpreßt hat. Ich weiß nicht, wie weit Bray inzwischen gekommen ist. Ich fahre jetzt zu ihm. Hoffentlich erreiche ich ihn noch.«
    Gegen dreiundzwanzig Uhr war ich in der Spring Street. Ich fragte den Portier nach Bray .
    »Noch in seinem Büro«, sagte der Polizist. »Er hat eine Vernehmung.«
    Ich war neugierig, wen Bray um diese Zeit noch vernahm.
    Während ich mit dem Lift hinauffuhr, wurde mir plötzlich ganz elend bei dem Gedanken, Bray könne den Mörder schon gefaßt haben. Dann wäre meine ganze Plackerei für die Katz gewesen.
    Er war allein in seinem Büro und saß in Hemdsärmeln an seinem Schreibtisch. Auf dem Tisch stand eine halbe Flasche > Three Roses<-Whisky.
    »Jawohl«, sagte ich und deutete auf die Flasche, »das ist genau der Stoff, den ich jetzt brauche. Kann ich ein Schlückchen haben?«
    Bray

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