Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
Vom Netzwerk:
Gelegenheit gewesen, sich zu sanieren. Wenn er statt Atropin Zyankali oder Arsenik genommen hätte, wäre sein Plan mit tödlicher Sicherheit geglückt, und wir hätten das Nachsehen gehabt. — So, und was haben Sie rausgebracht?«
    »So gut wie nichts«, sagte ich. »Ich hatte eine ganz andere Richtung eingeschlagen, offenbar aber die falsche. Haben Sie Eddie Cooper schon festgenommen?«
    Bray nickte müde.
    »Ja, heute nachmittag . Er war in Pasadena. Das Stück ist übrigens abgesetzt worden; sie spielen jetzt was anderes.«
    »Hat er gestanden?«
    »Nein. Noch nicht. Er behauptet, daß Murchison ihn wegen des Geldes nicht gedrängt habe, und er leugnet, das Gift in Murchisons Glas geschüttet zu haben. Er tut, als wisse er von der ganzen Sache nichts.«
    »Woher hatte er das Atropin?«
    Bray zuckte mit den Schultern.
    »Das hat er uns auch noch nicht verraten, aber wir werden noch draufkommen.«
    Er stand auf und winkte mir.
    »Kommen Sie mit, Tonio, wir haben ihn drüben in der Mache.«
    Wir gingen den langen Korridor entlang, der nach Bohnerwachs roch, bis zur letzten Tür. Ich kannte Bray lange und gut genug, um ihm anzusehen, daß er sich nicht ganz wohl fühlte in seiner Haut. Ich fragte ihn:
    »Sind Sie davon überzeugt, daß Eddie der Mörder ist?«
    »Zu neunzig Prozent«, sagte er. Wenn Bray sonst einen Mörder wirklich am Wickel hatte, sah er anders aus.
    »Eddie war es«, sagte ich, »der die Sache mit dem Gift aufgebracht hat. Er verlangte sogar zum Scherz Lizenzgebühren von mir, wenn ich seine Idee für einen Artikel verwenden würde. Meinen Sie nicht, der Mörder hätte den Mund gehalten?«
    Wir waren vor der Tür des Vernehmungszimmers stehengeblieben. Wieder zuckte Bray mit den Schultern.
    »Eddie ist ein intelligenter Kerl, Tonio. Gerade sein Sprechen über die Möglichkeit eines Mordes kann er als Entlastungsmoment mit einkalkuliert haben.«
    »Und warum hat er Hankock erschossen? Dazu lag doch für ihn kein Grund vor, oder?«
    »Das sind die zehn Prozent, die mir noch fehlen«, sagte Bray . »Ich weiß es noch nicht. Er hatte eigentlich keinen Grund, im Theater zu bleiben, zumal er ja das Giftfläschchen und die Scherben nicht beseitigt hat. Die einzige Erklärung ist, daß Hankock es war, der ihm das Gift besorgte.«
    Wir traten ein. Es war ein großer, kahler Raum mit weiß getünchten Wänden und einem Boden aus dunkelgrünem Linoleum. In der einen Ecke stand ein Schreibtisch, daneben ein anderer Tisch mit ein paar Stühlen. Sonst war der Raum leer, bis auf die beiden Scheinwerfer, die ihr grelles, heißes Licht auf Eddie warfen, der mitten im Raum auf einem Stuhl saß.
    Am Schreibtisch saß ein Leutnant; er hatte eine Kanne Kaffee vor sich stehen. An dem Tisch daneben, auf dem ein Tonbandgerät stand, hatten sich zwei Zivilisten hinter vollen Aschenbechern und Bierflaschen verschanzt.
    Bray und ich setzten uns schweigend an den Tisch.
    »Fangen wir wieder von vorne an«, sagte der Leutnant. Er war noch jung, hatte ein gutgeschnittenes Gesicht mit klugen Augen und einem harten Kinn.
    »Fangen wir wieder von vorne an. Was für einen Grund hatte Murchison , Ihnen dreihundert Dollar zu leihen?«
    Eddie war blaß, und seine Augen brannten fiebrig.
    »Keinen besonderen Grund«, sagte er. »Er trank viel, und wenn er zuviel getrunken hatte, wurde er protzig. Er warf dann mit Geld um sich und spielte den Wohltäter. Ich nützte einen solchen Augenblick aus.«
    »Aber er verlangte einen Schuldschein von Ihnen?«
    »Ja. Das tat er immer. Er sagte noch, er würde mir die Gage pfänden, wenn ich es ihm nicht zurückgäbe. Das haben Zeugen gehört.«
    »Wann wollte er es zurück haben?«
    »Ende dieses Monats.«
    »Wir haben heute den Neunzehnten. Hätten Sie das Geld in elf Tagen auftreiben können? Sie haben doch nur ein paar Dollar.«
    »Ich weiß es nicht. Einen Teil bestimmt«, sagte Eddie. »Ich hätte ihm einen Teil gegeben und ihn gebeten, mir für den Rest noch etwas Zeit zu lassen.«
    »Sie wußten, daß Sie es ihm nicht zurückgeben konnten. Sie haben während der Pause in eins der Fläschchen Gift, Atropin, gefüllt, und es bei Ihrem Auftritt in Murchisons Glas gegossen.«
    »Nein!« rief Eddie. »Das habe ich nicht getan. Ich habe gar nichts getan! Ich habe das Fläschchen genommen wie jeden Abend, habe meine Partie gespielt und habe ja erst hier erfahren, daß Murchison vergiftet worden ist.«
    Der Leutnant war einer von der scharfen Sorte: diese Burschen denken immer nur an ihre

Weitere Kostenlose Bücher