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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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deren Namen Ana nicht kannte. »Darna ist tot.«
    »Verriegelt die Tore!« Erys schloss den Vorhang und schlug mit der Faust gegen den Fensterrahmen. »Nur noch ein paar Tage«, sagte sie. »Mehr hätten wir nicht gebraucht.« Sie ging zur Tür. Der Ewige Gardist trat aus den Schatten hervor.
    »Wird die Wache es wagen, uns hier anzugreifen?«, fragte Ana.
    »Wenn sie genug Gierige findet, die für ein paar Münzen ihr Leben verkaufen.« Erys presste die Lippen zusammen.
    Sie sah zum Wandteppich. Unten im Hof knarrte das Tor. Pferde wieherten, Frauen redeten durcheinander.
    »Aber so weit wird es nicht kommen.« Erys' Blick hing immer noch an dem Herrscher auf seinem Thron. »Wir werden die Stadtwache angreifen und vernichten. Das hätte er …«
    Sie ließ den Satz unvollendet, aber Ana wusste auch so, was sie hatte sagen wollen: Das hätte er auch getan.
    Erys wandte sich von dem Teppich ab. »Sag mir, Ana Somerstorm: Bist du bereit, den Weg bis zum Ende zu gehen und jeden Preis zu zahlen, der erbracht werden muss, um dein Erbe anzutreten?«
    Erys sah sie an. In ihrem Blick lag etwas Feierliches, so als sei die Antwort von großer Bedeutung für sie.
    »Das bin ich.« Ana versuchte, ihrer Stimme die gleiche Feierlichkeit zu verleihen. »Ich werde alles tun, um Somerstorm zurückzuerobern, und ich werde unser Abkommen auf ewig ehren.«
    Halb erwartete sie, dass Erys sie umarmen oder ihre Hand schütteln würde, aber Erys nickte nur und ging zur Tür. »Gut, denn es werden viele Menschen sterben müssen, damit du und ich bekommen, was wir wollen.«

 
Kapitel 15
     
    Gomeran ist eine unbedeutende Stadt mit einem unbedeutenden Hafen und einer unbedeutenden kleinen Festung. Trotzdem ist sie fast jedem vertraut, denn es war dort, dass Mugar der Blinde zu seinem Namen kam und die Geschichte der vier Königreiche ihren Anfang nahm.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 1
     
    Er ging nur nachts nach draußen.
    Wenn die letzten Fischerboote in den Hafen eingelaufen waren und die Stadt zur Ruhe kam, verließ Gerit die Kaserne und ging zum Wasser. Es gab eine kleine Bucht, nicht weit vom Hafen entfernt, in der Treibholz und andere Dinge angespült wurden, für die der Fluss keine Verwendung zu haben schien. Gerit fand Stricke, die Reste von Netzen, faulendes Leder und hin und wieder einen Kadaver. Das meiste ließ er liegen, nur ab und zu war etwas darunter, das er mitnahm und in den zerschlagenen Rumpf eines kleinen Boots am Rande der Bucht legte.
    In dieser Nacht war es eine Vogelfeder. Gerit konnte ihre Farbe nicht genau erkennen – braun vielleicht oder rot –, aber sie war so lang wie sein Unterarm und schmal. Er hob sie auf und ging am Ufer entlang, den Blick auf das Wasser gerichtet. Wellen glitten über die Steine, zogen sich zurück und kehrten wieder. Es sah aus, als würde der Fluss atmen. Eine Weile sah Gerit ihm zu, dann drehte er sich zu dem alten Fischerboot um. Es lag auf der Seite. Etwas hatte seinen Rumpf aufgerissen und den Bug zertrümmert. Er kletterte hinein, balancierte über den Kiel bis zum Heck. Dort war das Holz so fest, dass man darauf stehen konnte.
    Gerit hatte das Boot an seinem ersten Abend in Gomeran entdeckt, als er geglaubt hatte, verfolgt zu werden. Er war in seinem Rumpf eingeschlafen und erst erwacht, als Nachtschatten am Morgen nach ihm riefen. Er hatte ihnen nichts von dem Boot gesagt.
    Gerit zog eine Kerze aus der Tasche seines Umhangs und stellte sie auf ein kleines Fass. Mit einer Zunderschachtel setzte er den Docht in Brand. Die Kerze war bis auf einen kleinen Rest abgebrannt. Er hatte sich geschworen, eine Entscheidung zu treffen, bevor sie endgültig erlosch.
    Gelbes, flackerndes Licht erhellte den Bootsrumpf. Gerit hielt die Feder vor die Kerze. Sie war rot, so wie er vermutet hatte. Er wusste nicht, zu welcher Art Vogel sie gehörte. Langsam drehte er sie, dann wischte er sich die andere Hand an seinem Umhang ab und strich mit dem Finger darüber. Sie war weich, so weich wie das Kleid, das Ana an dem Abend …
    Gerit zog die Hand zurück. Die Gedanken an Somerstorm trafen ihn jedes Mal unerwartet. Sie waren häufiger geworden, seit er die Armee der Nachtschatten verlassen hatte, und lebendiger. Er mochte sie nicht.
    Er legte die Feder auf das Fass, neben einen Mäuseschädel, einen Holzwürfel mit merkwürdigen Symbolen und eine verrostete Münze. Mit dem Rücken lehnte er sich an die Bootswand, mit dem Umhang deckte er sich zu, bis

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