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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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ging in den Garten. »Los jetzt, auf die Knie. Du musst beten, vielleicht werden die Götter des Flusses dir dann die Gnade erweisen, dich niederzustrecken. Bete um den Tod, Hetie! Er ist alles, was uns noch bleibt.«
    Hetie legte das Netz in den Sand und kniete nieder. Ihre Mundwinkel zitterten, als müsse sie weinen, aber in ihren Augen schimmerten keine Tränen.
    Ana wollte sich abwenden, als Marta sagte: »Ihr könnt gern mit uns zusammen beten, Herrin. So nahe am Großen Fluss ist der Weg zu den Göttern kurz. Sie sehen und hören Euch hier besser als an jedem anderen Ort.«
    Für einen kurzen Augenblick spürte Ana den kalten Wind Somerstorms. Sie machte einen Schritt zurück in den Stall, unter ein festes Dach, durch das die Götter sie nicht sehen konnten.
    »Nein, ich muss mit Erys sprechen«, sagte sie ein wenig zu schnell. Innerlich lachte sie über sich selbst. Die boshaften Götter Somerstorms, an die weder ihr Vater noch ihre Mutter je geglaubt hatten, waren weit weg. Sie konnten ihr nichts anhaben.
    Trotzdem hielt sie sich im Schatten der Stallungen, als sie zu Erys hinaufging.
    Die Tür stand offen. Hinter zugezogenen Vorhängen saß Erys im Halbdunkel an einem Tisch. Ein Holzbrett mit Obst stand vor ihr, »Komm rein«, sagte sie. »Schließ die Tür.«
    Ana zog die Tür hinter sich zu. Die Kampfgeräusche wurden leise und dumpf. Durch das Fenster wehten Heties und Martas betende Stimmen in den Raum.
    Erys legte den Kopf schräg. »Hörst du sie beten?«
    »Sie bitten die Flussgötter um den Tod.« Ana stand im Raum, und ihr Blick glitt zu dem Wandteppich, zu dem Gesicht in den Schatten und dem Roten König.
    »Ein Mädchen, so hübsch und bescheiden wie Hetie, sollte keine Angst vor der Sklaverei haben«, sagte Erys. Sie nahm eine Apfelmelone und schnitt mit dem Messer hinein. Roter Saft floss über das Holzbrett. »Sie wird nicht auf dem Feld alt werden«, fuhr sie fort. »Irgendein reicher Bauer wird sich ihrer annehmen, sie vielleicht sogar an seinen Sohn geben.«
    Sie ließ die Melone los. Wie eine Blüte öffnete sie sich. »Martas Angst hingegen kann ich verstehen. Wenn sie sich weiter so verhält, wird ihr neuer Besitzer ihr die Zunge abschneiden. Vielleicht sollte ich Purro darum bitten, dann können wir einen höheren Preis für sie verlangen. Möchtest du ein Stück Melone?«
    Ana betrachtete die roten Melonenstücke in ihrem zähflüssigen Saft und schüttelte den Kopf. Sie war nicht mehr hungrig. Dann sagte sie:
    »Du wolltest mich sprechen?«
    Erys schob das Brett beiseite. »Das Fährschiff aus Westfall hat im Morgengrauen angelegt.«
    Ana spürte einen Stich im Magen. Sie versuchte, sich ihre Aufregung nicht anmerken zu lassen. »Wann gehen wir an Bord?«
    »Die Arbeiter werden zwei bis drei Tage brauchen, um das Schiff zu entladen und wieder zu beladen.« Erys stand auf, trat an ein Fenster und schob den Vorhang aus Lumpen zur Seite. Sonnenstrahlen erhellten ihr Gesicht.
    Der Schatten eines Vogels glitt darüber und verschwand. »Willst du mich vorher noch etwas fragen?«
    »Was denn?« In Gedanken war Ana bereits auf dem Flussschiff und fuhr Westfall entgegen.
    »Vielleicht über den Roten König? Bist du nicht neugierig?«
    Ana warf einen Blick auf den Wandteppich. Seit sie wusste, wer der Mann darauf war, war ihr der Teppich unheimlich. »Ich dachte, du würdest nicht darüber reden wollen. Du warst seine Sklavin. Was hättest du schon gegen ihn unternehmen sollen?«
    Erys ließ den Vorhang fallen. Ärger gab ihrer Stimme einen beißenden Klang. »Es gab mehr als eine Seite in diesem Krieg. Und nicht alle, die auf seiner standen, waren dort aus Zwang.« Sie drehte sich um. »Du bist wohl zu jung, um das zu verstehen.«
    »Nein.« Ana schüttelte den Kopf. »Meine Eltern haben mir alles über den Krieg erzählt. Ich weiß, was passiert ist und was der Rote Kö…«
    Hufschlag und laute Rufe aus dem Hof unterbrachen sie. Erys fuhr herum und riss den Vorhang wieder zur Seite. Ana trat neben sie. Mehrere Frauen waren durch das Tor in den Hof geritten. Eine von ihnen lag quer auf dem Rücken ihres Pferdes. Pfeile steckten in ihrem Hals und ihrem Kopf. Blut färbte die Flanken des Tiers rot.
    »Erys!« Nilay, die auf einem anderen Pferd saß, riss sich das Tuch vom Gesicht und sah hinauf zum Fenster. »Das Fährschiff ist voller Waffen und Gold für die Stadtwache. Sie haben uns auf dem Marktplatz angegriffen.«
    »Sie rekrutieren Männer und riegeln den Hafen ab!«, rief eine andere,

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