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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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verschiedene Fürsten gekämpft hatte. Es fiel ihm schwer, das zu glauben.
    »Entschuldigt die Unordnung«, sagte Loreanz und sah ihn aus blutunterlaufenen Augen an. Seine Stimme klang belegt. »Ich habe die ganze Nacht gearbeitet.«
    Gerit hätte beinahe gelacht. War Loreanz wirklich ein solcher Narr, dass er glaubte, Gerit würde die Täuschung nicht bemerken?
    Er ging nicht darauf ein. »Ich brauche ein Pferd«, sagte er. »Ich werde Gomeran noch heute verlassen.«
    »Dann habt Ihr gefunden, wonach Ihr suchtet?« Loreanz schob die Papiere zur Seite. Er klang neugierig.
    »Wer sagt, ich hätte etwas gesucht?«
    »Niemand. Es war nur so ein Gedanke.« Loreanz stand auf. »Ich werde dem Stallmeister Bescheid geben. Eine Eskorte stelle ich Euch natürlich auch. Viele kann ich nicht entbehren, aber …«
    »Ich benötige keine Eskorte.«
    Loreanz sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Das kann ich nicht zulassen. Die Straßen sind gefährlich, und jeder meiner Soldaten würde sich geehrt fühlen, wenn …«
    Gerit ließ ihn nicht ausreden. Loreanz sprach wie ein Mensch, nicht wie ein Nachtschatten. Er schämte sich für den Kommandanten.
    »Dort, wo ich hingehe, wäre es zu gefährlich für sie«, sagte er.
    »Und dann wollt Ihr allein …« Loreanz unterbrach sich, nickte und fuhr leise fort: »Dann schickt Korvellan Euch also nach Süden. Ihr werdet seine Augen und Ohren sein. Was für ein kluger Stratege.« Er lächelte. »Und welch eine Ehre für Euch.«
    »Ich habe Euch nicht verraten, wohin ich gehe, und das werde ich auch nicht.« Gerit sah ihn an, als wären sie ebenbürtig. »Versteht Ihr?«
    »Das tue ich.« Loreanz streckte die Hand aus. Sein Händedruck war härter, als Gerit erwartet hatte. »Holt Eure Sachen. Das Pferd wird gleich bereitstehen.«
    »Gut.« Gerits Zimmer lag nur drei Türen weiter. Ein anderer Offizier hatte dort gewohnt, bevor die Nachtschatten gekommen und die Stadtwachen wie Tauben aus einem geöffneten Käfig in alle Himmelsrichtungen davongestoben waren. Seine Stiefel standen noch neben dem Bett, eine Pfeife lag auf dem Tisch. Gerit nahm den Stoffbeutel, in dem sich alles befand, was er besaß, zog die zu großen Stiefel an und verließ das Zimmer. Die Tür ließ er offen stehen. Ein Nachtschatten mit fast schwarzem Fell begegnete ihm auf dem Gang.
    »Gehst du?«, fragte er, als er den Beutel über Gerits Schulter sah.
    »Ja.«
    Der Nachtschatten nickte und ging weiter. Gerit hatte nicht erwartet, dass er sich verabschieden würde. Es überraschte ihn, dass der Krieger so viel Interesse aufgebracht hatte, überhaupt mit ihm zu reden.
    Loreanz wartete neben dem Fahnenmast auf ihn. Ein Stallbursche führte gerade ein Pferd heran. Zusätzlich zum Sattel trug es ein Paar Satteltaschen.
    »Vorräte«, sagte Loreanz, als er Gerits Blick bemerkte. Er tätschelte den Hals des Pferdes. »Dieser Hengst gehörte dem Kommandanten der Stadtwache. Er wird Euch gute Dienste leisten.«
    Gerit wusste, dass Loreanz das Pferd seit der Eroberung von Gomeran geritten hatte. »Danke«, sagte er und band seinen Stoffbeutel am Sattel fest, dann stieg er auf.
    Aus den Augenwinkeln sah er, wie sich die Kasernentüren öffneten und die Wachablösung heraustrat, bestehend sowohl aus Männern als auch aus Frauen, wie bei den Nachtschatten üblich.
    Gerit zögerte. Mit einigen von ihnen hatte er zusammen gegessen und auf dem Weg durch den Norden gefeiert. Er fragte sich, ob er sich von ihnen verabschieden sollte, aber sie beachteten ihn nicht, verhielten sich so, als wäre er …
    Ein Mensch , dachte Gerit.
    »Lebt wohl und viel Glück.« Loreanz reichte ihm die Zügel und trat einen Schritt zurück. Er hob die Hand, als wolle er salutieren, ließ sie dann jedoch sinken. Nachtschatten salutierten nicht.
    »Lebt wohl«, sagte Gerit und zog sich die Kapuze seines Umhangs über den Kopf.
    Langsam ritt er über den Exerzierplatz und durch das offene Tor. Die Wachen sahen noch nicht einmal auf. Er ließ die Kaserne hinter sich und wandte sich nach Westen, auf den Rand der Stadt zu. Dort verlief die große Handelsstraße, verband die Provinzen des Nordens mit den Städten und eisfreien Häfen des Südens.
    Gerit ritt an Ochsenkarren und Lastenträgern vorbei. Die Sonne, die sich in seinem Rücken über den Fluss erhob, warf lange, verzerrte Schatten und tauchte die Gassen in ein orangefarbenes Licht. As Gerit sich umdrehte und einen Blick zurück zur Kaserne warf, blendete ihn der Schein der Sonne, und er musste

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