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Der verzauberte Turm

Der verzauberte Turm

Titel: Der verzauberte Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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sterben!« Elric versuchte seinen Zorn zu bezwingen.
    Wieder lächelte sie. »Wie du willst.«
    »Du meinst, das Schicksal manipuliert mich dermaßen, daß ich nicht einmal sterben könnte, wann ich wollte?«
    »Die Antwort solltest du bei dir selbst suchen.«
    Elrics Gesicht war umwölkt vor Verwirrung und Verzweiflung. »Was lenkt mich denn? Und zu welchem Ziel?«
    »Das mußt du selbst herausfinden.«
    »Du willst, daß ich gegen das Chaos antrete? Dabei hilft das Chaos, und ich habe Arioch Treue geschworen.«
    »Aber du bist ein Sterblicher - und Arioch hilft dir in letzter Zeit nur sehr zögernd. Vielleicht, weil er ahnt, was die Zukunft bringt.«
    »Was weißt du von der Zukunft?«
    »Wenig - und was ich weiß, darf ich dir nicht verraten. Ein Sterblicher darf sich aussuchen, wem er dient, Elric.«
    »Ich habe gewählt. Ich habe das Chaos gewählt.«
    »Und doch geht deine Melancholie zu einem großen Teil darauf zurück, daß du dir in deiner Loyalität uneins bist.«
    »Auch das ist richtig.«
    »Außerdem würdest du nicht für die Ordnung eintreten, wenn du gegen Theleb K'aarna kämpftest - du würdest lediglich ein Wesen angreifen, dem das Chaos hilft -, und die Angehörigen des Chaos streiten sich doch auch oft untereinander, nicht wahr?«
    »Allerdings. Es ist außerdem allgemein bekannt, daß ich Theleb K'aarna hasse und ihn vernichten will, ob er nun der Ordnung oder dem Chaos dient.«
    »Aus diesem Grunde wirst du jene, denen du treu ergeben bist, nicht ungebührlich erzürnen -wenn sie dir künftig auch nur widerstrebend helfen würden.«
    »Erzähl mir mehr von Theleb K'aarnas Plänen.«
    »Das mußt du dir selbst anschauen. Dort ist dein Pferd.« Sie hob den Arm, und schon sah Elric die goldene Stute hinter einer Düne hervorkommen. »Reite nordöstlich wie schon gestern, aber nimm dich in acht, damit Theleb K'aarna nicht auf dich aufmerksam wird und dir eine Falle stellt.«
    »Was ist, wenn ich nun lediglich nach Tanelorn zurückkehre - oder es vorzöge, noch einmal sterben zu wollen?«
    »Aber das wirst du doch nicht, Elric, oder? Du hast Verpflichtungen gegenüber Freunden. Tief im Herzen möchtest du dem dienen, was ich darstelle - und du haßt Theleb K'aarna. Ich glaube nicht, daß du jetzt sterben möchtest.«
    Er runzelte die Stirn. »Wieder einmal belasten mich unerwünschte Verantwortungen, bin ich eingeengt durch Rücksichten, die nicht meinem Wollen entspringen, gefesselt in Gefühlen, die wir Melniboneer von der Erziehung her ablehnen. Ja - ich gehe, Myshella. Ich tue, was du willst.«
    »Sieh dich vor, Elric. Theleb K'aarna hat nun Kräfte, die dir fremd sind, gegen die du kaum ankommen wirst.« Sie blickte ihn eindringlich an, und plötzlich trat er vor, umarmte und küßte sie, während ihm Tränen über das weiße Gesicht strömten und sich mit den ihren vermengten.
    Später sah er zu, wie sie in den Onyxsattel des Vogels aus Silber und Gold stieg und einen Befehl rief. Die Metallflügel schlugen laut krachend, die Smaragdaugen drehten sich herum, und der juwelenbesetzte Schnabel öffnete sich. »Leb wohl, Elric«, sagte der Vogel.
    Myshella aber sagte nichts, blickte nicht einmal zurück.
    Nach kurzer Zeit war der Metallvogel ein Lichtfleck am blauen Himmel, und Elric hatte sein Pferd nach Nordosten herumgerissen.

Drittes Kapitel
    Die durchbrochene Barriere
    Elric zügelte sein Tier im Schutz einer Felsspitze. Er hatte das Lager Theleb K'aarnas gefunden. Ein großes Zelt aus gelber Seide war im Schutz eines Felsüberhangs errichtet worden, Teil einer Formation, die inmitten der Wüste ein natürliches Amphitheater bildete. Ein Wagen und zwei Pferde standen dicht am Zelt, doch diese Szene wurde von dem Metallgebilde dominiert, das sich in der Mitte der Anlage erhob. Es war in einer gewaltigen Schale aus klarem Kristall eingeschlossen. Die Schale war beinahe kugelförmig und besaß oben eine kleine Öffnung. Die Vorrichtung selbst war seltsam asymmetrisch. Sie besaß zahlreiche gekrümmte und eckige Oberflächen, die Myriaden von halb ausgebildeten Gesichtern, Umrisse von Tieren und Gebäuden, illusionäre Verzierungen zu enthalten schienen, Wahrnehmungen, die da kamen und gingen, während Elric hinschaute. Eine Fantasie, die noch grotesker war als die von Elrics Vorfahren, hatte diese Struktur geformt, hatte Metalle und andere Substanzen verbunden, die nach der Logik nicht miteinander verschmolzen werden konnten. Eine Schöpfung des Chaos, die einen Hinweis darauf bot, wie das

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