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Der Veteran: Roman

Titel: Der Veteran: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith , Bernhard Kempen
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Kabels hoch, das mit dem Würfel verbunden war. Ich zog einen rostigen Klappstuhl zur Bank herüber und setzte mich neben ihn.
    »Lass dir ruhig Zeit«, sagte der Vikar. »Deine Hure kann einen Teil deiner Schulden bei mir abarbeiten.«
    »Ich glaube kaum«, sagte ich, und selbst in meinen Ohren klang meine Stimme kalt.
    »Mir macht es nichts aus«, sagte Morag zaghaft.
    Ich warf einen Blick zu ihr hin und sah dann wieder den lüstern grinsenden Vikar an. »Aber mir«, sagte ich. »Vikar.« Er reagierte nicht. »Vikar«, wiederholte ich lauter und griff mit meiner kybernetischen rechten Hand nach seinem Arm, wobei ich etwas zu viel Druck ausübte. Sein Kopf fuhr zu mir herum. Warum tat ich das? Sie war eine Nutte. Für mich machte es doch überhaupt keinen Unterschied, wenn sie mit dem Vikar ging. »Ich bin dir dankbar für das, was du für uns getan hast, wirklich, aber wenn du sie auch nur mit einem Finger anrührst, ziele ich mit dem Laser zwischen deine Beine. Hast du mich verstanden?«
    Er sah mich mit funkelnden Augen an und wandte sich wieder Morag zu.

    »Und ich habe ihr Zeit gegeben, dass sie sollte Buße tun für ihre Hurerei; und sie tut nicht Buße«, fuhr er sie an. »Siehe, ich werfe sie in ein Bett und die mit ihr die Ehe gebrochen haben in große Trübsal, wo sie nicht Buße tun für ihre Werke, und ihre Kinder will ich zu Tode schlagen.«
    Morag sah aus, als wollte sie in Tränen ausbrechen.
    »Hör auf damit!«, sagte ich zu ihm.
    Sie stand verschüchtert in ihrer Arbeitskleidung da. Der Vikar starrte sie weiter an, was ihm wahrscheinlich durch die Tatsache erleichtert wurde, dass sie nicht mehr als eine Korsage, zerrissene Netzstrümpfe und Höschen trug.
    »Hast du irgendwelche andere Kleidung da, die Morag anziehen könnte?«, fragte ich ihn.
    Er sah mich mit einem unangenehmen Grinsen an. »Du willst sie für dich haben, nicht wahr?«, sagte er. »Du spielst ihren Beschützer, damit du nicht für sie zahlen musst. Ist es das? Mieser Drecksack!«
    Ich war in Versuchung, ihn zu schlagen, aber wir brauchten ihn noch. Ich beugte mich zu ihm rüber, nahe genug, um seine Zahnfleischerkrankung riechen zu können. »Kleidung«, wiederholte ich.
    Der Vikar führte Morag zu einem Haufen gespendeter Altkleider, die er für seine Gemeinde bereithielt. Danach stöpselte er mich ein.
     
    Ich hatte das vertraute Gefühl des Schwebens und der Dislokation, des Verlusts der Empfindung meiner körperlichen Existenz. Die Software, die er benutzte, war dieselbe, die auch in den Senso-Kabinen lief. Sie sendete über mein Interface Informationen an mein Gehirn, damit sich die virtuelle Umgebung für mich real anfühlte. Es war anders als Netzlaufen - normalerweise war es völlig ungefährlich, da es Feedback-Sicherheitsroutinen gab, aber das Alien war eine unbekannte Größe. Wenn
es wirklich so hoch entwickelt war, wie der Vikar sagte, drohte mir vielleicht doch Gefahr.
    Die Umgebung baute sich um mich herum in einem Pixelnebel auf, dessen Auflösung langsam besser wurde. Es war nicht die hochauflösende, neonfarben animierte virtuelle Realität des Netzes, sondern eher die naturalistischere Welt der Senso-Software. Ich spürte, wie vertraute Stiefel in vertrauten Matsch sanken. Ich befand mich auf einer Ebene aus Matsch und war von den abgesägten Stümpfen toter außerirdischer Bäume umgeben. Ich trug volle Kampfmontur, und meine Automatikwaffe von Heckler & Koch hing horizontal vor meinem Brustkorb.
    Was zum Teufel bezweckte der Vikar damit? Ich war wieder auf Dog 4. In der Ferne leuchtete der Horizont im Artilleriefeuer. Über mir zuckten helle Lichtlanzen über den azurblauen Nachthimmel, wo unsere Flotte in hoher Umlaufbahn gegen IHRE kämpfte. Eine Gestalt kam durch den toten Wald auf mich zu. Ich versuchte sie zu vergrößern, ohne zu wissen, ob meine Optik unter den Bedingungen dieser Umgebung wie gewohnt funktionierte. Es klappte, und ich war nicht sehr erfreut, Gregor zu sehen. Auch er war in voller Kampfmontur, Brustpanzer aus gehärteter Keramik mit kinetischer Polsterung, darunter der Anzug aus reaktiver Inertpanzerung. Seine Railgun hing an seiner rechten Seite auf der gyroskopischen Lafette. Seine gesamte rechte Körperseite war eine rauchende Masse. Sie war praktisch bis auf die Knochen verbrannt. Ich legte eine Hand an mein Gesicht und rechnete damit, dass es ebenfalls verkohlt war, aber stattdessen spürte ich glatte harte Haut und subdermale Panzerung. Es war genauso wie auf Dog 4, genauso wie

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