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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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sagte der Mann. »Ich wohne im vierten Stock. Als Sie geklingelt haben, war ich gerade auf dem Weg nach unten.«
    »Stören wir?«, fragte Heide.
    »Eigentlich wollte ich vor Ihrem Besuch noch meine Runde drehen.«
    »Johan Land?«, fragte Raupach.
    Er nickte und trat beiseite. »Sollen wir nach oben gehen?«
    »Nicht nötig«, wehrte Raupach ab, »wir wollen Sie nicht von ihrem Fitnessprogramm abhalten. Wenn es Ihnen recht ist, begleiten wir Sie ein Stück.«
    »Muss das sein?«, fragte Heide und blies in ihre Hände. Eine Atemwolke hüllte sie ein. Mertens hatte ihnen nichts zum Trinken angeboten. Sie war in Stimmung für einen Kaffee.
    »Komm schon, ein kleiner Spaziergang tut dir gut. Herr Land wird sich unserer Geschwindigkeit anpassen.« Raupach wandte sich dem Mann zu. »Wohin laufen Sie?«
    »Bis zur Flora und wieder zurück.«
    Heide gab nach, sie machten sich auf den Weg. Land ging zwischen ihnen. Er war gut gerüstet gegen die Kälte. Eine Eskimomütze bedeckte seine Ohren, und seine Handschuhe bestanden wie der Rest seiner Kleidung aus Funktionsmaterial. Die langen Beine wirkten durch den eng anliegenden Stoff spindeldürr. Da seine Schultern etwas nach vorne hingen, sah er aus wie ein Fischreiher, der im seichten Wasser nach verdächtigen Bewegungen suchte. Diese Haltung kam Raupach bekannt vor.
    »Sie sind der einzige Hinterbliebene von Marta Tobisch?«, sagte Heide, obwohl sie es in der Akte nachgelesen hatte.
    Johan zögerte einen Augenblick. »Ja«, sagte er. Die Befragung begann. Es überrascht ihn, nur seine eigene Stimme zu hören.
    »Leben Sie allein?«
    »Ja.« Wie ruhig es in dem Tunnel war, dachte er. Die Stille hielt schon seit gestern Abend an.
    Heide kam gleich zum unangenehmen Teil des Gesprächs. »Wie Sie sich denken können, fehlt von dem Täter immer noch jede Spur.«
    Land sah Heide verwirrt an. Dann blickte er in den Himmel, als versuchte er, sich an etwas zu erinnern.
    »Offen gestanden sind die Aussichten sehr gering, dass wir den U-Bahn-Schubser jetzt noch finden«, fuhr sie fort. »Aber man kann nie wissen.«
    Johan schwieg. Ausgerechnet jetzt ließ Marta ihn im Stich. Er hatte die Polizisten mit Besorgnis erwartet. Angeblich kamen sie wegen einer alten Zeugenaussage. Das konnte eine List sein.
    Sie erreichten die Sankt-Marien-Kirche und bogen in die Baudristraße ab. Der Mann wollte ungern über den Mord an seiner Frau reden, vermutete Raupach. Das war ihm kaum zu verdenken. »Wir kennen uns aus Ihrer Buchhandlung«, sagte er. Nach den ersten Schritten, die sie gemeinsam gingen, war ihm wieder eingefallen, wo er Land kürzlich getroffen hatte. »Wissen Sie noch? Es ist nur ein paar Tage her.«
    »Wirklich?«, fragte Johan.
    »Ja, in der Buchhandlung«, wiederholte Raupach. »Ich war derjenige mit dem roten Buch.«
    »Ein rotes Buch«, sinnierte Johan. Es fiel ihm schwer, diesen Kommissar mit seinen Kunden zusammenzubringen. Im Alltag waren strikte Trennungen wichtig. Seine Wohnung. Der Weg zur Arbeit. Die Buchhandlung. Er stellte sich den Laden vor, ging im Geiste die Regalreihen entlang und kam schließlich zu der Stelle, an der ein rotes Buch fehlte. »Mord zwischen Messer und Gabel«, sagte er erleichtert. An seinem Arbeitsplatz wäre er binnen einer Sekunde auf den Titel gekommen.
    »Kompliment. Wissen Sie, Polizisten lesen oft Krimis. Sie machen sich darüber lustig, wie realitätsfern die meisten sind.«
    »Aha.«
    »Aber dann malen sie sich aus, wie sie selber in einem Roman handeln würden.«
    »Ist das so?«
    »Das Buch war ein Geschenk für meine Kollegin«, fuhr Raupach fort und wies auf Heide. »Das ist die Frau, die sich für Gift interessiert. Aus rein beruflichen Gründen, versteht sich.«
    »Gefällt Ihnen Ihr Geschenk?«, fragte Land.
    Heide warf Raupach einen schuldbewussten Blick zu. »Ich bin noch nicht dazu gekommen, es auszupacken.«
    »Das sieht dir ähnlich«, erwiderte Raupach. »Und wir haben uns so viel Mühe gegeben, es auszusuchen.«
    »Bist du jetzt gekränkt?«, fragte Heide.
    »Was meinen Sie?«, fragte er Land. »Sollen wir gekränkt sein?«
    Der Mann lächelte unsicher. »Heute ist der zweite Advent. Bis Weihnachten sind es noch ein paar Tage.«
    »Siebzehn«, ergänzte Raupach. »Zeit genug, sollte man meinen.« Das Buch war ohnehin nur ein Verlegenheitskauf gewesen, nicht zu vergleichen mit dem Malkasten, den Heide ihm geschenkt hatte. Sie gelangten zur Neusser Straße, der belebten Verkehrsader von Nippes. An der nächsten Fußgängerampel

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