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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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vorgewarnt.
    Du wirst Umsicht walten lassen. Ich weiß, dass du dazu in der Lage bist.
    An dem Ort, den du vorgeschlagen hast?
    Es ist ein sinnvoller Ort. Wir werden üben.
    Ist das klug? Ich war erst vor ein paar Tagen dort.
    Die Verknüpfungen stimmen. Sie müssen merken, dass wir nicht nachlassen. Getrost schreiten wir weiter. Wir kommen nun zu ihnen, um ewig da zu sein.
    Sie gelangten zur Amsterdamer Straße. Johans Puls raste. Sollte er die Nacht bei Valerie von sich aus ansprechen? Marta hatte noch kein einziges Wort darüber gesagt. Vielleicht sah sie darüber hinweg, schließlich war nichts wirklich Ernstes passiert. Wenn Marta merkte, dass ihr gemeinsames Vorhaben nicht gefährdet war, würde sie ihn sicher gewähren lassen.
    Er achtete nicht auf den Verkehr, als er die vierspurige Fahrbahn überquerte. Die durchdringende Hupe eines Lasters ertönte, Johan machte einen Satz nach vorn, der Luftzug warf ihn fast um. Ein Auto bremste scharf ab, Johan lief weiter. Als er die andere Straßenseite erreichte, blickte er nicht zurück. Eine Frau mit einem kleinen Hund rief ihm etwas zu. Er ignorierte sie.
    Am Eingang zum Botanischen Garten verließ ihn Marta. Johan verringerte seine Schrittfrequenz. Sein Körper gehorchte ihm wieder, ein erlösendes Gefühl, stärker als jeder Gedanke.
    Als er wieder in die Christinastraße kam, sah er einen Rettungswagen an der Einmündung zum Baudriplatz stehen. Gerade transportierten die Sanitäter einen Obdachlosen ab. Seit einigen Jahren wohnte der Mann in einem Zelt unmittelbar neben der Marienkirche. Nach Protesten der Anwohner hatte sich der Pfarrer für ihn eingesetzt. Inzwischen waren die Bewohner des Viertels an seinen Anblick gewöhnt. Wie Johan von den umstehenden Leuten erfuhr, hatte sich der Obdachlose ein Bein gebrochen, angeblich sogar den Oberschenkel, und musste für längere Zeit ins Krankenhaus.
    Zu Hause nahm Johan eine heiße Dusche. Dann zündete er die erste und die zweite Kerze des Adventkranzes an und holte den Kanister mit leicht entflammbarem Lampenöl. Er leerte eine Milchtüte und spülte sie aus. Sie besaß einen Schraubverschluss. Er bohrte ein Loch hinein und verschloss es mit einem Wattebausch, den er zu einem Docht drehte.
    Dann legte er die feuerfeste SOS-Kapsel auf den Tisch und schraubte sie auf. Marta hatte ihm den vergoldeten Kettenanhänger einst geschenkt. Er besaß die Größe eines Medaillons und bestand aus einer speziellen Legierung. Johan entnahm einen zusammengefalteten Zettel. Ursprünglich hatte die Kapsel einen Notfallpass enthalten, auf dem Blutgruppe, Impfungen und Ähnliches in sechs verschiedenen Sprachen verzeichnet waren. Nach Martas Tod hatte Johan den Notfallpass gegen eine letztwillige Verfügung ausgetauscht. Wenn er einmal ins Koma fiele, etwa bei einem Verkehrsunfall, wollte er nicht künstlich am Leben erhalten werden. Der Text war ebenfalls in sechs Sprachen abgefasst.
    Johan hatte vor, diese Verfügung durch eine neue Botschaft zu ersetzen. Er vertiefte sich in seine Schiller-Ausgabe und fand schon nach kurzer Zeit eine passende Stelle. Er holte einen Stapel Prospekte und machte sich ans Ausschneiden der Buchstaben. Die Generalprobe nahte.

    Höttges vernahm zwei weitere Zeugen vom Rudolfplatz, ohne Erfolg. Raupach und Heide trennten sich und sprachen mit dem Fahrer der U-Bahn und den Sanitätern. Danach hakten sie die letzten Zeugen auf ihrer Liste ab. Einige waren nur telefonisch erreichbar, aber Heide gelang es trotzdem, mit allen Kontakt aufzunehmen. Das war ein kleines Wunder, doch niemand konnte mit dem Schiller-Satz etwas anfangen.
    Sie trafen sich im Delphi, wo sich Raupach mit Photini verabredet hatte. Nach einem reichlichen Essen nahmen sie sich die Glocke vor. Höttges war noch mit seinem Olympia-Teller beschäftigt und nagte an einem Suvlaki-Spieß. Das Lokal war nur zur Hälfte besetzt. Rula brachte griechischen Kaffee. Nachdem sie ihre Ermittlungsergebnisse bilanziert hatten, war niemandem am Tisch nach Ouzo zumute.
    »Einen Blick nach dem Grabe«, fing Photini an. Sie hatte den Nachmittag durchgeschlafen, fühlte sich ausgeruht und zu allem bereit. Laut las sie einige Strophen des Gedichts vor, die auf den Ausspruch in der U-Bahn folgten. Raupach rieb seine Augen und versuchte sich zu konzentrieren. Heide saß auf einer gepolsterten Sitzbank. Sie streifte ihre Schuhe ab und rieb ihre steifen Zehen. Die Nische, in der sie saßen, war wunderbar überheizt.
    »Also«, fasste Photini ihre Schiller-Lektüre

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