Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
Vom Netzwerk:
zusammen. »Da gibt es diesen Mann, offenbar ein Familienvater. Ein Feuer bricht aus, und es kommt zu einem Stadtbrand. Das Hab und Gut des Mannes wird vollständig zerstört. Er steht vor den qualmenden Ruinen und zählt die Häupter seiner Angehörigen. Niemand fehlt.«
    Raupach nickte. »Und während er auf die Brandstätte zurückblickt, greift er fröhlich zum Wanderstab, um woanders neu anzufangen.«
    »Klingt doch positiv, oder?«, sagte Heide schläfrig. Die Mini-Akropolis leuchtete matt. Die Batterien mussten ersetzt werden, dachte sie und rührte in ihrem Kaffee. Das Gebräu war eine Art Zuckersirup, glykó, wie Rula betont hatte.
    »Dann kommt wieder eine allegorische Strophe über den Guss der Glocke«, fuhr Photini fort und fuhr mit dem Finger die Zeilen entlang. »Und dann geht es ums Säen.«
    »Damit in der verbrannten Erde wieder etwas wächst«, ergänzte Raupach.
    »Aber hier steht auch etwas von einem Grabgesang und von einer Totenglocke.« Photini blätterte um. »Da ist ein richtiger Leichenzug unterwegs.«
    »Neues Leben einerseits, Tod und Trauer andererseits«, sagte Heide. »Dichter lieben solche Gegensätze.«
    »Und für wen schlägt die Glocke?«, fragte Photini.
    »For whom the bell tolls?«, gab Heide zurück. »Ingrid Bergman, oder?«
    »Ich werd’s euch sagen.« Photini senkte ihre Stimme. »Ach! die Gattin ists, die teure«, las sie vor. »Ach, es ist die treue Mutter, die der schwarze Fürst der Schatten wegführt aus dem Arm des Gatten. Aus der zarten Kinder Schar, die sie blühend ihm gebar.« Photini machte eine bedeutungsschwere Pause. »Und so weiter, und so weiter.«
    »Was soll das bedeuten?«, fragte Heide.
    »Liegt das nicht auf der Hand?« Photini wirkte wie eine Musterschülerin, die einem begriffsstutzigen Lehrer ihr Wissen andient. »Ihr wart doch heute bei dem Witwer von Marta Tobisch.«
    Raupach ahnte, worauf Fofó hinauswollte. »Du meinst, dass dieser Schiller-Satz in der U-Bahn von Johan Land stammt? Dass er den Text auf seine Frau bezogen hat?«
    »Genau. Die Gattin ist’s.«
    »Sie hatten keine Kinder«, wandte Raupach ein.
    Photini überlegte. »Gab es einen Nachlass? Hat Marta Tobisch ihrem Mann etwas vererbt? Etwas, das ihm lieb und teuer ist?«
    Heide setzte sich auf. »Hör mal, Fofó. Ich ziehe meinen Hut, dass du dieses Zitat in eurem Mausoleum gefunden hast. Das kriegen nicht viele hin, und schon gar nicht in dieser kurzen Zeit. Aber jetzt willst du Tote zum Sprechen bringen.«
    »Interessanter Vergleich«, sagte Photini. »Haben wir die Frau schon unter die Lupe genommen? Was war sie für ein Mensch?«
    »Sie war ein unschuldiges Opfer.« Raupach musste Heide zustimmen. Photini hielt krampfhaft an ihrer Recherchefrucht fest. Sie verstieg sich in ihrer Konstruktion. »Marta Tobisch hatte einfach Pech. Sie war zur falschen Zeit am falschen Ort. Ich habe nicht den Eindruck, dass Johan Land diese Briefe verfasst hat. Dafür ist er zu normal, zu freundlich, ein Durchschnittstyp. In seinen Augen stehen mehr Fragen als Antworten.«
    »Er ist Buchhändler«, gab Photini zu bedenken.
    »Schiller ist Allgemeingut. Jeder könnte –«
    »Es sind diese auffälligen Übereinstimmungen«, beharrte Photini. »Die U-Bahn, Schiller, Lands verstorbene Frau, für deren Tod er vermutlich wer weiß wen verantwortlich macht. Er lebt allein, auch das passt ins Profil.«
    »Sprich selber mit ihm, wenn du möchtest«, forderte sie Raupach auf.
    »Das werde ich auch tun.« Photini legte das Gedicht in ihre Mappe und knallte sie zu.
    »Dann kannst du auch gleich seine Alibis für die Morde an Lübben und Materlink überprüfen.« Höttges hatte seine Mahlzeit beendet und rückte seine Nickelbrille zurecht. Nun wollte auch er etwas beitragen.
    »Danke für den Tipp«, erwiderte Photini. »Wenigstens einer unterstützt mich hier.«
    Paul betrat das Lokal. Heides Gesicht hellte sich auf, sie winkte ihm zu. »Seien wir ehrlich«, sagte sie zu Photini. »Die Spur war viel versprechend, aber sie führt ins Leere.« Heide erhob sich und versuchte, ihre Gliederschmerzen nicht allzu deutlich zu zeigen. Sie war eben doch keine zwanzig mehr, obwohl Paul ihr in letzter Zeit ein anderes Gefühl gab. »Und jetzt verabschiede ich mich. Schönen Abend noch.«
    Raupach und Höttges standen ebenfalls auf. »Haut nicht gleich alle ab!«, protestierte Photini. Raupach war zu müde, um sich mit ihr zu streiten. Höttges entschuldigte sich und vertröstete sie auf ein andermal. Jetzt noch mit einer

Weitere Kostenlose Bücher