Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
Vom Netzwerk:
nicht viel dabei.
    Der Kalender war mit einem Hafthaken an der Kunststoffverkleidung der Wand befestigt. Raupach nahm ihn ab. Es war definitiv noch nicht Februar. Er schlug den Januar auf, der von einem Mann an einem OP-Tisch dargestellt wurde. Es war einer der medizinischen Assistenten aus der Pathologie, durchtrainiert, aber kein athletischer Typ. Schließlich blätterte er zum Deckblatt. Es zeigte ein Paar, die Frau hielt eine Pistole in der Hand, der Mann eine Waagschale. Die Frau umarmte den Mann von hinten. Die Polizeischüler hatten sich wirklich etwas einfallen lassen.
    Raupach hängte den Kalender wieder an die Wand. Die Mattscheibe des Computer war ihm zuwider. Er entschloss sich zu einem Rundgang im Archiv. Als er es Gang für Gang durchmaß, die schweren Schiebetüren auf- und wieder zukurbelte, kam es ihm mehr denn je wie ein Tresor vor. Einer dieser begehbaren Hochsicherheitstrakte, die mit einer Zeitschaltuhr gesichert waren. Einmal am Tag machte es »Ping«, und die Verriegelung öffnete sich. Man musste den genauen Zeitpunkt kennen. Sonst kam man erst am nächsten Tag wieder heraus.

    Die Eisbahn war noch nicht in Betrieb. Das zweite Adventswochenende hatte tiefe Spuren hinterlassen. Mehrere Männer waren dabei, Unebenheiten zu glätten und mit dem Wassersprenkler eine neue Eisschicht zu erzeugen. Die Kühlanlage blieb ausgeschaltet, es war kalt genug.
    Photini ging an den bereits geöffneten Buden des Weihnachtsmarktes vorbei. Sie überquerte die Straße und blieb vor der Buchhandlung stehen. Es war ein Buchkaufhaus über mehrere Etagen mit einem Café im ersten Stock. Ihr erstes Gespräch mit einem Verdächtigen seit ihrer Zeit im Archiv, dachte sie. Keine Routinebefragung, sondern ein schwieriger Fall mit lächerlich wenig Anhaltspunkten. Sie fühlte sich blendend.
    An der Information erfuhr sie, in welcher Abteilung Johan Land arbeitete. Nur wenige Kunden befanden sich am Montagmorgen in dem Geschäft. Der Mann, den Photini für Land hielt, war damit beschäftigt, den Bestand aufzufüllen und eine neue Lieferung einzusortieren. Er wirkte überaus geschäftig. Jedes Mal, wenn er einen Stapel Bücher durch einen anderen ersetzte, bewegten sich seine Lippen, als wolle er sich die Titel der Bände fest einprägen.
    Photini nannte Namen und Dienstgrad und zeigte ihren Ausweis vor. Ganz nach Vorschrift, dachte sie. Bei Start und Landung immer angeschnallt sein, so hatte sie es gelernt.
    Land konnte seine Überraschung nicht verbergen. »Ich habe mich erst gestern mit Ihren Kollegen unterhalten. Leider war ich ihnen keine große Hilfe.«
    »Es dauert nicht lange«, sagte Photini. »Wir brauchen nur noch ein paar Angaben zu Ihrer Person.«
    »Fragen Sie, Fräulein Dirou«, lenkte Land ein und dirigierte Photini in eine Ecke mit schwer verkäuflichen Biografien. »Wir können hier im Laden bleiben, es ist ja nicht viel los.«
    Land ergriff die Initiative. Gut, sollte er. »Aus unseren Akten geht hervor, dass ihre Frau Marta Tobisch nicht berufstätig war«, fing sie an.
    »Ich dachte, Sie wollen etwas über mich wissen?«
    »Beantworten Sie bitte meine Frage. Wir versuchen, Zusammenhänge zu rekonstruieren.«
    »Zusammenhänge womit?«
    »Das kann man im Voraus nicht sagen, sondern erst, wenn sie sich ergeben, oder?«
    Land spielte mit den gekräuselten Haaren seiner Koteletten und schaute sich dabei in der Buchhandlung um. Er wirkte eingeschüchtert. »Marta besaß ein künstlerisches Wesen«, sagte er schließlich.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nun ja, sie hatte einen Blick für Bilder. Für Szenen.«
    »Hatte sie die Absicht, als Künstlerin zu arbeiten?«, fragte Photini.
    »Nein, das nicht. Sie war nur … kreativ veranlagt.«
    »Ihren damaligen Angaben zufolge kamen Sie für den gemeinsamen Haushalt auf. Marta Tobisch hatte keine richtige Ausbildung, eine Lehre als Restauratorin brach sie ab.«
    »Ja«, sagte Land widerstrebend. »Sie war dabei, sich neu zu orientieren.«
    »Hat sie Ihnen irgendetwas hinterlassen?«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Gab es ein Erbe?«
    »Was soll diese Frage? Wir hatten nicht viel Geld.«
    »Ich meine etwas Ideelles. Etwas, das Ihnen viel bedeutet.«
    »Die Erinnerung an sie«, sagte er langsam. »Ist das nicht genug?«
    »Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will nicht in einer Wunde rühren.«
    »Das tun Sie aber«, erwiderte Land trotzig und drehte sich weg. Er nahm ein Buch aus dem Regal und ordnete es ein Fach tiefer wieder ein.
    »Tut mir Leid, aber aufgrund dieser

Weitere Kostenlose Bücher