Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
Vom Netzwerk:
halbkreisförmigen Schreibtisch bestanden. Seine Notizen waren jetzt auf einer Magnettafel vereilt, welche die ganze Wand einnahm. So musste er sich nicht mehr über den Tisch beugen und dabei seinen Rücken ruinieren. Jetzt war es der Nacken, der ihm Probleme bereitete.
    Auf Raupachs Schreibtisch befanden sich ein Bildschirm, eine Tastatur und sein Stein. Der Kalender mit den Polizeischülern stellte den einzigen Schmuck dar. Bei der Auswahl der Gruppe waren die Bilder eine wichtige Entscheidungshilfe gewesen.
    Mit Heide und ihm selbst hatte Raupach genug Erfahrung an Bord, wie er meinte, bei Bedarf würde er Unterstützung bekommen. Höttges blieb im Team, er war im Außendienst sein Körpergewicht in Gold wert. Raupach bestimmte Effie Bongartz zu seiner Assistentin im Innendienst. Das löste Irritationen aus, aber Effie galt trotz der Aktfotos als zugeknöpft und, ja, religiös.
    Diese merkwürdige Kombination gehörte zu den ungelösten Geheimnissen Kölns, so ähnlich wie der Karneval. Raupach gab sich keine Mühe, sie zu ergründen. Es genügte ihm, dass er dadurch über jeden sexistischen Verdacht erhaben war. Effie hatte beste Beurteilungen, sie war so etwas wie das Wunderkind der Spurensicherung. Raupach kannte Hattebier, ihren Chef, der sie in den höchsten Tönen rühmte. Und er hatte nicht vergessen, dass Effie bei der Analyse von Lands Fingerabdrücken eingesprungen war.
    Wenn Heide die Silhouette eines kleinen Gardeoffiziers besaß und Photini wie eine zu allem entschlossene Revoluzzerin aussah, wirkte die blonde, hoch gewachsene Effie so unnahbar, als käme sie frisch aus dem Kloster. Tatsächlich rührte ihre kräftige Statur daher, dass sie in der Schwimmabteilung des Polizeisportvereins aktiv war. Ein weiterer Pluspunkt, fand Raupach.
    Zusammengenommen war es nur ein Bruchteil der Kollegenzahl, die der Kommissar zu seinen besten Zeiten befehligt hatte. Aber Quantität spielte bei einer Sonderkommission keine Rolle. Zu viele enge Mitarbeiter konnten sogar hinderlich sein. Kleine Kreise, große Wirkung.
    Photini, die Gewissenhafte, war für die Koordination zuständig, für den Überblick. Bislang hatte die Abstimmung in ihrer provisorischen Truppe zu wünschen übrig gelassen. Die Hinweise auf Johan Land waren Stückwerk geblieben. Das durfte sich nicht wiederholen. Photini sollte Raupach während der Ermittlung begleiten, nicht als Assistentin, sondern als gleichwertiger Partner, mehr noch, als Bindeglied zwischen ihren kleinen Abteilungen. Himmerich hatte das Archiv einstweilen mit einem jungen Ermittler namens Niesken besetzt.
    Der neue Mann in der Gruppe hieß Jakub Skočdopole. Er war zweiundfünfzig und hatte eine wechselvolle Vergangenheit hinter sich. Nach einem Psychologiestudium in Prag war er von den Machthabern der kommunistischen čSSR in die Provinz abgeschoben worden, wo er eine regimekritische Lokalzeitung ins Leben rief. Mitte der Neunziger war er in den Westen gegangen und hatte versucht, in Köln als Therapeut Fuß zu fassen. Das hatte nicht geklappt, und so war er Streetworker für die Polizei geworden. Mit der Zeit hatte man seine analytischen Fähigkeiten erkannt, doch kaum gewürdigt, trotz der zahlreichen Lehrgänge und Zusatzausbildungen, die er durchlaufen hatte. Er war ein Kenner der rechten Szene, und er hatte viel in seinem Leben gesehen. Deswegen wollte Raupach ihn haben und keinen der anderen fünf Psychologen, die bei der Kölner Polizei arbeiteten.
    Offiziell war Jakub einfacher Kommissar, genau wie Photini. Die beiden verstanden sich blind. Jakubs Nachnamen schenkten sich alle. Er war Kettenraucher, weshalb die neuen Räumlichkeiten umgehend mit großzügigen Aschenbechern ausgestattet wurden. Heide hängte Zettel aus mit der Aufschrift: »We have a smoking policy«.
    Auf die Videokassetten, die in Johan Lands Wohnung sichergestellt wurden, stürzte Jakub sich mit dem Fanatismus eines Forschers. Es dauerte nicht lange, bis er Ergebnisse präsentieren konnte.
    Gegen drei Uhr nachmittags wartete er vor Raupachs Büro. Jakub wunderte sich, warum es darin so ruhig zuging. Wenn er anstelle des Chefs mit Woytas spräche, würde er eine geräuschvollere Tonart anschlagen.
    Warum haben Sie nicht auf mich gehört? Raupach hasste diese Formulierung. Er würde sie nicht gebrauchen. Dass Woytas aus eigenem Antrieb zu ihm gekommen war, rechnete er ihm hoch an. Er gab ihm die Hand. Woytas’ Griff war fest, aber von kurzer Dauer. Raupach dirigierte ihn zu der Magnettafel und

Weitere Kostenlose Bücher