Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
Vom Netzwerk:
Aufgaben.«
    »Noch ein Letztes.« Woytas machte eine Pause und senkte den Kopf. »Wie ich Sie auf der Weihnachtsfeier behandelt habe … Ich bedauere das sehr.«
    Raupach lächelte. »Wissen Sie, was mich an diesem Abend besonders gewundert hat?« Sein Blick glitt unter den Schreibtisch. »Ihre Schuhe. Was machen Sie, damit sie so glänzen?«
    Woytas stutzte einen Augenblick. »Spucke.«
    »Sie meinen, Sie putzen sie selbst?«
    »Wasser schadet dem Leder. Benutzen Sie Ihren Speichel, um den Schmutz zu entfernen. Dann tragen Sie die Schuhcreme auf und polieren kräftig.«
    »Nur Spucke?«
    »Ihre eigene.«

    Jakubs Frau Franziska begrüßte die neue Stellung ihres Mannes wegen des deutlich besseren Gehalts. Die drei Kinder, Lisa, Ljudmilla und Petr, beklagten, dass ihr Vater dadurch noch weniger Zeit für sie haben würde. Petr, der Jüngste, ging noch in den Kindergarten, die beiden Mädchen besuchten die Grundschule. Sie waren in einem Alter, in dem Jakub für sie eine Art Freizeitanimateur war. Pausenlos wollten sie schwimmen gehen, Radtouren machen, Fußball oder Federball spielen. Im Winter verlagerte sich dieses Programm in alle möglichen Hallen. Das war zwar weniger anstrengend, kostete aber umso mehr Geld und war noch zeitraubender.
    Das neue Gehalt ließ Jakub mehr oder weniger kalt. Allerdings hatte er den Eindruck, dass die Zuwendung, die er seiner Familie schenkte, langsam ausuferte. Er war ein Mensch, der sich immer wieder breitschlagen ließ. »Nein« zu sagen, fiel ihm so schwer, wie Petrs halb aufgegessenes Schnitzel im Restaurant zurückgehen zu lassen. Dies alles musste sich ändern. Deshalb nahm er Raupachs Angebot an.
    Die Richtigkeit dieser Entscheidung zeigte sich schnell. Jakub konnte im Taubenschlag nach Herzenslust rauchen. Und ausnahmslos alle Kollegen interessierten sich für die Früchte seiner Arbeit. Er hatte seinen ersten Satz kaum vollenden können, als der Chef schon in das ungeliebte Konferenzzimmer geeilt war und von dort einen so genannten Medienschrank in sein Büro gerollt hatte.
    Die Gruppe trat auf der Stelle. Das lag vor allem an den unzureichenden Daten. Raupach hatte seinen Mitarbeitern regelrecht verboten, weitere Hypothesen aufzustellen und zu testen, solange das vorhandene Material nicht ausgewertet war. Jemandem wie Johan Land, das wusste er nach einem flüchtigen Blick auf dessen Wohnung, war nicht mit dem üblichen psychologischen Setzkasten beizukommen.
    Deshalb war die Spannung hoch, als Jakub mit seinen Ausführungen begann. Heide, Photini, Effie und Höttges saßen auf einfachen Holzstühlen. Raupach hatte sie dem Magazin abgeschwatzt im Tausch gegen die modernen, unsitzbaren. Nun saßen alle bequem.
    »Johan Land besaß eine ungewöhnlich enge Bindung zu seiner Frau.« Jakub drückte einen Knopf der Fernbedienung. Der Bildschirm zeigte die Stufen einer Rolltreppe. In einer Walzenbewegung schoben sich geriffelte Flächen von unten nach oben. Es wirkte wie ein avantgardistischer Kurzfilm.
    »Interessante Perspektive«, kommentierte Raupach.
    »Hier sehen wir eines der ersten Videos von Marta Tobisch«, erklärte Jakub. »Es gibt 1231 Kassetten. Auf jeder befinden sich Aufzeichnungen unterschiedlicher Länge. Sie dokumentieren einen Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zu ihrem Tod. Es war ein Kunstprojekt. Vielleicht wollte sie damit das neue Jahrtausend dokumentieren.«
    »Sie hat nichts darüber schriftlich niedergelegt«, ergänzte Photini. »Es gibt kein Manifest oder etwas Ähnliches. Die Aufnahmen wurden auch nie einem Publikum vorgeführt.«
    »Marta Tobisch war Autodidaktin«, erklärte Jakub. »Sie hat ihr work in progress selbst entwickelt und es niemandem gezeigt. Außer ihrem Mann Johan Land, wie anzunehmen ist.«
    »Was heißt work in progress ?«, fragte Effie Bongartz.
    »Werk im Fortgang, eine Art offenes Kunstwerk. Stellen Sie sich vor, Sie stellen eine Kamera auf und filmen jeden Tag den Blick aus Ihrem Badezimmerfenster.«
    »Dann wäre eine Mauer zu sehen«, erwiderte Effie.
    »Selbst eine Mauer verändert sich. Oder das, was wir davon sehen. Der Einfall des Lichts, Verfärbungen im Verputz. Marta Tobisch ging in die U-Bahn, um etwas sichtbar zu machen. Sie wollte Menschen festhalten.«
    Jakub spulte vor. Leute warteten am Bahnsteig. Im Hintergrund waren Fliesen in verschiedenen Blautönen zu erkennen. Plötzlich gerieten die Leute in Bewegung. Sie strebten einer geöffneten U-Bahn-Tür zu. Zwei junge Frauen blickten in die Kamera.
    »Zuerst nahm

Weitere Kostenlose Bücher