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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Violett verwandeln.
    Was Raupach faszinierte, war die Auffassung, dass man bei der Ölmalerei keine Fehler begehen könne. Die Devise des Fernsehmalers lautete: »We don’t make mistakes. We only have happy accidents.« Damit machte er den Zuschauern Mut, es einmal selbst zu probieren. Am Ende wünschte er immer »Happy Painting«. Der Mann war ein Relikt aus den Siebzigern, darauf deutete schon seine Afrofrisur hin. Wenn die Kamera näher heranging, waren auf seinen Handrücken Altersflecken zu erkennen. Bestimmt fanden ihn viele Zuschauer lächerlich.
    Aber Raupach mochte ihn. An der Hand, mit der er die Palette hielt, fehlte ihm ein Glied des Zeigefingers. Sie kam so gut wie nie ins Bild. Außerdem besaß er auf seiner linken Wange eine tiefe, senkrecht verlaufende Narbe. Diese Seite war der Kamera fast immer abgewandt. Der Mann versteckte seine Verletzungen. Man merkte ihm an, dass er vor seinen Fernsehkursen etwas vollkommen anderes gemacht hatte, etwas, das unauslöschliche Spuren an seinem Körper hinterlassen hatte. Sicher hatte er einen guten Grund, Fehler als glückliche Zufälle oder Unfälle anzusehen.
    Raupach warf den Staubsauger an und machte sauber. Mit dem Parkettboden und den Teppichen war er schnell fertig. Dann wechselte er den Aufsatz und entfernte Staub und Spinnweben von den Wänden. Dabei achtete er darauf, die Fotografien nicht zu berühren. Er hatte sie mit Wäscheklammern an eine Leine geklemmt wie ein Fotograf, der frische Abzüge zum Trocknen aufhängt. Sie zeigten ein sechzehnjähriges Mädchen aus verschiedenen Entfernungen und Perspektiven. Auf weiteren Bildern waren Holzpflöcke mit Markierungen zu sehen, im Hintergrund befand sich ein Betonpfeiler. Schließlich gab es noch eine Fotostrecke von einer Eisenbahnbrücke. Von dieser Brücke war das Mädchen angeblich heruntergesprungen.
    Raupach glaubte nicht an Selbstmord. Alle Zeugenaussagen und die düstere Vorgeschichte des Mädchens deuteten darauf hin. Aber wenn sie sich in den Tod gestürzt hatte, konnte sie nicht einige Meter von den Brückenpfeilern entfernt aufgekommen sein. Das Gelände war eben, man fand keine Roll- oder Schleifspuren, und in der fraglichen Nacht hatte es keinen Sturm oder so etwas gegeben. Dies ging aus dem Bericht zweifelsfrei hervor. Die einzige Erklärung war, dass jemand sie gestoßen hatte.
    Er stellte den Staubsauger zurück in einen kleinen Abstellraum und nahm sich die Akte des Falls noch einmal vor. Während er so dasaß und über dem gerichtsmedizinischen Gutachten brütete, klingelte die Türglocke. Er sprang auf, durchquerte den Wohnraum, der gleichzeitig sein Schlafzimmer war, und stolperte über den Wäschekorb. Herrje, den hatte er vergessen. Ratlos schaute er sich um. Es klingelte wieder. Er schob den Korb mit dem Fuß beiseite, nahm seine Jacke im Vorbeigehen von einer Stuhllehne und hängte sie an die Garderobe.
    Photini sah, dass Raupach versucht hatte aufzuräumen – auf den letzten Drücker, wie sie vermutete. Selbst wenn Raupach den ganzen Tag über geputzt und gewienert, wenn er die gesamte Einrichtung auf den Kopf gestellt hätte, würde immer noch vieles verraten, dass er ein hoffnungsloser Schlamper war. Wie er seinen Fernseher und den Videorekorder angeschlossen hatte: achtlos ineinander geschlungene Kabel. Seine CD-Sammlung in dem billigen Wandregal, ohne System: Klassik, Popmusik, Hörbücher, alles völlig durcheinander. Die Position des Adventskranzes, den sie ihm geschenkt hatte, obwohl sie sich nichts aus Weihnachtsbräuchen machte, weder aus deutschen noch aus griechischen: Er stand auf dem neuen Schuhschränkchen und ragte ein gutes Stück über den Rand hinaus. Man musste Angst haben, dass er jeden Augenblick herunterfiel.
    Raupach konnte sie nicht täuschen. Niemand konnte das so leicht. Immerhin gab er sich Mühe, dachte sie und verkniff sich eine Bemerkung, um ihn nicht zu entmutigen. Sie unterdrückte auch den Impuls, ihm zur Hand zu gehen und den Wäschekorb in den kleinen Abstellraum neben der Küche zu stellen. Erstens kannten sie sich noch nicht gut genug für derlei Vertraulichkeiten, und zweitens sollte er das selber machen, schließlich verfolgte er damit einen bestimmten Zweck. Und ein ordentlicher Raupach, auch wenn er sich dazu zwingen musste, war ihr allemal lieber als der zerstreute Wirrkopf, als den sie ihn kennen gelernt hatte.
    Dann entdeckte sie die Fotografien. Sie behielt ihre schwarze Daunenjacke an und durchquerte den Raum.
    »Von wann sind diese

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