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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Stimmung gekommen war. Andererseits gefiel ihr das. Gleich am ersten Abend aufs Ganze zu gehen, war wohl nicht sein Stil. Er war schüchtern. Nicht verklemmt, aber auf eine angenehme Weise zurückhaltend, als dächte er andauernd über das nach, was er gerade redete – oder was Valerie redete, und das war eine Menge. Es dürstete sie nach jemandem, der ihr dabei zuhörte, wie sie Belanglosigkeiten von sich gab. Dass sie sich mit Vornamen anredeten und trotzdem siezten, fand sie antiquiert, doch nicht ohne Reiz. Es würde den Moment des Dus herausheben.
    Kurz bevor sich Johan verabschiedet hatte, war Sheila nach Hause gekommen. Das Mädchen hatte ein paar Worte mit Valerie und ihrem Gast gewechselt und sich dann sofort in ihr Zimmer zurückgezogen. Bei allem Freiraum, den Valerie ihr ließ, hatte sie ein schlechtes Gewissen. Von der Schule kamen zwar keine Klagen, aber im Grunde wusste sie gar nicht mehr, was ihre Tochter trieb, seit es mit Jef zu Ende gegangen war. Die Zeit würde die Wunden schon heilen, dachte sie, vor allem in Sheilas Alter, da gab es genug, was sie auf andere Gedanken kommen ließ.
    Gerade verbrachte sie einen Spieleabend bei ihrer Freundin Lili. Sie hatte versprochen, um elf Uhr heimzukommen. Sheila hielt ihre Versprechen.
    Die Flipflops machten schmatzende Geräusche, als sie die Treppe hinunterstieg. Sie strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht. Was war mit Mattes los? Sie würde ihn auf einen Kaffee hereinbitten, ganz unverfänglich, auch wenn es in Anbetracht ihres Aufzugs nicht danach aussah. Eine unverhoffte Situation konnte das Eis schneller brechen als tausend Verabredungen.
    Am Fuß der Treppe herrschte Dunkelheit. Das Licht war schon seit Wochen ausgefallen. Dieser verdammte Hausmeister war zu nichts zu gebrauchen. Sie würde sich gleich morgen beim Vermieter beschweren.
    Als sie sich zur Haustür wandte, hörte sie ein Klappern aus dem Hinterhof. Puh, war es hier kalt.
    Sie zog den Bademantel enger um ihre Schultern. Eine Gestalt erschien im Türrahmen. Das Zirpen eines Fahrrads war zu hören.
    Das Geräusch verstummte.
    »Hallo?« Valerie klang unsicher. Sie schlotterte vor Kälte.
    »Sind Sie das, Frau Braq?«
    Die Stimme klang vertraut. Valerie atmete auf. Es war Goodens aus dem Stockwerk unter ihr. Nicht der schlaueste, aber harmlos. Steckte die Nase manchmal in Dinge, die ihn nichts angingen.
    »Moment«, sagte er. Lautes Scheppern. Plötzlich flackerte das Licht auf. »Wackelkontakt. Die Birne ist nicht richtig reingeschraubt.«
    Luzius lehnte sein Fahrrad an die Wand und schob sich daran vorbei. Valerie verschränkte die Arme vor der Brust und suchte mit einem Fuß nach dem Flipflop, den sie auf der letzten Stufe verloren hatte. Er blieb vor ihr stehen und betrachtete sie verwundert.
    »Ich … hole die Post«, sagte sie zur Erklärung. »Bin heute noch nicht dazu gekommen.«
    Während sie mit einem Bein umhertastete und krampfhaft den Bademantel um ihren Körper schlang, rutschte der Saum nach oben. Für einen Augenblick klaffte der Stoff auseinander. Luzius starrte sie an. Seine Augen lagen im Schatten, die Lampe befand sich hinter ihm.
    »Sie gehen noch aus?«, fragte sie, um etwas zu sagen.
    »Zur Arbeit, wissen Sie das nicht?« Ihre Beine waren lang und wunderschön, fand Luzius, glatt, schimmernd und leicht gebräunt. Wenn er die Hand ausstreckte, konnte er sie berühren.
    »Zur Arbeit, natürlich.« Sie nickte bestätigend. Der verfluchte Flipflop war verschwunden. »Dann will ich Sie nicht aufhalten.« Sie ging einen Schritt zurück und betrat die Treppe, um Goodens vorbeizulassen.
    Luzius rührte sich nicht. Er sann über den dunklen Fleck zwischen ihren Beinen nach. Er verhieß nichts Gutes. Sheila hatte die Stelle bedeckt, als er sie in dem Lieferwagen fand. Valerie verhielt sich gedankenloser.
    »Was ist? Müssen Sie nicht …« Sie hörte, wie oben im Treppenhaus eine Tür ging. Das war ihre Rettung. Der Anblick, den sie Goodens bot, konnte alles Mögliche in ihm auslösen. Sie spürte seine Blicke. Dazu brauchte sie seine Augen nicht zu sehen.
    »Ich bin früh dran«, sagte er schnell und schielte ebenfalls nach oben. Jetzt musste er sich etwas einfallen lassen, dachte er. Ein wenig Zeit gewinnen. »Ich habe keine Eile.«
    »Schön für Sie. Mir ist kalt. Ich gehe dann besser wieder.«
    »Und Ihre Post?«
    Sie griff in eine Tasche ihres Bademantels. »Wie dumm von mir, ich habe den Schlüssel vergessen.«
    »Kein Problem.« Luzius durchquerte den Gang. Als

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