Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)
schnelle Finger an. Ideen waren gefragt.
Er verwendete andere Suchbegriffe als Photini. Sie bezogen sich auf alles, was unter der Erde vorgefallen war. Wenn er etwas fand, leitete er die Datei per Intranet an Photini weiter, die daraufhin ihre eigenen Parameter eingab. Seit knapp zwei Stunden klappte das wie am Schnürchen.
»Ist das hier ein privates Besäufnis?« Heide lehnte in der Tür. Sie hatte eine eindeutige Szene erwartet. Jetzt war sie enttäuscht und gleichzeitig erleichtert, die beiden nicht in flagranti zu erwischen.
»Ich muss doch sehr um Respekt bitten«, erwiderte Raupach, stand auf und schloss die Tür hinter Heide. »Du siehst uns hier bei laufenden Ermittlungen.«
»Lasst mich nur lange genug an dieser Kiste sitzen, dann finde ich schon etwas.« Photini starrte auf ihren Bildschirm und gab in Windeseile einen neuen Begriff ein.
»Zehnfingersystem?«, fragte Heide. »Ich habe mir schon gedacht, dass du verborgene Qualitäten hast.«
»Wir kommen nicht mit nach oben, falls es das ist, was du wissen willst.« Raupach entfernte ein weißes Konfettiblättchen von Heides Rücken und ließ es zu Boden segeln. Dann setzte er sich wieder auf seinen Stuhl. »Einige von uns versuchen zu arbeiten.«
»Es hat wieder gebrannt.« Heide nahm einen Schluck von dem Punsch. Photini und Raupach drehten die Köpfe.
»In einer Diskothek namens Exzess«, fuhr sie fort. »Liegt etwas außerhalb, in Vogelsang.« Erst jetzt fiel ihr der Kalender an der Wand auf. Er zeigte ein nacktes junges Mädchen mit einer Hornbrille, das sich halb zum Betrachter drehte und eine Lupe in der Hand hielt. Die Schwarzweißfotografie war mit Weichzeichner aufgenommen. »Was ist denn das? «
»Der Februar. Klemens fand ihn am ansprechendsten«, sagte Photini.
»Und?«, fragte Raupach. »Was ist das für ein Brand?«
»Erst möchte ich wissen, wem dieser Kalender gehört.«
»Fofó hat ihn mir heute geschenkt«, sagte Raupach. »Er zeigt verschiedene Abteilungen der Kölner Polizei.« Er deutete auf das Bild. »Das ist die Spurensicherung. Sie heißt Effie. Ein Einfall der Polizeischülerinnen. Die Einnahmen fließen wohltätigen Zwecken zu.«
»Ein schöner Mensch symbolisiert kairos, den richtigen Zeitpunkt«, ergänzte Photini. Sie erhob sich und schlug das nächste Kalenderblatt auf, einen Hünen mit Waschbrettbauch und einer Taucherbrille samt Schnorchel. »Wir haben auch Männer.«
Heide schüttelte den Kopf. Was hier unten an Kompensationsverhalten ablief, wollte sie jetzt nicht so genau wissen. »Ein Mann ist in den Flammen verbrannt, die Gäste wurden rechtzeitig evakuiert. So, wie es aussieht, brach das Feuer in der Künstlergarderobe aus.« Sie machte eine Pause. »Der Raum lag im Keller.«
»Wann war das?«, fragte Photini ernst.
»Etwa vor einer Stunde. Woytas ist schon am Tatort. Ich bekam die Info von Paul. Er hat seit neun Nachtschicht.«
»Wer ist der Tote?«, fragte Raupach.
Heide zog einen Zettel aus den Falten ihres Kleids. »Ronny Materlink. Er war DJ für diesen Abend. Der Brand konnte schnell eingedämmt werden. Mehr haben wir momentan nicht.«
Luzius betrachtete seine Hände. Sie zitterten.
»Ist das eine Automatikschaltung?«
Er schwieg. Das tat er schon seit einer Weile.
»Die Dinger kenne ich. Man muss den Hebel auf D legen. D wie Drive.«
Sheila war stolz auf sich. Die Blümchen hatten gewirkt.
Sie verschränkte die Arme hinter dem Rücken, löste die Häkchen des Bustiers und schälte sich heraus. Dann warf sie das Dessous mit einer verächtlichen Bewegung auf das Armaturenbrett und knöpfte ihre Strickweste zu. Sie startete den Motor und steuerte den alten Passat, der auf Luzius’ Mutter angemeldet war, in eine schwach beleuchtete Seitenstraße. Jetzt zahlte sich das Herumhängen mit Mio und den anderen aus. Die Jungs drehten oft mit einem geklauten Auto eine Runde. Wenn die Mädchen bettelten, durften sie auch mal hinters Lenkrad.
»Warum waren die Bullen so da?«, fragte sie. »Und was will die Feuerwehr hier?« Sheila lenkte den Wagen durch eine Einkaufsstraße und näherte sich dem Exzess. Das Geheul der Sirenen versetzte sie in Euphorie. Es war der Beweis, dass sie Erfolg gehabt hatten. Sie wollte diesen Erfolg nicht nur hören, sondern auch sehen. Das Risiko, dass sie entdeckt wurden, schätzte sie gering ein.
Als sie die Künstlergarderobe verlassen hatte, war der Weg für Luzius geebnet gewesen. Sie fragte sich, was genau dort vorgefallen war. Er war immer noch nicht
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