Der Vierte Tag
schmieren.
"Und was war mit dem Test, der abgebrochen wurde? Worum ging es dabei?"
"Felix, du kennst Helga doch. Die unterschreibt die notwendigen Formulare, schluckt, was man ihr gibt, pinkelt in die vorgesehenen Töpfchen, lässt sich Blut abnehmen, sofern vom dauernden Blutspenden noch was übrig geblieben ist, und kassiert die Knete. Die kannst du nicht fragen, ob das gegen Haarausfall oder Malaria war. Erst recht nicht, wenn der Test gar nicht stattgefunden hat."
"Der Test hat gar nicht stattgefunden?"
"Na ja, jedenfalls nicht für Helga. Gemacht wurde er schon, eine Woche vorher, mit anderen Kandidaten. Und bei denen war es zu Problemen gekommen, deshalb Ende der Tests."
"Aber die gute Helga weiß weder, um was es bei dem Test ging, noch welche Probleme aufgetaucht sind?"
"Nein, davon hat Helga keine Ahnung."
Toll, wieder eine Sackgasse! Sicher könnte sich Michael umhören, nur das würde Zeit kosten. Und genau die haben wir nicht mehr.
Aber ich habe Celine unterschätzt.
"Allerdings könnte ich dir das eine oder andere dazu sagen. Immerhin hat sich Helga erinnert, wie die Testfirma hieß"
Celine hat einfach bei der Firma Pharmtest angerufen und sich die entsprechenden Auskünfte geholt.
"Und die hat man dir gegeben?"
"Nicht mir, mein Lieber, sondern einer Frau Dr. Walter vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Frau Dr. Walter gibt es dort tatsächlich, ich habe den Namen aus dem Internet. Das Testzeug hieß 'Procosartan' und sollte den Blutdruck senken. Das hat es wohl auch, aber es hat, ich zitiere, 'bei einer signifikanten Zahl von Probanden zu einem pathologischen Anstieg der Leberenzyme' geführt, insbesondere bei, ich zitiere wieder, 'poor metabolizern' und ganz besonders, wenn andere Pharmaka parallel gegeben wurden. Wie hört sich das an? Und was sind 'poor metabolizer'?"
Fast hätte ich gejubelt, aber mit Rücksicht auf Herrn Fröhlich unterdrücke ich meinen Enthusiasmus noch rechtzeitig.
"Poor metabolizer sind Leute mit einem Enzymdefekt in der Leber, die bestimmte Medikamente nur ganz langsam abbauen können. Jedenfalls ist das wahrscheinlich eine sehr wichtige Information, Celine. Überhaupt alles, was du erfahren hast. Ganz großes Danke. Eine Sache noch: Konnte sich Helga wenigstens erinnern, wie viel es für die Studie mit Procosartan geben sollte?"
"Ja, auf den Cent genau: achthundertfünfundvierzig Euro, plus Fahrtkosten und Unterkunft inklusive Vollpension für eine Nacht."
Die Gesamtsumme stimmt, die Dauer stimmt, und leider stimmt auch das für Frau Fröhlich fatale Ergebnis.
"Ich danke dir, Celine. Ich glaube, wir werden uns nun bald wiedersehen."
"Bist du sicher? Das wäre wunderbar."
Selbstverständlich bin ich nicht sicher. Aber ich muss Celine ja nicht alles auf die Nase binden.
Fröhlich hat seine kauernde Position aufgegeben, ist an Bett vier gegangen, holt dort etwas aus dem Nachttisch heraus, hält es mir entgegen. Es ist eine Damenhandtasche.
"Die Handtasche Ihrer Frau?"
Fröhlich nickt, gibt mir die Handtasche. "Könnten Sie nachschauen? Nach Quittungen, einem Terminzettel oder so etwas? Ich möchte das nicht selbst machen."
Was ich gut nachfühlen kann. Ich konnte nie Leute verstehen, die meinen, mit der Heirat hätte ihr Partner auch seine Privatsphäre aufgegeben. Und eine Handtasche, ihr Inhalt jedenfalls, ist für Frauen in der Tat etwas sehr Privates.
Die Handtasche von Frau Fröhlich gehört zum Typ "geräumiger Beutel", in dem manche Leute ihren halben Hausstand mit sich durch die Gegend schleppen. Darunter finde ich auch das, was wir erwartet haben. Zwei große Briefumschläge, einer DIN A4, gefaltet, der andere A5. Aus dem größeren ziehe ich den Vertrag über "Humantestung eines behördlich noch nicht zugelassenen Wirkstoffs zur Reduktion der enteralen Resorption von Fetten und Kohlenhydraten" aus unserer Tagesklinik hervor, der andere enthält einen ähnlichen Vertrag über die Testung eines "blutdrucksenkenden Medikaments aus der Gruppe der Sartane" mit der Firma Pharmtest in Berlin-Charlottenburg.
Beide Verträge hat "Ingrid Lustig" abgeschlossen und versichert, gegenwärtig keine Medikamente einzunehmen, nicht an einer akuten oder chronischen Erkrankung zu leiden und weder aktuell an einer anderen Medikamententestung teilzunehmen noch in den vergangenen sechs Wochen teilgenommen zu haben. In beiden Verträgen findet sich die gleiche Adresse für Ingrid Lustig, "Wasserkäfersteig 16", und in beiden Verträgen ist sie
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