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Der Vierte Tag

Der Vierte Tag

Titel: Der Vierte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Zentis ist klar, dass er schon ganz am Anfang unserer Unterhaltung verloren hat, als er meine Forderung nach Gehaltssteigerung und Aufnahme in das Management der Vitalkliniken GmbH akzeptiert hat. Die Frage ist: glaubt er mir mein Angebot zum Schweigen gegen Geld? Das könnte noch sehr wichtig werden.
    Klar, dass Fröhlich aufmerksam zugehört und sicher auch das meiste verstanden hat. Aber zum meiner Überraschung tobt er nicht, springt nicht wütend im Sechseck.
    Er bemerkt nur müde: "Ich habe Ihnen doch gesagt, dass es immer nur ums Geld geht."
    So sieht es wohl aus. Ich habe keine Lust, mein Angebot an Zentis gegenüber Fröhlich zu verteidigen. Was Zentis betrifft, geht es sicher auch um seinen Ruf. Und damit um Vertuschung. Das fällt natürlich leichter, wenn für das eigene Gewissen die Probandin, die "uns fast die ganze Serie kaputt gemacht hat", zu einer "Pharmahure" mutiert. Eine Hure verkauft sich für Geld, richtig, und wird damit, wenigstens für Leute wie Zentis, rechtlos. Die Frage ist allerdings, wer sich hier für Geld verkauft.
    Fröhlich führt seinen Gedanken fort, immer noch ohne Wut. "Allerdings, worüber beschwere ich mich eigentlich? Bei uns ging es auch nur um das Geld. Ingrid wollte ja nicht die Wissenschaft voranbringen mit ihrer Teilnahme an dem verdammten Test. Aber Ingrid brauchte die zweitausend Euro nicht für sich, sondern für mich!"
    Wieder stimmt etwas nicht. Und nicht nur, dass Fröhlich mit Selbstvorwürfen seine Bitterkeit an die falsche Adresse richtet. Die Summe stimmt nicht!
    "Zweitausend Euro?" frage ich nach.
    "Exakt waren es zweitausendfünfundvierzig Euro, soweit ich mich erinnere. Noch vier, fünf solche Tests, und wir sind aus dem Gröbsten raus, hat Ingrid gesagt."
    Ich weiß ziemlich genau, was Zentis' Tagesklinik den Probanden für den MS-234-Test gezahlt hat, nämlich knapp über zwölfhundert Euro. Ich weiß das deshalb, weil Celine mich gebeten hatte, mich danach zu erkundigen. Nicht für sich, sondern für ihre Freundin Helga, die wunderschöne Bilder malt, ihren Lebensunterhalt aber mit drei Tagen Taxifahren die Woche, Blutspenden und gelegentlichen Medikamententests bestreiten muss.
    Achthundert Euro zuviel! Der mysteriöse vierte Tag!
    Für mich liegt nun auf der Hand, was passiert ist. Unsere Tagesklinik ist nicht das einzige Institut in Berlin, an dem bezahlte Medikamententestungen vorgenommen werden.
    Ich rufe Celine an, die mir bestätigt, dass ihre Freundin Helga nicht an den Prüfungen zu MS 234 teilgenommen hat.
    "Das war wohl ihr Glück, oder?"
    Ich kommentiere jetzt nicht die wahrscheinliche Harmlosigkeit von MS 234, etwas anderes ist mir wichtig. Ich frage Celine, ob sie etwas über andere Pharmatests wisse, an denen Helga im Juni teilgenommen hat.
    "Ich kann sie fragen", antwortet Celine, "aber ich glaube, im Juni sah es mau aus mit Helga und dem medizinischen Fortschritt. Jedenfalls musste sie sich Geld von mir borgen. Erst hat das mit dem Test bei euch zeitlich nicht hingehauen, Gott sei Dank, und ein anderes Institut hat ihr eine Woche später oder so abgesagt, weil man dort die Tests abgebrochen hat."
    "Wo hat man Tests abgebrochen? Und warum?"
    "Keine Ahnung, Felix. Ich weiß nur, was sie mir erzählt hat, warum sie so dringend das Geld von mir brauchte. Sonst wäre sie aus ihrem Atelier rausgeflogen."
    "Denkst du, du kannst Helga erreichen und nach Einzelheiten fragen? Es ist dringend."
    "Ich glaube schon. Entweder malt sie in ihrem sogenannten Atelier, oder sie fährt Taxi, aber da bekomme ich sie auch."
    "Dann ruf sie bitte schnell an."
    "Klar. Was genau willst du wissen?"
    "Ich will wissen, warum man den Medikamententest in diesem anderen Institut abgebrochen hat, um was für ein Medikament es ging, welches Untersuchungsinstitut das war und ob ihr im Juni noch andere pharmakologische Tests angeboten wurden."
    "Das ist kein Problem, denke ich. Es gibt sicher keinen bezahlten Medikamententest in Berlin und Umgebung, über den Helga nicht Bescheid weiß."
    Das wäre gut.
    "Ach, Celine, eine Sache noch. Helga soll dir auch sagen, wie viel jeweils für die Teilnahme am Test bezahlt werden sollte."
    Fröhlich sitzt weiter, den Rücken an die Wand gelehnt, müde in der Ecke und führt eine seiner tiefsinnigen Unterhaltungen mit Stinki. Den richtigen Moment abgepasst, dürfte ich inzwischen kaum Schwierigkeiten haben, ihn zu überwältigen, ihm zum Beispiel einfach eine Flasche über den Kopf hauen. Aber endlich wird mir bewusst, dass ich es

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