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Der vierzehnte Stein

Der vierzehnte Stein

Titel: Der vierzehnte Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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jetzt mich verdächtigen«, sagte er ruhig.
    »Genau.«
    »Logisch«, bestätigte Danglard.
    »Wenn ich es schon mal bin, sollten Sie zufrieden sein.«
    »Nein. In dem Fall hätten Sie sich besser enthalten.«
    »Ich sitz in der Hölle, da sind mir alle Mittel recht. Selbst diese verfluchte Logik, die Sie sich solche Mühe gegeben haben mir beizubringen.«
    »Das ist Ihr gutes Recht. Aber was sagt Ihnen Ihre Intuition? Und Ihr Herumwandern? Ihre Träume? Was sagen die über mich?«
    »Ausgerechnet Sie fragen mich danach?«
    »Diesmal schon, ja.«
    Die Beherrschtheit seines Stellvertreters und die Beharrlichkeit seines Blicks brachten Adamsberg ins Wanken. Danglards wäßrige Augen, die nicht in der Lage waren, auch nur die geringste Emotion zu verbergen, kannte er zur Genüge. Angst, Vorwurf, Freude, Argwohn, alles konnte man so leicht wie Fische in einem Wasserbecken darin schwimmen sehen. Und er sah nichts, was auf irgendeine Reaktion hätte schließen lassen. Neugier und Nachdenken waren die zwei einzigen Fische, die im Moment in Danglards Augen herumschwammen. Und zuweilen auch ein Hauch von Erleichterung darüber, daß er ihn wiedersah.
    »Meine Träume sagen mir, daß Sie mit der Sache nichts zu tun haben. Doch das sind Träume. Meine Wanderungen erzählen mir, daß Sie so etwas nicht getan hätten, oder zumindest nicht so.«
    »Und was sagt Ihnen Ihre Intuition?«
    »Sie weist mir die Hand des Richters.«
    »Hartnäckig, was?«
    »Sie haben mir doch die Frage gestellt. Und Sie wissen selbst, daß Sie meine Antworten nicht mögen. Sanscartier hat mir geraten, den Hang hochzusteigen und mich festzuhalten. Also halte ich mich fest.«
    »Darf ich jetzt auch mal was sagen?« fragte Danglard.
    Inzwischen war der kleine Junge, des Lesens überdrüssig, zu ihnen zurückgekommen und hatte sich auf die Knie von Adamsberg gesetzt, den er schließlich doch erkannt hatte.
    »Du riechst nach Schweiß«, sagte er mitten ins Gespräch hinein.
    »Gut möglich«, sagte Adamsberg. »Ich war auf Reisen.«
    »Warum hast du dich verkleidet?«
    »Um mir im Flugzeug lustig die Zeit zu vertreiben.«
    »Womit?«
    »Wir haben Räuber und Gendarm gespielt.«
    »Du warst der Räuber«, behauptete der Junge.
    »Das stimmt.«
    Adamsberg fuhr dem Jungen durchs Haar, um das Gespräch zu beenden, und hob den Kopf zu seinem Stellvertreter.
    »Jemand hat Ihre Wohnung durchsucht«, sagte Danglard.
    »Allerdings kann ich es nicht mit Gewißheit sagen.«
    Adamsberg bedeutete ihm fortzufahren.
    »Vor etwas mehr als einer Woche, am Montagmorgen, fand ich Ihr Fax vor, in dem Sie mich baten, die Akten an die GRC zu schicken. Mit den D und den R, die viel größer waren als sonst bei Ihnen. Wie DanglaRd, habe ich zuerst gedacht. Wie ein Ruf: Danglard, Danglard. Also Passen Sie auf, Danglard. Dann habe ich gedacht: Danger, Gefahr. Was aufs selbe hinauslief.«
    »Gut erkannt, Capitaine.«
    »An dem Tag haben Sie mich noch nicht verdächtigt?«
    »Nein. Der Geist der Logik hat mich erst am darauffolgenden Abend heimgesucht.«
    »Schade«, murmelte Danglard.
    »Reden Sie weiter. Die Akten?«
    »Ich war also alarmiert. Ich nahm Ihren Zweitschlüssel von dort, wo er immer liegt, in der obersten Schublade Ihres Schreibtisches, in der Schachtel mit den Büroklammern.«
    Adamsberg stimmte mit einem Wimpernschlag zu.
    »Der Schlüssel war da, aber neben der Schachtel. Sie hätten ihn in der Eile der Abfahrt ja durchaus woanders hinlegen können. Doch ich war mißtrauisch geworden. Wegen der D und der R.«
    »Und damit hatten Sie recht. Ich lege den Schlüssel immer in die Schachtel, es gibt einen Schlitz in der Schublade.«
    Danglard schaute auf den weißen Kommissar. Adamsbergs Blick hatte beinahe seine gewohnte Sanftmut wiedergewonnen. Und merkwürdigerweise nahm der Capitaine es ihm gar nicht übel, daß er ihn des Verrats verdächtigt hatte. Er hätte es vielleicht genauso gemacht.
    »Als ich dann bei Ihnen zu Hause war, habe ich mir folglich alles genau angeschaut. Sie erinnern sich doch, daß ich selbst die Akten und den Karton zurückgeräumt hatte?«
    »Ja, wegen meiner Verletzung.«
    »Mir war, als hätte ich sie besser weggeräumt. Ich hatte den Karton tief im Schrank verstaut. An diesem Montag aber war er nicht bis hinten hineingeschoben. Haben Sie ihn danach noch mal herausgeholt? Wegen Trabelmann?«
    »Nein, den Karton nicht.«
    »Sagen Sie mal, wie machen Sie das eigentlich?«
    »Was?«
    Danglard zeigte auf seinen Jungen, der, den Kopf noch immer

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