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Der vierzehnte Stein

Der vierzehnte Stein

Titel: Der vierzehnte Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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seine Tasche und holte das Werkzeug heraus, das er unauffällig in Adamsbergs Anzugtasche schob.
    »Gehen Sie bloß kein Risiko ein. Und stecken Sie auch das hier ein«, sagte er und gab ihm noch ein Bündel Geldscheine. »Kommt nicht in Frage, daß Sie Geld an einem Automaten ziehen.«
    »Danke, Danglard.«
    »Könnten Sie mir vielleicht den Jungen zurückgeben, bevor Sie mit ihm verschwinden?«
    »Pardon«, sagte Adamsberg und reichte ihm das Kind.
    Keiner der beiden sagte dem anderen auf Wiedersehen. Ein unangemessener Gruß, wenn man nicht weiß, ob man sich überhaupt jemals wieder begegnen wird. Ein abgedroschenes, alltägliches Wort, dachte Adamsberg, während er in die Nacht hinausging, das von nun an für ihn nicht mehr galt.

41
     
    Ohne das geringste Zeichen von Überraschung hatte Clémentine ihn, erschöpft, wie er war, bei sich aufgenommen. Sie hatte ihn vor den Kamin gesetzt und ihm einen Teller Nudeln mit Schinken hingeschoben.
     
    »Clémentine, diesmal geht es nicht mehr nur um ein Abendessen«, sagte Adamsberg. »Sie müssen mich verstecken, ich habe sämtliche Bullen des Landes am Hals.«
    »Nun, das kommt vor«, sagte Clémentine vollkommen ruhig und zwang ihm einen Joghurt auf, in dem bereits der Löffel steckte. »Polizisten haben von Berufs wegen nicht immer dieselben Vorstellungen wie wir. Sind Sie deshalb so angetuscht?«
    »Ja, ich mußte aus Kanada fliehen.«
    »Aber schick, Ihr Anzug.«
    »Und ich bin ein Bulle«, redete Adamsberg weiter, »der an seiner Vorstellung festhält. So daß ich mich nun selbst schon jage. Ich habe eine Dummheit begangen, Clémentine.«
    »Was denn für eine?«
    »Eine gewaltige Dummheit. In Quebec hab ich wie ein Loch gesoffen, ein Mädchen getroffen und sie durch einen Hieb mit dem Dreizack umgebracht.«
    »Ich hab eine Idee«, sagte Clémentine. »Wir klappen das Sofa aus und schieben’s vor den Kamin. Mit zwei schönen Steppdecken werden Sie wie ein Prinz gebettet sein. Josette schläft doch schon in dem kleinen Arbeitszimmer, deswegen kann ich Ihnen nichts Besseres anbieten.«
    »So wird’s hervorragend gehen, Clémentine. Sie wird doch nicht quatschen, Ihre Freundin Josette?«
    »Josette hat schon mal bessere Zeiten gekannt. Sie hat früher sogar auf großem Fuße gelebt, eine richtige Dame. Nun ja, jetzt beschäftigt sie sich mit was anderem. Sie wird nicht mehr von Ihnen reden als Sie von ihr. Schluß mit dem Mist, steckt hinter diesem Dreizack am Ende vielleicht Ihr Monster?«
    »Genau das weiß ich eben nicht, Clémentine. Entweder ist er es oder ich.«
    »Das ist ja eine dolle Klopperei«, bestätigte Clémentine und holte die Steppdecken hervor. »Da kriegt man ja richtig Feuer im Leib.«
    »Von dieser Warte aus hatte ich die Dinge noch gar nicht betrachtet.«
    »Aber gewiß doch, sonst langweilen wir uns am Ende noch. Man kann doch nicht immer bloß Nudeln mit Schinken machen. Haben Sie nicht wenigstens eine kleine Idee, ob er’s ist oder Sie?«
    »Nun ja«, sagte Adamsberg und zog das Sofa aus, »ich hatte dermaßen viel getrunken, daß ich mich an nichts erinnere.«
    »Als ich mit meiner Tochter schwanger war, ist mir das auch mal passiert. Ich bin auf der Straße umgefallen und konnte mich danach an überhaupt nichts mehr erinnern.«
    »Und hatten Sie auch so wacklige Beine?«
    »I wo. Scheint so, daß ich munter wie ein Karnickel auf den Boulevards herumrannte. Und wem oder was rannte ich hinterher? Ein Rätsel.«
    »Ein Rätsel«, wiederholte Adamsberg.
    »Na ja, ist nicht weiter schlimm. Man weiß im Leben ja nie allzu genau, was für Sachen man so hinterherrennt. Ob nu ein bisken mehr oder ein bisken weniger, was ändert’s?«
    »Darf ich bleiben, Clémentine? Störe ich wirklich nicht?«
    »Im Gegenteil, ich werde Sie hochpäppeln. Man braucht doch Kraft, wenn man rennen will.«
    Adamsberg öffnete sein Gepäck und gab ihr den Krug mit dem Ahornsirup.
    »Den habe ich Ihnen aus Quebec mitgebracht. Man ißt das zu Joghurt, Brot oder Crêpes. Und es wird gut zu Ihren Keksen passen.«
    »Na, das ist aber nett von Ihnen. Bei all Ihrem Ärger, da bin ich wirklich gerührt. Er ist hübsch, der Krug. Tropft das von den Bäumen dort?«
    »Ja. Der Krug ist dabei vermutlich noch das Komplizierteste. Für alles übrige ritzen sie nur die Stämme an und fangen den Sirup auf.«
    »Na, das ist ja praktisch. Wenn man das mit Schweinerippchen auch so machen könnte.«
    »Oder mit der Wahrheit.«
    »Ach, die Wahrheit spürt man so nicht auf. Die

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