Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vierzehnte Stein

Der vierzehnte Stein

Titel: Der vierzehnte Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
in Auge mit dem Drachen, dem Ungeheuer von Loch Ness, dem Fisch aus dem Pinksee, den Kröten, der Lamprete und anderen Viechern, die das Juwel gotischer Baukunst in einen wahren Fischteich zu verwandeln begannen.
    Aber ein Drittel des Commandant in ein gotisches Fenster zu stopfen würde seine Worte nicht vergessen machen. Wenn das so einfach wäre, würde jeder bei der erstbesten Kränkung seine Zuflucht darin suchen, und es bliebe kein einziges freies Fenster im ganzen Land mehr übrig, bis hin zur kleinsten Maueröffnung in einer Dorfkapelle. Nein, so einfach waren sie nicht zu vergessen. Sicher weil Trabelmann nicht mal so weit von der Wahrheit entfernt war. Einer Wahrheit, der er sich ganz sacht zu nähern begann, dank Retancourts kräftigem Daumendruck in jenem Café am Châtelet. Und wenn der blonde Lieutenant einen mit dem Daumen anstieß, dann fuhr einem das wie die Spitze eines Schlagbohrers ins Hirn. Aber mit dem Ego hatte Trabelmann sich geirrt. Wahr und wahrhaftig. Denn manchmal gibt es eben sich und sich, dachte er, während er den Bahnsteig entlanglief. Sich und seinen Bruder. Es war ja möglich, warum nicht, daß der uneingeschränkte Schutz, den er Raphaël schuldig war, ihn auf der Umlaufbahn ziemlich weit weg von der Welt gehalten hatte, in großem Abstand zu den anderen jedenfalls, in einer Art Schwerelosigkeit. Und natürlich auch in Abstand zu den Frauen. Wenn er einen anderen Weg gegangen wäre, hätte er Raphaël aufgeben und ihn allein in seiner Höhle krepieren lassen müssen. Das war unmöglich, aber es verpflichte ihn vielleicht auch dazu, sich von der Liebe fernzuhalten. Sie gar zu zerstören? Und bis zu welchem Punkt?
    Er starrte auf den einfahrenden Zug. Düstere Frage, die ihn geradewegs wieder in das Grauen des Tragestellen-Pfades zurückführte. Und nichts bewies, daß der Dreizack tatsächlich dort gewesen war.
    Als er in die Gasse hineinging, in der Clémentine wohnte, schnipste er mit den Fingern. Er durfte nicht vergessen, Danglard von der Sache mit den Laubfröschen im Teich von Collery zu erzählen. Er wäre sicher zufrieden, wenn er erfuhr, daß es auch mit Fröschen funktionierte. Ploff, und Explosion. Ein Ton, der sich ein klein wenig anders anhörte.

50
     
    Doch war jetzt nicht der rechte Augenblick für Frösche. Kaum angekommen, erfuhr er durch einen Anruf von Retancourt von dem Mord an Michaël Sartonna, dem jungen Mann, der für die Reinigung in der Brigade verantwortlich war. Er machte dort stets von siebzehn bis einundzwanzig Uhr sauber. Nachdem man ihn zwei Tage lang nicht gesehen hatte, hatte man sich bei ihm zu Hause erkundigt. Durch zwei Kugeln aus einer Schalldämpferpistole in die Brust getötet, in der Nacht von Montag zu Dienstag.
    »Raubmord, Lieutenant? Es schien mir immer, daß Michaël irgend etwas mit Dealern zu tun hatte?«
    »Möglich, aber er war nicht reich. Mit Ausnahme einer hübschen Summe, die am 13. Oktober auf seinem Konto gutgeschrieben wurde, vier Tage nach der Information in den Elsässer Neuesten Nachrichten. Und zu Hause ein nagelneuer Laptop. Ich erinnere Sie daran, daß Michaël ganz plötzlich einen vierzehntägigen Urlaub eingereicht hatte, der sich mit dem Zeitraum der Quebec-Mission deckte.«
    »Der Maulwurf, Retancourt? Wir hatten gesagt, es gäbe keinen Maulwurf mehr.«
    »Wir kommen wieder darauf zurück. Michaël kann nach der Sache in Schiltigheim kontaktiert worden sein, um Erkundigungen einzuziehen und uns nach Quebec zu folgen. Auch, um in Ihre Wohnung einzudringen.«
    »Und auf dem Pfad zu morden?«
    »Warum nicht?«
    »Das glaube ich nicht, Retancourt. Angenommen, ich hatte einen Begleiter, hätte der Richter eine so ausgeklügelte Rache nie einem gemeinen Soldaten überlassen. Und auch einen Dreizack nicht, wie immer er ausgesehen haben mag.«
    »Danglard glaubt es auch nicht.«
    »Was aber die Pistole betrifft, sieht es nicht nach dem Richter aus.«
    »Ich habe Ihnen meine Meinung dazu gesagt. Die Pistole ist gut genug für die Außenseiter, für die Morde nebenher. Für Michaël brauchte er keinen Dreizack. Ich nehme an, der junge Mann wird seinen Auftraggeber schlecht eingeschätzt haben, wahrscheinlich war er zu anspruchsvoll oder hat versucht, ihn zu erpressen. Oder der Richter hat ihn schlicht und einfach aus dem Weg geräumt.«
    »Wenn er es denn war.«
    »Sein Rechner ist untersucht worden. Die Festplatte ist leer oder, besser gesagt, gereinigt worden. Die Typen vom Labor nehmen sie morgen mit, um noch ein

Weitere Kostenlose Bücher