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Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Titel: Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Patalong
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auszuweichen versuchte. In der Ortschaft Châtellerault lief ein Kind vor einen Rennwagen. Auch dieser Fahrer versuchte auszuweichen – und fuhr in eine Zuschauergruppe.
    Rennfahrer Marcel Renault kurz vor dem tödlichen Unfall: Märtyrer des Rennsports
    Prominentestes Opfer des offenkundig außer Kontrolle geratenen Straßenrennens wurde Marcel Renault, populärer Rennfahrer, Autoentwickler und Mitbegründer der gleichnamigen Autofirma. Der Blutzoll des Rennens machte weltweite Schlagzeilen und setzte eine lang anhaltende Diskussion darüber in Gang, ob man Autorennen nicht generell verbieten sollte.
    Stattdessen verlagerte man das Ganze auf geschlossene Rennstrecken, was das Risiko zumindest für die Zuschauer senkte. Außerdem veränderten sich auch die Anforderungen an die Fahrzeuge, und Elektro-wie Dampfwagen verschwanden endgültig aus dem Rennbetrieb. Nicht zuletzt, weil man begonnen hatte, Höchstgewichte für die teilnehmenden Rennwagen festzulegen. Selbst wenn dem nicht so gewesen wäre: Bei Rennen, die teils über 12 Stunden, mitunter über Tage gingen, waren Strom und Dampf wegen ihrer Reichweitenprobleme, respektive der immer wieder nötigen Aufheizphasen, chancenlos. Benziner musste man nur kurz nachtanken, eine Sache von Minuten.

Wendepunkt:
E-und Benzin-Auto auf dem Vormarsch
    Trotzdem war die Frage, welche Motorentechnik sich durchsetzen sollte, noch lange nicht vom Tisch. Benziner galten als lärmende Stinker, was vor allem in den Städten als störend empfunden wurde. Strom schien vor allem für die wachsenden Großstädte weiterhin eine naheliegende Alternative. Und war der »Saft« nicht die Energie der Zeit? Elektrizität schien alles möglich zu machen. Sie beleuchtete Städte, ermöglichte die Kommunikation von Land zu Land, war auf dem Weg in alle Haushalte und ließ sich auf vielfältige und billige Weise gewinnen. Und man konnte sie speichern, in zwar schweren, aber zunehmend leistungsfähigen Batterien, die obendrein seit Erfindung der Bleiakkumulatoren 1859 wiederaufladbar waren.
    Elektromotoren holten aus der eingesetzten Energie zudem das Optimum heraus: Der Wirkungsgrad von über 80 Prozent konnte sich mit dem von Dampfturbinen messen. Und anders als beim schwächlichen Benzinmotor (damaliger Wirkungsgrad 10 bis allenfalls 20 Prozent) stand die ganze Kraft im gesamten Drehzahlbereich sofort zur Verfügung. Als Problem erkannte man allein die mangelnde Reichweite – und die lange Zeit, die es zum Wiederaufladen der Batterien brauchte. Die Diskussion um E-Fahrzeuge Anfang des 21. Jahrhunderts ist somit eine echte Wiederholung der Debatte Ende des 19. Jahrhunderts.
    Eine zeitgenössische Einschätzung der automobilen Zukunft, wie sie zu dieser Zeit viele teilten, brachte anlässlich der Gründungsversammlung des Mitteleuropäischen Motorwagen-Vereins MMV – einer der Vorläufer des ADAC – am 30. September 1897 im Berliner Hotel Bristol der Oberbaurat a.D. Adolf Klose auf den Punkt: »Als Motorfahrzeuge, welche ihre Energie zur Fortbewegung mit sich führen«, sagte er in seiner Antrittsrede als Präsident des MMV, »machen sich zurzeit drei Gattungen bemerkenswert, nämlich: durch Dampf bewegte Fahrzeuge, durch Ölmotoren bewegte Fahrzeuge und durch Elektrizität bewegte Fahrzeuge. Die erste Gattung dürfte voraussichtlich in Zukunft hauptsächlich für Wagen auf Schienen und schwere Straßenfahrzeuge in Betracht kommen, während das große Gebiet des weiten Landes von Ölmotorfahrzeugen durcheilt werden und die glatte Asphaltfläche der großen Städte wie auch die Straßenschiene von mit Sammlerelektrizität getriebenen Wagen belebt sein wird.«
    Aus Perspektive des Jahres 1897 war das weniger visionär als vielmehr eine Inventur des Status Quo: Dampfbetriebene Busse und LKWs verbanden europäische Städte bereits seit Jahrzehnten mit regelmäßigen Diensten – das sollte noch Jahrzehnte so bleiben. Für Privatleute ohne eigenes Personal boten sich die klobigen, teuren und oft mehrere Tonnen schweren Fahrzeuge hingegen kaum an. Im Hightech-Mutterland Großbritannien hatten Unfälle und die erfolgreiche Lobbyarbeit der Konkurrenz dazu geführt, dass den Entwicklern und Betreibern von Dampf-Straßenfahrzeugen viel Dampf genommen worden war. Das hatte indirekt zur Folge, dass nachfolgenden Techniken Raum geschaffen worden war. Die Erfindung benzin-und ölbetriebener, deutlich leichterer Fahrzeuge durch Benz und Daimler versprach bereits eine unkompliziertere Mobilität, wenn man

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