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Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Titel: Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Patalong
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Fachleute vom Ergebnis des Versuchs:
    Hierbei zeigte es sich dann, daß die Sorge um Verkehrssperrung am Dammthore gänzlich überflüssig gewesen war, indem hin-und hergehendes Pferdefuhrwerk aller Art (Droschken, Lastwagen, herrschaftliche Kutschen, Karren etc. etc.) in zwei neben einander gebildeten Reihen sich völlig unbekümmert um Dampf, Rauch und Geräusch der zum Versuche gelangenden Maschinen in ganz gewöhnlicher Weise fortbewegte. Unruhig zeigten sich eigentlich zuweilen nur die Dragonerpferde, wenn diese der in Bewegung begriffenen Locomobile zu nahe kamen.
    Wesen, die wirklich arbeiten müssen, sind also schwerer aus der Ruhe zu bringen. Über kurz oder lang würde man das den Dragonerpferden noch beibringen müssen. Denn dass motorisierte Fahrzeuge auch beim Militär Einzug halten würden, zeichnete sich längst ab.
    In der Kriegsmarine war der Übergang zu Motorbooten bereits Mitte des 19. Jahrhunderts größtenteils vollzogen. Zur Zeit des Hamburger Dampfwagen-Experimentes hatte die erste technische Generation der Dampfschiffe, die Schaufelraddampfer, schon weitgehend ausgedient. Bereits seit 1836 begann sich der von dem Österreicher Josef Ressel erfundene Schiffspropeller durchzusetzen. Wenige Jahre später sollte der nächste Schritt folgen: 1884 erfand der Anglo-Ire Charles Parsons (einer der Konstrukteure des Dampf-Automobils, das dessen Großtante Mary Ward zur ersten namentlich bekannten Verkehrstoten gemacht hatte) die Dampfturbine und baute mit der Turbinia auch das erste von einer Turbine betriebene Schnellboot. Das Grundprinzip der Parsonschen Turbine liegt bis heute allen Turbinen in Schiff-und Luftfahrt zugrunde.
    Selbst in England wurde jahrelang verkannt, wie revolutionär diese Innovation tatsächlich war. Legendär ist die Art und Weise, wie Parsons ihr schließlich doch noch zum Durchbruch verhalf: Als sich am 26. Juni 1897 die britische Kriegsmarine anlässlich des diamantenen Thronjubiläums von Königin Victoria zu einer Regatta versammelte, mischte sich die Turbinia unautorisiert ins Starterfeld. Die Schnellboote der Hafenpolizei, die man losschickte, um sie dort wieder herauszuholen, waren ebenso wenig in der Lage, sie einzuholen, wie die schnellsten Kriegsschiffe des Landes, die zu dem Rennen angetreten waren. Die anfängliche Empörung über den Affront wandelte sich zum Triumph. Die Marine nahm das Boot unter ihre Fittiche und testete es ausgiebig: Die Turbinia entpuppte sich als das schnellste Wasserfahrzeug ihrer Zeit.
    Was sich auf dem Wasser seit Beginn des 19. Jahrhunderts angekündigt hatte, schien 60 Jahre später auch an Land zunehmend wahrscheinlich: Der Siegeszug der Motoren. Mit einiger Aufmerksamkeit hatte man seit 1833 verfolgt, dass in England bereits über den Einsatz von Dampffahrzeugen als »Kriegswagen« debattiert wurde – möglicherweise sogar mit aufmontierter Kanone! Es müsse doch einen nicht zu unterschätzenden Effekt haben, spekulierte damals die Militärzeitschrift United Service Journal , wenn man, wie einst »Sisera, Feldherr des Königs Jabin von Syrien«, wieder 900 Kriegswagen in langer Reihe gegen eine Armee ins Feld führe. Wenn das irgendwer überlebe, brauche man die Wagen ja nur zurückzusetzen und noch einmal darüberfahren zu lassen. Soziopathen und Größenwahnsinnige hat es scheinbar überall und zu jeder Zeit gegeben.
    Bereits 1846 hatte James Boydell, ohne das zu wollen, die passenden Räder patentieren lassen: Sie brachten ihre Schienen quasi selbst mit. In regelmäßigen Abständen waren »Bahnschuhe« auf die Räder montiert, die am untersten Punkt ihrer Drehung jeweils flach auflagen und eine temporäre Verbindung mit den »Schienen« davor und danach eingingen. Die am Rad angebrachten Paneele vergrößerten also die Auflagefläche, auf der das Gewicht des Wagens sich verteilte, und machte so eine Bewegung selbst auf schlammigen Äckern möglich.
    James Boydells Klapperkiste: Vorläufer aller Kettenfahrzeuge
    Die ab 1856 gebauten Vehikel bewegten sich mit ohrenbetäubendem Klappern, wie Zeitgenossen schilderten, und wurden vor allem als schwere Arbeitsmaschinen auf ungünstigem Gelände eingesetzt. Sie gelten heute als Vorläufer aller Kettenfahrzeuge inklusive der Panzer. Alle beruhen auf dem Grundgedanken, dem Rad eine größere Auflagefläche zu geben, um auf weichen Böden ein Absacken zu vermeiden.
    Dampffahrzeuge gab es also in allen nur denkbaren, teils exotischen Varianten. Die meisten davon blieben bis Ende des

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