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Der Visionist

Der Visionist

Titel: Der Visionist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose M J
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uniformierte Sicherheitsmänner standen in der Lobby und bewachten die Tür. Sie gaben den Weg sofort frei, und Reza und Samimi traten hinaus in den Gang, wo sich die Aufzüge befanden.
    „Es hat Hunderte von Jahre gedauert, bis die Statue hier im Met gelandet ist. Ich hoffe, Sie können Ihrem Boss begreiflich machen, dass wir so eine alte Geschichte nicht innerhalb von wenigen Monaten aufklären können.“
    „Ich rede mit ihm, Mr Reza. Zumindest versuchen kann ich es“, sagte Samimi und kam sich mit einem Mal klein vor, als er zu dem Anwalt hochblickte, der gut einen Kopf größer war als er. „Wir schätzen sehr, was Sie für uns tun. Selbst der Minister, auch wenn er Ihnen heute sicher ziemlich ungeduldig erschienen ist.“ Er drückte auf den Knopf am Aufzug.
    „Er kam mir mehr als nur ziemlich ungeduldig vor.“
    Seit Samimi Reza kannte, hatte er ihn noch nie so besorgt gesehen. Er setzte sein überzeugendstes Jungdiplomatenlächeln auf und versuchte, den Anwalt zu beruhigen. „Es ist nur der Schock. Erst der neue Museumsdirektor, der unserem Anliegen so ablehnend gegenübersteht. Und jetzt diese Sache.“ Er zuckte mit den Schultern. „An Tyler Weils Stelle würde ich mir zu meinem Dienstantritt bestimmt kein Debakel um Beutekunstvorwürfe wünschen.“
    „Oder vielleicht würden Sie sich genau das wünschen. Ein überzeugender Auftritt, bei dem er eindeutig Position beziehen kann, ist vielleicht genau das, was Tyler Weil für seine Karriere noch braucht.“
    „Ja, ich verstehe, was Sie meinen.“ So hatte Samimi die Sache noch nicht betrachtet.
    Der Aufzug kam. Reza trat hinein, streckte aber die Hand aus und hielt die Tür offen. „Geben Sie mir Bescheid, sobald Sie Neuigkeiten haben“, sagte er.
    Als der Aufzug sich schloss, fielen Samimi die auf Hochglanz polierten Schuhe des Anwalts ins Auge. Er blickte hinunter zu seinen eigenen glänzenden Schuhen. Er achtete immer sehr genau auf jedes Detail von Rezas Kleidung und Benehmen. Es war Teil eines selbst auferlegten Projekts, das er bei sich die Erziehung des Ali Samimi nannte. Es sollte ihmhelfen, wie Reza ein richtiger Amerikaner zu werden, der sich in die Gesellschaft einfügte, trotz der dunklen Hautfarbe und des schwarzen Haars. Samimi war von Reza beeindruckt. Und er beneidete ihn: Reza war ein Bürger der USA, New York war seine Heimat. Reza musste sich keine Sorgen machen, ob er irgendwann zurück in den Iran verschifft wurde, aus der Laune eines Vorgesetzten heraus.
    Langsam ging Samimi zurück zu dem verrauchten Raum, in dem die Konferenzschaltung noch immer im Gange war. Falls in seiner Abwesenheit etwas Wichtiges besprochen wurde, würde er es später herausfinden; Samimi schnitt das Gespräch mit. Er hoffte nur, dass sein Boss niemals von diesen geheimen Aufzeichnungen erfahren würde.
    Mit den Wölfen kannst du nur spielen, wenn du selbst ein Wolf bist. Das hatte sein Großvater ihm beigebracht. Und Samimi spielte mit den Wölfen, daran konnte es keinen Zweifel geben. Vom ersten Moment an hatte er gewusst, dass er Taghinia nicht trauen konnte. Taghinia mit seinen Blähungen und den Zähnen, die schon gelb waren von der Kettenraucherei. Ständig ließ er den jüngeren Samimi spüren, wer der Boss war, und demütigte ihn, wann immer sich eine Gelegenheit dazu bot. Auch schob Taghinia ihm immer mehr Arbeit zu, sodass Samimi inzwischen den Löwenanteil der Aufgaben absolvierte, für die eigentlich sein Boss zuständig war. Zusätzlich zu seiner eigenen Arbeit natürlich. Er hätte sich schon längst beschwert, wäre da nicht das Ziel, das er sich auf lange Sicht gesetzt hatte: Samimi wollte einen Weg finden, um in den USA zu bleiben.
    Mit fünfunddreißig war er in New York angekommen, und zum ersten Mal in seinem Leben hatte ihn eine wahre Leidenschaft gepackt. Er liebte alles an dieser Stadt, die er zu seiner Wahlheimat erkoren hatte: die Restaurants, die kulturelle Szene, das Nachtleben, die Energie und das Tempo, die Architektur und besonders die Frauen. Samimi kam es vor, alshätte er früher nur existiert; jetzt fühlte er sich lebendig. Eine Beschwerde hätte nur seine Rückversetzung nach Teheran zur Folge. Deshalb ließ er sich das Verhalten dieses zweiundfünfzigjährigen Kerls gefallen, der neben seinen anderen unausstehlichen Eigenschaften auch noch vollkommen immun war gegenüber den Versuchungen Amerikas. Wie konnte das nur sein? Taghinia wohnte drei Straßen vom Büro entfernt und verließ den Stadtteil nur dann, wenn es

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