Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
Vom Netzwerk:
Mädchen nach Crooms Hill zu einem Treffen gefahren, das bereits verabredet war. Deshalb denke ich folgendes: Was wäre, wenn dieser zweite Täter die Vorplanung übernommen hätte? Die Mädchen kennengelernt, herausgefunden hat, wer nicht vermißt wird, die Verabredungen arrangiert hat. Auf diese Weise mußte Harteveld nie im Pub auftauchen: Er wußte bereits, wem er nachstellte, weil ein anderer sie für ihn ausgesucht hat.«
    »Und der gleiche Täter kommt später wieder ins Spiel?«
    »Und er ist derjenige, der die Dekorationen vornimmt, die Perücken, das Make-up.«

    »Wir reden hier über den Täter bei Lister?« Marilyns Zweifel waren inzwischen fast ausgeräumt. »Der auf eigene Faust zuschlug?«
    »Genau. Er hat inzwischen Geschmack daran gefunden.«
    »Das würde eine Menge erklären«, sagte Essex. »Warum etwa diese Frau in Royal Hill keine Ahnung hatte, daß in ihrer Tonne zwei Tage lang eine Leiche gelegen hatte. Vielleicht lag sie tatsächlich nur über Nacht dort, wie sie gesagt hat. Vielleicht hat der andere Typ sie dort abgeworfen, nachdem Harteveld seinen Schwanengesang angestimmt hatte.«
    »Also.« Caffery lehnte sich vor. »Peace Jackson hatte Zementstaub im Haar, der gleiche Staub, der bei den anderen gefunden wurde. Anfangs dachten wir, er stamme vom Fundort, dem Betonwerk, aber Peace Jackson war nie dort. Auch bei Susan Lister: Der Gerichtsmediziner hat sie ebenfalls untersucht und etwas grauen Staub bei ihr festgestellt. Vielleicht haben wir einen weiteren Fred West, vielleicht ist er im Baugewerbe tätig oder arbeitet an seinem Haus. Aber, was am wichtigsten ist, ich glaube, er hat Verbindungen zum St. Dunstan.«
    »Marilyn.« Maddox stand auf und klopfte mit einem Kugelschreiber an die Zähne. »Marilyn, verbinden Sie mich mit dem Chief Superintendent. Das wird ihm gefallen. Und Jack …« Er setzte sich auf den Schreibtisch und sah seinen Detective Inspector an. »Ich weiß, worauf Sie hinauswollen.«
    »Wirklich?«
    »O ja. Sie haben schon eine Idee. Nicht wahr?«
    »Ja, die habe ich. Ich hätte ihn schon damals nicht laufenlassen sollen.«
    »Also dann los. Nehmen Sie Essex mit. Sie können auch Logan haben, wenn er zurückkommt.«
    »Moment, Moment.« Alle schwiegen. Marilyn runzelte die Stirn. »Ich dachte, der Gerichtsmedizinier hätte Ihnen gesagt, daß keine Male auf Susan Listers Kopf waren.«
    »War nicht nötig«, sagte Caffery. »Genauso wie bei Hatch, ihr Haar hatte die richtige Farbe. Er hat es abgeschnitten, damit
es paßte. Er hat sie genommen, weil sie eher seinen Vorstellungen entsprach. Sie war eine Joggerin, das St. Dunstan lag auf ihrer Route. Ich glaube, daß er sie dort ausgesucht hat. Es war das erste Mal, daß er nicht nehmen mußte, was er bekommen hat: Dieses Opfer hat er selbst ausgewählt. Er geht jetzt selbst auf die Jagd.«
    »Aber sie war nicht, ähm, Sie wissen schon. Nicht aufgeschnitten. Der Vogel. Kein Vogel.«
    »Ja.« Er nahm die Brille ab und rieb sich die Augen. Als er wieder aufsah, konnten alle erkennen, wie müde er war. »Das liegt daran, daß sie nicht tot war.«
    »Was?«
    Caffery legte die Hände auf den Tisch und starrte auf die gefleckten, aufeinandergepreßten Daumennägel. »Er hat sie aufgeschnitten, um den Vogel hineinzulegen. Er ist nicht wie Harteveld, er wollte nicht, daß seine Opfer tot waren. Er ist ein sadistischer Vergewaltiger, aber er hat keinen Spaß an Toten. Ihm ist es lieber, sie sind lebendig, damit er sich an ihrer Angst weiden kann.« Im Vertrauen darauf, daß sie nicht zurückzucken würde, sah er Marilyn direkt an. »Susan Lister wurde aus dem einfachen Grund nicht aufgeschnitten, weil sie selbst ein gesundes, schlagendes Herz im Leib hatte. Ein Herz, bei dem er hören konnte, wie es auf die Folter reagierte.«
    »Was wollen Sie damit sagen?« fragte sie tonlos.
    »Ich weiß, was er uns sagen will«, erwiderte Essex. »Die Vögel waren lebendig, als sie hineingesteckt wurden. Sie mußten zappeln. Wie…« Er krempelte sich die Ärmel herunter, als wäre es kalt geworden im Raum. »Wie das Geräusch eines Herzens.«
    »Genau.« Caffery stand auf und zog sein Jackett an. »Genau.«
     
    Aufgrund der ganzen Aufregungen während der letzten Nacht war er spät dran. Ihm ging soviel durch den Kopf. Sein bevorstehender Geburtstag, Joni und natürlich die Person, die, hilflos
und zusammengeschnürt, einen Tag und eine Nacht in seiner Wohnung verbracht hatte.
    Es ließ ihn erschauern, wenn er daran dachte, wie leicht die

Weitere Kostenlose Bücher