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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Frobishers Schlafzimmerlicht war nicht angegangen –, saß Harteveld auf der Sofakante und hielt seine perfekten Hände auf den Knien gefaltet.
    »Das Pub, in das du gehst, Bliss.«
    »Ja.« Er kratzte sich ein Stück trockener Haut von der Stirn. »Das Dog. Was ist damit?«
    »Die meisten Mädchen dort würde keiner vermissen. Zumindest einen oder zwei Tage nicht.« Hartevelds Augenbrauen waren feucht von Schweiß. »Oder? Es würde etwa einen Tag dauern, bevor irgend jemand bemerkte, daß sie verschwunden sind.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Man kennt dich dort. Keiner würde sich wundern, wenn du ein paar Fragen stellen, dich für einige der Mädchen interessieren würdest. Herausfändest, welche von ihnen kein Problem darstellt. Du könntest, ähm …« Er verlagerte vor Unbehagen sein Gewicht. Harteveld hatte schon immer etwas Unangenehmes an sich gehabt. »Du könntest sie mir schicken.«
    Und so schlossen Malcolm Bliss und Toby Harteveld einen diabolischen Pakt, eine Vereinbarung, die ihnen beiden nutzte; Harteveld wurde nie in dem Pub gesehen, und Bliss, der im Lauf der Jahre für die Besitzer des Dog and Bell so unauffällig geworden war, daß man ihn gar nicht mehr bemerkte, konnte herausfinden, welche Frauen die schwächsten Bindungen an zu Hause hatten, bei welchen es am wenigsten wahrscheinlich war,
daß sie innerhalb der ersten Tage als vermißt gemeldet würden. Als Gegenleistung dafür bekam er Geld und durfte später mit den Leichen anstellen, was er wollte. Darüber hinaus wäre er in der Lage, Joni davor zu bewahren, in die Sache mit hineingezogen zu werden.
    Allmählich wurde er immer kühner. Er versuchte Harteveld zu überreden, die Leichen im Wildacre Cottage, dem Bungalow seiner Mutter, abzuliefern. Es war der ideale Ort: ruhig, abgelegen, wie maßgeschneidert für seine Zwecke. Aber Harteveld weigerte sich, da er die Zeitspanne, in der er seine Fracht im Auto transportierte, so gering wie möglich halten wollte, und er machte ihm klar, wer der Herr und wer der Knecht war. Genausowenig wollte Bliss die vierzigminütige Fahrt riskieren, also gab er sich geschlagen und genoß sein Vergnügen in der schäbigen, überhitzten Wohnung in der Brazil Street so unauffällig, wie er konnte.
    Seine Zeit würde kommen. Sein Selbstvertrauen wuchs.
    Er begann, andere Risiken einzugehen. Eine der letzten Leichen hatte er einen Tag lang im Wohnzimmer aufgestellt; dank der Leichenstarre stand sie, splitternackt wie eine Schaufensterpuppe, neben den Fernseher gelehnt, so daß er masturbieren und sie dabei ansehen konnte. Als die Leichenstarre nachließ, war sie so heftig auf den Boden geknallt, daß er im anderen Zimmer aus dem Schlaf gerissen wurde. Ihr Bauch war aufgeplatzt, und er mußte sie loswerden. Aus Erfahrung wußte er, wann Leichen zu stark zu riechen begännen.
    Seine köstlichste Freude bestand darin, die Frauen auf Kissen gestützt in seinem Bett zurückzulassen, während er auf ein gemütliches Gläschen in das Dog ging. Manchmal sah er Joni, und wenn das der Fall war, lächelte er sie würdevoll an. Der Mann, das Pub. Er war jetzt wie die anderen Freier; wenn er draußen war, gehörte er dazu, beobachtete fremde Frauen, die ihre Beine spreizten, und hatte das angenehme Gefühl, daß seine starre kleine Gattin zu Hause war und auf ihn und seine frische, feuchte Begierde wartete.

    Er war glücklich. So mächtig wie ein Adler. Während der Nacht besaß er ein Abbild von Joni. Und langsam entdeckte er, daß ihre Macht über ihn schwand, indem er sie besaß. Irgendwie begann sein Gefühl für sie schwächer zu werden. Es wurde weniger wichtig, daß sie zu ihm kam. Es gibt Hunderte von Arten, eine Katze zu häuten, Malcolm. Es kümmerte ihn nicht mehr, ob das Haus sauber war.
    Nachdem die Polizei sich eingeschaltet hatte, mußte er den Ort wechseln: Das letzte von Hartevelds Opfern ließ er von Lola Velinor finden. Es schien ihm angemessen, die Mulattin der Mulattin zu geben, sagte er sich, gleich und gleich gesellt sich gern. Er war stolz auf die Eleganz seines Stils. Und nun, da Harteveld tot war, hatte er alles unter Kontrolle.
    Er fuhr zu einem Baumarkt, und sein Herz klopfte vor Aufregung. Die schnurlosen Bohrer und Sägen waren an Haken ausgehängt und glänzten in ihren Plastikhüllen; er verbrachte eine Stunde damit, den Gang auf und ab zu gehen, alle genau zu begutachten, und wählte schließlich die Black & Decker Versa Pak Vielzwecksäge, schnurlos, 7,2 Volt, 2700 Schläge pro

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